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27. April 2008

Zum Wesen des Fetischismus

Ich möchte mich hier einmal kurz über die Probleme auslassen, welche dem Einzelnen in seiner Vereinzelung entstehen können, wenn er sich nicht über die Bedeutung seiner Gefühle im klaren ist.

Gefühle sind, wie gesagt, in drei Klassen unterteilbar, die schwindelartigen, die aufrufartigen und die wertschätzungsartigen. Fetischismus betrifft offensichtlich letztere. Es ist eine Schwäche der menschlichen Kulturen bis zum heutigen Zeitpunkt, daß sie keine Sprachen hervorgebracht haben, welche die wertschätzungsartigen Gefühle feiner unterteilen würden als in Liebe, Haß und Trauer. Aus dieser, im wahrsten Sinne des Wortes, Stumpfsinnigkeit entspringt dem Einzelnen das Problem der Verwechslung anderer positiver wertschätzungsartiger Gefühle mit Liebe oder anders ausgedrückt, Fetischismus.

Ich interessiere mich hierbei insbesondere für das Gefühl, welches insbesondere im englischen Sprachraum als platonische Liebe bezeichnet wird. Der Fetisch ist hier ein Mensch, genauer gesagt ein Mensch als freies, inspiriertes und augenscheinlich kooperatives Wesen, also etwas, was in keiner Weise ein sexuelles Objekt darstellt. Es gehört zu den Symptomen der Verkommenheit, auch das im Wortsinn, unserer Zeit, daß nämliche Empfindung, welche sich naturgemäß eher, wenn auch nicht ausschließlich, zwischen Menschen gleichen Geschlechts einstellt, vom Einzelnen in seinem kulturellen Rahmen gar nicht anders denn als sexuelle Begierde interpretiert werden kann, in dem Sinne, daß im gesellschaftlichen Diskurs, welcher sich großteils in den Medien abspielt, kein anderes substantielles Erklärungsmuster angeboten wird. Allenfalls verschwommene Bekundungen der Größe der menschlichen Seele finden sich hie und da in so genannten humanistischen Werken.

Dabei ist diese Unterschlagung des Zieles einer Begierde keine harmlose Angelegenheit, denn schließlich geht es in diesem Falle darum, seine soziale Situation zu verändern, weg von einer imaginär gesetzmäßigen Individualisierung hin zu einem auf Vertrauen und Gemeinsamkeit basierenden Zusammenschluß, welcher nicht auf staatlich garantierten Verträgen, sondern auf dem Prinzip der Ehe beruht, in guten, wie in schlechten Zeiten Lasten und Erträge gerecht zu verteilen. Letzteres ist wiederum keinesfalls eine natürlicherweise auf sexuelle oder familiäre Beziehungen beschränkte Verhaltensweise, diese Eingrenzung ist vielmehr ein zentraler Pfeiler der zuvor beschriebenen kulturellen Unterschlagung, welche je häßlichere Blüten treibt, desto konsequenter diese Verfälschung befolgt wird, man betrachte dazu die Großfamilien der Mormonen.

Kommunismus, freilich, schlägt in das andere Extrem aus und versucht getreu dem Motto „Alle Menschen werden Brüder“ bei Unterschlagung des „wo dein sanfter Flügel weilt“ derartige Beziehungen zwischen allen Menschen einzuführen, auf rationaler Grundlage selbstverständlich, unter Ächtung des vertretbarerweise edelsten Gefühls, dessen ein Mensch fähig ist, welches die Grenzen solcher Beziehungen naturgemäß definiert.

In diesem Zusammenhang ist auch dem gepredigten Christentum ein Vorwurf zu machen, wohl gar auch dem authentischen, wenngleich da ein gewisser Interpretationsspielraum besteht, nämlich daß die Feindesliebe als Verbot bevorzugender Beziehungen unter Freunden ausgelegt wird, ganz im Sinne der Vereinzelung, also der Zerschlagung außerstaatlicher Gemeinschaften. Wenngleich das natürlich kein Prediger so unterschreiben würde, ist es doch das, worauf er praktisch gesehen hinarbeitet, und selbst die Bibelpassagen lassen sich in ihrem Eifer nach auf logischer Stringenz, in Wahrheit aber selektiver Wahrnehmung, gegründeter gemeinschaftlicher Exzellenz durchaus natürlicherweise in diesem Sinne auslegen, jedenfalls wird der Gedanke, daß es bei der Behandlung von Feinden um Friedens- und Annäherungsgewährung gehe, so nicht in der Bibel ausgesprochen, wenngleich Jesu Wirken freilich ein Musterbeispiel dafür abgibt.

Andere Formen von Fetischismus beruhen auf anderen wertschätzungsartigen Gefühlen. Und wenngleich mich diese weniger interessieren, so werde ich doch zur Demonstration der Homogenität des Fetischistischen hier noch ein weiteres Gefühl anführen, nämlich das der Geborgenheit, welches dem Masoschismus zu Grunde liegt.

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