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4. August 2022

Getragenheitsanregende und -kommentierende Geschichten

Das Bedürfnis der Achtung nach Getragenheit, welches uns unter anderem träumen läßt, drückt sich auch in dem Verlangen, durch Geschichten unterhalten zu werden, aus, und entsprechend muß eine gute Geschichte vier Bedingungen erfüllen, nämlich
Eine Geschichte, welche diese Anforderungen erfüllt, es gibt schon noch andere, beispielsweise Lehrstücke, ist entweder getragenheitsanregend und rollenverhältnisseverankernd, indem sie ihrem Publikum als Vorbild dient, etwa Fernsehromane, welche ihrem Publikum noch die Themen vermitteln, über welche sie sich mit ihren Verwandten einmal aussprechen sollten, oder getragenheitskommentierend und rollenverhältnissereflektierend, indem sie ihr Publikum mit diesbezüglichen Beobachtungen konfrontiert, wie etwa Agatha Christie, vorzüglich die Rollen des englischen Landlebens betreffend.

Es ist interessant, daß Aristophanes' Rede im Symposion zwar ein Beispiel für eine getragenheitskommentierende Geschichte liefert, aber daß es kaum getragenheitsanregende Geschichten in der griechischen Literatur, oder überhaupt im Altertum, gibt: Die damaligen Heldensagen beschreiben stets das Unerhörte und das Aufbrechen des Gewohnten, wahrscheinlich, weil im Zeitalter der Wacht die Getragenheit im Korsett des anerkannten Pantheons schlicht nicht der Rede wert ist, sondern erst die Ungetragenheit, in welcher sich der Held seiner Aufgabe stellt und sich als solcher erweist.

Ausnahmen dazu finden sich partiell im Alten Testament, etwa David betreffend, welcher wenigstens teilweise als getragenheitsanregende Figur anzusehen ist, aber letztlich dominiert auch da immer der Kommentar, der Hinweis auf die Kosten und Folgen.

Erst im Mittelalter dürfte sich das Wesen des Helden gewandelt haben, zum Verkörperer von Tugenden, welche zwar einzeln bekannt, aber nur schwer in Einklang mit einander zu bringen sind, gerade wie es die persönliche Entwicklung der Ethik im Zeitalter der Werke erfordert.

Der Held im Zeitalter der Wunder ist der Reisende, und seine Reise ist jeweils eine individuelle, mit anderen Worten also keine, deren Mitteilung neue Helden anregte, lediglich Anhänger, doch richten sich die Träume der Menschen wohl stets auf das Heldische, und dem ist wie im Zeitalter der Wacht durch Getragenheitskommentare mehr gedient, denn sie erlauben den Vergleich und damit, unabhängig vom Gewohnten zu werden.

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