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22. März 2024

Selbstbestimmung und Zufriedenstellung: Verbündung und Entstörung

Wenn wir uns in allem wiederfinden wollten, derart wir die Gestalt jeder Einzelheit bestimmten, so wäre die Welt wohl nicht groß genug für zwei von uns.

Dennoch können wir uns als Herren des Landes, in welchem wir leben, verstehen, wenn nur bezüglich der grundlegenden Fragen Einverständnis unter seinen Besiedlern herrscht und wir über die nötigen Möglichkeiten verfügen, und abhängig davon, was wir andernorts sehen und wie es uns gefällt, können wir sogar ausgedehntere Bündnisse bilden.

Die Alternative dazu ist, daß wir uns von einer Regierung zufriedenstellen lassen, welche etwaige Beeinträchtigungen zwischen ihren Untertanen entstört (es wird leichter, wenn die Hörner beizeiten weggeätzt wurden).

Der Unterschied zwischen diesen beiden Alternativen, soweit er unsere Selbstfindung betrifft, ist, daß Selbstbestimmung die Ergründung des eigenen (subjektiven) Glaubens voraussetzt, wohingegen wir zu unserer Zufriedenstellung lediglich unsere Vorliebe und unser Gewissen überprüfen müssen (and grow up just like them, won't let you work it out).

Der Unterschied, soweit er die politische Kontrolle betrifft, ist, daß die Regierung, indem sie frei ist, Interessengegensätze zu entstören, zugleich auch frei ist, Interessengegensätze einzufädeln, und die Regierten also zu keiner Zeit wissen, was ihnen ihre Regierung für Tretminen unter die Füße gelegt hat.

Der Grad, zu welchem Regierungen von dieser Freiheit Gebrauch machen, ist freilich unterschiedlich. Die katholische Kirche, beispielsweise, beabsichtigt keineswegs, die Menschen lediglich zufriedenzustellen, sondern sieht eine begrenzte Ergründung des eigenen (subjektiven) Glaubens vor, einstmals seitens des Adels und seit dem 17. Jahrhundert seitens des einfachen Volks, doch das hindert sie andererseits auch wieder nicht daran, im Namen des Friedens dem Frieden entschieden entgegenzuwirken, weshalb sich die Lage im Gazastreifen heute so auswächst, also weil im Namen des Friedens die Bewohner des Gazastreifens von an militärischen Widerstand gebundene Spenden abhängig gemacht wurden (ich lese aus Katar) und Israel genug von der christlich-muslimischen Annäherung auf seinem Rücken hat - die Fäden zieht natürlich Frankreich, aber es geschieht im katholischen Überbau.

Das ist im weltzivilisatorischen Maßstab natürlich nur eine Fußnote, aber sie veranschaulicht, wie wenig Zufriedengestellte Herr der Prüfungen sind, welche sie bestehen müssen, wohingegen Selbstbestimmte nach ihren eigenen Vorstellungen beurteilt werden und nicht nach den imperialen Ränken ihrer Regierungen.

Ich schrieb vor langer Zeit:

Open the gates
and let opportunity
wash the pillars away.

Shut the gates
and let audacity
take their place.

Und jetzt ist es so weit: Die Dreistigkeit nimmt Gestalt an in Form eines Konsortiums von Großkapitalisten, welche den Menschen spezifische Lebensverhältnisse anbieten, um sie zufriedenzustellen - und nur zufriedenzustellen. In diesen Lebensverhältnissen hört die Mitbestimmung der Menschen bei der Frage auf, ob es ihnen in ihnen nicht gefalle, ob sie bisher nicht gut mit ihnen gefahren wären und dem Hinweis darauf, daß sie sich gegebenenfalls eine neue Heimat suchen müßten. Und zwischen diesen Strukturen, welche den angebotenen Lebensverhältnissen zugrundeliegen, herrscht fortwährend Krieg und stets kommen versteckte Sprengladungen ans Licht.

Das ist die Welt, welche auf uns wartet, wenn wir sie haben möchten, und gerade weil sie vor den Toren steht, ziehen heute die Heere zusammen, um über die Zukunft zu entscheiden.