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„Daß du nicht weißt, was dir frommt, des faß ich jetzt deines als Pfand!“
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22. Januar 2023

Himmel und Gewachsenheit

Ob wird unsere geistige Heimat finden und begreifen, daß wir uns ihr gewachsen zeigen müssen, hängt von unserer Vorstellung des Himmels ab.

Es gibt vier Himmelsvorstellungen, von welchen ich bisher zwei betrachtet habe, nämlich die orthodoxe und die des wahren Lebens im vorigen Beitrag, aber gehen wir sie der Reihe nach durch.

Die vier Himmelsvorstellungen sind
  • die resignative, wenn wir glauben, daß es keinen Himmel gibt und unsere geistige Heimat in unserer Auslöschung besteht,
  • die des wahren Lebens, wenn wir glauben, daß unsere geistige Heimat nach unserem Tod auf uns wartet und wir hier nur dafür Sorge tragen müssen, regelgemäß zu überleben,
  • die orthodoxe,  wenn wir glauben, daß der Himmel durch die Inspiration in die Welt einbricht und uns sowohl die Kenntnis unserer geistigen Heimat vermittelt, als uns auch auf unserem Weg zu ihr hilft, und
  • die weiserische, wenn wir glauben, daß es Himmelsweiser gibt, welche uns den Himmel auslegen, so daß wir in ihren Weisungen eine Scheinheimat finden.
Seltsamerweise ist die resignative Himmelsvorstellung die harmloseste der Häresien. Zwar kann es im Einzelfall zu Gräueltaten kommen, aber für gewöhnlich wollen resignierende Menschen nur ihre Ruhe.

Über die Gefahren der Vorstellung des wahren Lebens habe ich mich wie gesagt im vorigen Beitrag geäußert.

Und zur orthodoxen Vorstellung äußere ich mich in den meisten Beiträgen dieses Blogs.

Bleibt also nur die weiserische Vorstellung, das eigentliche Thema dieses Beitrags, welche in der Captain Future-Folge Die Elektromenschen in der Person Joan Landor's behandelt wird, von Christian Bruhn zwar nicht getroffen, aber der Boden, auf welchem sie zumindest eine Weile gedeihen mag, vielleicht schon:



Ja, gut, hier nochmal der Link zu Later Tonight.

Die Vorstellung des Himmelsweisers ist alt. Platon verulkt sie in Gestalt der Kugelrunden in der Rede des Aristophanes im Symposion, das Thomasevangelium meint sie in Logium 23:
Jesus spricht: Ich werde euch wählen, einen aus tausend und zwei aus zehntausend, und sie werden wie einer stehen,
was, rein mathematisch gesehen, zweideutig ist: Ist gemeint, daß unter 5000 fünf verschiedene Jünger sind, und unter 10000 dann fünf verschiedene Paare jeweils mit einander übereinstimmender Jünger, oder ist gemeint, daß unter fünf Millionen 5000 verschiedene Jünger sind, und unter zehn Millionen dann 5000 verschiedene Paare jeweils mit einander übereinstimmender?

Die Erfahrung sagt letzteres, wie ja auch der Ausdruck one in a million beweist, auch wenn's hier fünf Millionen sind. Ich selbst spekulierte ja, daß die Größenordnung zwei Millionen sein mag, ausgehend von der Bevölkerungsgröße Hamburgs und seines Umlands. Nach dem Thomasevangelium also fünf, sehr autoritativ.

Andererseits spricht die Institution der Jenseitsgeschwister bei den Jesiden für erstere Variante, da es zehn Millionen Jesiden ja gar nicht gibt.

Das ist also alles alt. Und genauso alt ist es, wie Platon im Phaidros durchscheinen läßt, daß Pädophile Kinder, beziehungsweise Päderasten Jugendliche davon zu überzeugen suchen, ihr Himmelsweiser zu sein.

Aber woher kommt diese Vorstellung überhaupt? Wie wir alle wissen, jedenfalls erwähnte es Schopenhauer schon, entwickelt sich in Knaben von zwölf Jahren ein erstaunlich luzides Verständnis der Welt, in welcher sie leben, wie ja auch in meinem Fall, was seine Ursache darin hat, daß sie ihre Kindheit darauf verwendet haben, eben diese Welt zu verstehen, und in diesem Alter selber noch unbefangen sind. Und also wölbt sich der Himmel über ihnen in seiner vollen Weite, ohne daß er irgendwo in ihr Leben einbrechen könnte. Und was liegt also näher, als eine Rundreise durch ihn zu erwägen?

Wiese einer einen Zwölfjährigen also durch den Himmel, wie Aristoteles Alexander den Großen, so würde es den Zwölfjährigen sicher fördern, weshalb Platon auch den rechten Liebhaber von Knaben dem wahren Philosophen gleichstellt, im Phaidros, bei der Frage, ob einer zu den Göttern aufsteigen dürfe, aber dieser Glücksfall ist gegenüber dem Mißbrauch der Vorstellung zu vernachlässigen, welcher darin besteht, Jugendliche bei der Stange zu halten, ihnen ihr Leben zu verwehren, eine Show aufzuführen und sie den Himmel zu nennen, bis einige von ihnen, insbesondere solche, welche später hinter Panzerglas durch die Räume der Max-Planck-Gesellschaft wandeln, meinen, daß diese Glitzerwelt ihre geistige Heimat sei, durch welche Novizen eben zu führen sind.

Dabei werden sie selbstverständlich, wie die Elektromenschen von Alulus, nur gemolken, gelockt von der Mutter aller Fetische, der Scheinheimat, und dese sind's, welche sich dem System am geschmeidigsten anpassen, bis daß sie ganz verdreht sind, von Technikern auf Fetischismus konditioniert.

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9. Januar 2023

Vangelis: Heaven and Hell

Heaven and Hell may be Vangelis' most conceptual and least pleasant music album. It is very irreverent in nature, beginning with a portrait of the human being ploughing through life like a boar ploughs through a field in the search of food, and whenever the human being has found something worthwhile, it rejoices in an inkling of heaven.

After close to 5 minutes of this another interpretation sets in, the lecturing of the obstinate and his charmedness, when in a free moment he discovers its potential in his play.

More then 8 minutes of that and then a moment of self conceptualisation and with it Heaven and Hell Part 1 ends.

So Long Ago, So Clear is a nostalgic look back at the time, when it was enough to be and be together. A little reminiscent of the Symposion in its juxtaposition of being and striving.

Heaven and Hell Part 2 then begins with some eerily Blade Runner-ish noises, portraying an abyss out of which some impish thoughts fly, followed by a sigh.

After good 3 minutes of this orderly work sets in.

Close to 4 minutes later comforting and discomforting orders clash.

A little over 4 minutes later the comfort loses its rootedness in order and becomes a mere indulgence.

After close to 4 minutes of this indulgence shows its face without restraint.

And only a little over 2 minutes later a sense of the aesthetic arises, finally placing heaven and hell outside of man as measures he lives up to rather than identifying them with the mood swings of his nature.

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4. August 2022

Getragenheitsanregende und -kommentierende Geschichten

Das Bedürfnis der Achtung nach Getragenheit, welches uns unter anderem träumen läßt, drückt sich auch in dem Verlangen, durch Geschichten unterhalten zu werden, aus, und entsprechend muß eine gute Geschichte vier Bedingungen erfüllen, nämlich
Eine Geschichte, welche diese Anforderungen erfüllt, es gibt schon noch andere, beispielsweise Lehrstücke, ist entweder getragenheitsanregend und rollenverhältnisseverankernd, indem sie ihrem Publikum als Vorbild dient, etwa Fernsehromane, welche ihrem Publikum noch die Themen vermitteln, über welche sie sich mit ihren Verwandten einmal aussprechen sollten, oder getragenheitskommentierend und rollenverhältnissereflektierend, indem sie ihr Publikum mit diesbezüglichen Beobachtungen konfrontiert, wie etwa Agatha Christie, vorzüglich die Rollen des englischen Landlebens betreffend.

Es ist interessant, daß Aristophanes' Rede im Symposion zwar ein Beispiel für eine getragenheitskommentierende Geschichte liefert, aber daß es kaum getragenheitsanregende Geschichten in der griechischen Literatur, oder überhaupt im Altertum, gibt: Die damaligen Heldensagen beschreiben stets das Unerhörte und das Aufbrechen des Gewohnten, wahrscheinlich, weil im Zeitalter der Wacht die Getragenheit im Korsett des anerkannten Pantheons schlicht nicht der Rede wert ist, sondern erst die Ungetragenheit, in welcher sich der Held seiner Aufgabe stellt und sich als solcher erweist.

Ausnahmen dazu finden sich partiell im Alten Testament, etwa David betreffend, welcher wenigstens teilweise als getragenheitsanregende Figur anzusehen ist, aber letztlich dominiert auch da immer der Kommentar, der Hinweis auf die Kosten und Folgen.

Erst im Mittelalter dürfte sich das Wesen des Helden gewandelt haben, zum Verkörperer von Tugenden, welche zwar einzeln bekannt, aber nur schwer in Einklang mit einander zu bringen sind, gerade wie es die persönliche Entwicklung der Ethik im Zeitalter der Werke erfordert.

Der Held im Zeitalter der Wunder ist der Reisende, und seine Reise ist jeweils eine individuelle, mit anderen Worten also keine, deren Mitteilung neue Helden anregte, lediglich Anhänger, doch richten sich die Träume der Menschen wohl stets auf das Heldische, und dem ist wie im Zeitalter der Wacht durch Getragenheitskommentare mehr gedient, denn sie erlauben den Vergleich und damit, unabhängig vom Gewohnten zu werden.

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8. Oktober 2020

Politische Passivität und Aktivität

Meine Maracujapflanze blüht.
Ich sprach zuletzt von dem Weg, welcher vor uns liegt, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, worin er sich zeigt. Der vorige Beitrag liefert diesbezüglich einen Anhaltspunkt.

Damit ein Beherrschungsmandat unverändert fortbestehen kann, muß sich die Gesellschaft in einem Zustand politischer Passivität befinden, welcher dadurch gekennzeichnet wrd, daß
  • sich die geschichtlichen Strömungen gemäß den herrschaftlich verbreiteten Anleitungen verhalten und
  • die Gesellschaft diese Anleitungen goutiert.
Wenn sich aber eine Strömung verbreitet, Krankheit, Krieg, Armut oder auch Reichtum, für welche die Herrschaft keine überzeugende Anleitung findet, wird die Gesellschaft von dieser Strömung in einen Zustand politischer Aktivität versetzt, welcher sich dadurch auszeichnet, daß die Bürger selbst nach Wegen suchen, mit dieser Strömung umzugehen.

Und das entfaltet sich bereits vor unseren Augen. Welchen Gremien die heutigen herrschaftlich verbreiteten Anleitungen auch immer entsprungen sein mögen, sie erzeugen eine Umkehr des Beratungsflusses von den Bürgern zurück in jene Gremien.

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29. November 2017

Ein Leben zum verschenken.

Was empfindet der Homosexuelle, wenn er nackt vor dem Spiegel steht?
Nichts ist leichter, um Bedürfnisse zu wecken, als jemanden danach zu fragen, was er sein könnte, denn jeder kann sich vorstellen, mehr zu werden als er gerade darstellt, weshalb die Frage geradezu das Mantra aller Dienstanbieter ist.

Doch wer hört auf sie? Wer ändert seinen Gang und kommt ihr nach?

Hier ist alles aufgegeben, das Ziel von Gott gesetzt, die Welt ein Kasten blasser Farben, damit das Bild zu malen, welches im eig'nen Busen wohnt. Was ich sein könnte? Ein Maler, wenn ich die richt'gen Farben hätt'.

Und dann geh' ich weiter.

Doch wer bleibt steh'n?

Nur der, wer meint, sein Wachstum bedingte nicht seine einstige Form, sondern umgekehrt, seine einstige Form sein Wachstum, sodaß er sie zu erspähen sucht.

Schau' ich voraus, such' ich die Welt hinter dem Nebel der Zeit zu erkennen, nicht mich. Und er, der sein künftiges Selbst zum Fixstern nimmt, er wächst nicht, sondern ringt damit, sein Glück zu zwingen.

Indes, indem er darin verharrt, wächst aus ihm die Gier, und so zeigt sich sein Wesen, ungeachtet seiner Versuche, es einzukleiden.

Fast will es mir scheinen, daß auch dies Spott im Symposion war, daß der vorzüglicher sei, wer das Vorzüglichere vorziehe. Es ist nicht so dick aufgetragen wie der sich schließende Kreis zwischen Staatsmann und Strichjungem, aber die Keckheit der Versicherung entspricht genau der Dreistigkeit des Lebenswandels.

Die Metapher ist stimmig: das lockende Selbst, der dreiste Griff. Schwule, die um die Idee der Männlichkeit buhlen. Menschen, die um die Idee des Menschseins buhlen.

Wenn da mal nicht geben seliger als nehmen ist.

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