Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

12. Dezember 2011

Touristen

Wieviele Menschen sind ihr ganzes Leben lang Touristen?

Wievielen ist ihr Heim nur eine Bleibe, mit welcher sie einstweilen Vorlieb nehmen?

Wieviele betrachten sich als Einwohner ferner Phantasiewelten?

Und woher kommt das?

Daß diese Welt sich nicht als das erweist, was wir anfänglich in ihr sahen, das ist der unabänderliche Gang der Dinge. Aber wie kommt es, daß wir gänzlich den Bezug zu ihr verlieren? Daß wir nichts Konkretes mehr als wahrhaft gut oder wahrhaft veränderungsnotwendig betrachten, sondern alles was uns begegnet so behandeln, als ob es uns auf einer Reise durch ein fernes Land begegnete, dessen Schicksal uns nichts angeht.

Unsere Nächsten eben so, unsere Geschwister wie Eskimos.

Es ist wichtig zu verstehen, wie allumfassend und fundamental das Problem ist. Es wird nicht menschengemacht, es macht vielmehr die Menschen. Nur woher kommt es selbst?

Internetpersönlichkeiten geben so geprägten Menschen natürlich zusätzlichen Fluchtraum, aber das Problem bestand bereits lange bevor es Internetpersönlichkeiten gab. Da liegt nicht der Grund, vielmehr mag der Erfolg des Internets nicht unerheblich Folge just dieser Prägung sein.

Und so ist es mit vielen Dingen, unter anderem auch der Emanzipation der Frau, was alles es an Künstlichem gibt, es hat sich nicht zusammengeschlossen und diese Neigung geboren, sondern ist vielmehr aus ihrem Schoß entsprossen.

Unsere ganze moderne Gesellschaft, wie sie uns tagtäglich begegnet, ist im Kern ihr Geschöpf, und ihr Geschöpf allein.

Was den Einzelnen sich von der Welt abwenden läßt, das läßt sich relativ leicht sagen, man muß ja nur seine Biographie verfolgen und stößt alsbald darauf, nämlich entgrenzte Versprechungen, irgendwo da draußen gibt es alles, du siehst in deiner unmittelbaren Umgebung zwar nichts davon, aber glaub mir, an was auch immer du denken kannst, da draußen gibt es jemanden, welcher sich just damit beschäftigt.

Und dieses nebulöse Hinterhorizontanien wird fortan die eigene Heimat.

Um den Preis, daß alles, was innerhalb unseres Horizontes liegt, gleich wer wir auch sein mögen und wo uns befinden, zu einem fremden Land wird, dessen Zustand uns weder weiter zu beschäftigen braucht, noch uns auch nur möglicherweise befriedigen könnte.

Aber wodurch kam es zu diesen Versprechungen? Wer hat sie entgrenzt?

Die Sache ist religiös, es war eine bewußte Entscheidung, den Blick von den Besten eines Faches abzuwenden und stattdessen auf den unbekannten Helden in der Menge zu richten.

Und wenn ich es so schreibe, ist es auch klar, welches konkrete historische Ereignis dafür verantwortllich ist, nämlich die Reformation.

Die Sache ist sehr zweischneidig. Indem ich dem Menschen konkrete Vorbilder nehme, gebe ich ihm natürlich Raum, sich sonst was für eine Vorbildlichkeit auszumalen und dann zu versuchen, ihr zu entsprechen. Der Pferdefuß dabei ist nur, daß er dann auf die konkrete Vorbildlichkeit seiner Mitmenschen überhaupt kein Augenmerk mehr richtet, daß sie ihm alle Fremde in der Fremde werden. Es geht nicht beides, entweder ich habe konkrete Maßstäbe oder nicht.

Das Internet ist andererseits aber auch eine Chance, indem es alles erschließt und niemand glaubhaft versichern kann, daß es jenseits seiner all das gebe, was sich in ihm nicht findet. Es ist der letzte Horizont. Nur, um diese Chance wirklich zu ergreifen, muß man sie auch religiös verstehen, den unbekannten Helden durch den organisierten ersetzen, den Privatglauben durch den in einer Gemeinschaft faßbaren.

Und wieder komme ich auf die Vorstellung gegenseitiger Bereitschaft zur Unterstützung unserer Anliegen. Wenn die Reformation die Reformierten nicht in die Katastrophe führen soll, dann müssen sie diesen Schritt tun.

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