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20. Juli 2022

Die Glaubenszykel der drei Zeitalter

Meine bisherigen Betrachtungen zum Glaubenszykel beruhen alle auf unserem Zeitalter, dem Zeitalter der Werke, zum einen, weil ich es einzig gut genug kenne, und zum anderen, weil es eine logisch zwingende Stufenfolge der Gestaltung gibt, nämlich
  1. Glaubensfindung,
  2. Gesellschaftsordnung und
  3. Weltgestaltung,
oder, weitgehend äquivalent,
  1. Haltungsgestaltung,
  2. Erfahrungsgestaltung unf
  3. Vorhabengestaltung.
In unserem Zeitalter entsprechen diesen Stufen auf einander folgende geschichtliche Phasen, nämlich
  1. die Zeit, in welcher die Autoritäten zu der Einsicht gelangten, daß der christliche Glaube die beste Zukunftsperspektive darstellt (bis 800 A.D.),
  2. die Zeit der Bildung christlicher Staatswesen (bis 1539 A.D.),
  3. die Zeit der christlichen Gestaltung der Welt (bis heute),
aber mir ist mittlerweile klar geworden, daß es sich im Zeitalter der Wunder und der Wacht nicht so verhalten kann. Um dies zu verstehen, betrachten wir noch einmal den Grund für den Zykel der Zeitalter, nämlich die Probleme, welche im Laufe eines Zeitalters aus seiner Verantwortungsübernahme, durch welche ein Zeitalter das Problem des vorigen löst, entstehen, nämlich im Zeitalter der
  • Wunder so lange zu verfolgen, um zu entdecken und die Haltung zu gestalten, bis das Abdecken durch die resultierenden Erfahrungen überfordert wird,
  • Wacht so lange zu empfangen, um nutzbarzumachen und die Erfahrung zu gestalten, bis das Kritisieren durch die resultierenden Vorhaben überfordert wird, und
  • Werke so lange zu studieren, um zu lenken und die Vorhaben zu gestalten, bis das Einsetzen durch die resultierenden Haltungen überfordert wird.
Am Ende des Zeitalters der Wunder stehen chaotische Entwicklungsmuster, am Ende jenes der Wacht ein Gestrüpp aus Abzielungen und am Ende jenes der Werke rücksichtslose Entwürfe, wobei der Sozialismus den Entwurf lediglich etwas kühner als der Kapitalismus gesucht hat.

Die Ordnung, welche in einem Zeitalter gestaltet wird, heißt darum Nebenordnung, also
  • die Bildung genannte Ordnung der Haltung im Zeitalter der Wunder,
  • die Partnerschaft genannte Ordnung der Erfahrung in jenem der Wacht und
  • die Kultur (oder Ermächtigung) genannte der Vorhaben in jenem der Werke,
weil ihre Gestaltung geordnete Beherzigung und Auslieferung (im weiteren Sinne) voraussetzt, und die demnach vorausgesetzten Ordnungen heißen Kernordnungen, also
  • Kultur und Partnerschaft im Zeitalter der Wunder,
  • Kultur und Bildung im Zeitalter der Wacht und
  • Partnerschaft und Bildung in jenem der Werke,
wobei Kultur, Partnerschaft und Bildung bei Belieben durch Fähigkeiten, beziehungsweise Gesellschaftsordnung oder Glaube ersetzt werden können.

Ich meinte ursprünglich, daß es sich bei der Ermächtigung als Kernordnung stets um die Ermächtigung durch den eigenen Körper handeln würde. Das ist falsch, wiewohl die Ermächtigung durch den eigenen Körper zur allgemeinen Ermächtigung gehört.

Besonders am Zeitalter der Werke ist nun, daß seine Nebenordnung auf der höchsten Stufe der logischen Stufenfolge steht, mit anderen Worten seine Kernordnungen also zugleich logische Gestaltungsvoraussetzungen der Nebenordnung sind, doch dies ist in den anderen beiden Zeitaltern nicht so.

Es hilft, die folgenden zusätzlichen Bezeichnungen für Nebenordnungen einzuführen. Eine Nebenordnung heiße
  • Stammordnung, wenn sie auf der ersten Stufe steht (die Bildung),
  • Ausläuferordnung, wenn sie auf der zweiten Stufe steht (die Partnerschaft) und
  • Endordnung, wenn sie auf der dritten Stufe steht (die Kultur),
und es hilft auch, sich dessen eingedenk zu sein, daß die Gestaltung
  • der Fähigkeiten durch Arbeitsteilung erfolgt,
  • der Gesellschaftsordnung durch Zusammenwirken und
  • des Glaubens durch Berichtigung,
Wenn die Nebenordnung nun ein Problem in einer Kernordnung verursacht, so liegt natürlich nichts näher, als diese Kernordnung zur Nebenordnung zu machen und sie zu gestalten, was mit Blick auf die weiter oben dargestellten Probleme heißt, anläßlich ausufernder
  • Bildung zusammenzuwirken (Anfang der Wacht),
  • Erfahrung Arbeit zu teilen (Anfang der Werke) und
  • Ermächtigung zu berichtigen (Anfang der Wunder),
doch bedarf es dazu, außer im letzten Fall, gewisser Vorarbeiten, angefangen mit einer Glaubensfindung (welcher es auch im letzten Fall bedarf, nur nicht als Vorarbeit).

Am Anfang des Zeitalters der Wacht ist aus dem gebildeten Glauben lediglich das auszusieben, was ein erfolgreiches Zusammenwirken verspricht, und es ist abwegig anzunehmen, daß diese Phase 800 Jahre dauern sollte. Ist es indes erfolgt, so wird die Gesellschaft als nächstes geordnet und anschließend mit der Arbeitsteilung begonnen. Da nun aber die Gesellschaftsordnung eine Ausläuferordnung ist, ändert sie sich fortwährend bis zum Ende des Zeitalters, und immer, wenn sie sich geändert hat, kann es zur Anpassung der Arbeitsteilung kommen, woher das Bild des Ausläufers, welcher sich unterirdisch vom Stamm entfernt, um dann in bestimmten Abständen erneut das Tageslicht zu suchen.

Am Anfang des Zeitalters der Werke ist der unveränderte Glaube des Zeitalters der Wacht hoffnungslos überaltert und auf seiner Basis keine Arbeitsteilung möglich, welche das Gestrüpp kollidierender Ziele lichten könnte (Sauls Leiden, sozusagen). Die Gesellschaftsordnung bedingt das Problem, welches in der Weltgestaltung liegt, und also besteht die Aufgabe der Glaubensfindung darin abzusehen, wie die menschliche Natur zur Lenkung der Welt geführt werden kann, ohne sich an Ärgernissen zu verheddern oder in Sackgassen zu enden, und das ist eine vergleichsweise schwierige Aufgabe, welche, selbst wenn sie gelingt, immer noch 800 Jahre braucht, um als Lösung erkannt zu werden.

Am Anfang des Zeitalters der Wunder ist es hingegen nur nötig, sich zu überlegen, wie die vorhandenen Fähigkeiten in eine Lebensweise, welche der Entdeckung und durch sie der Weiterentwicklung der Haltung dient, eingebunden werden können, was zwar schwieriger ist, als aus dem gebildeten Glauben auszusieben, aber leichter, als den Menschen nur auf der Grundlage seiner Natur heranzuleiten, weshalb sich seit Rousseau auch immer wieder Leute d'ran versuchen. Es besteht hier natürlich ein gewisser Witz darin, daß es Christus gar nicht um die Lenkung der Welt ging, sondern daß sein Hier, zu welchem er die Menschen herangeleitet hat, im Zeitalter der Wunder liegt, welches auf die erfolgreiche Lenkung folgen muß, und damit zusammenhängend entwickelt sich der Glaube als Stammordnung in ihm fortwährend weiter, so daß sich Gesellschaftsordnung und Arbeitsteilung auch in gewissem Umfang, also die Logik des generativen Zykels nicht verletzend, stets von neuem an ihn anpassen können, woher das Bild des Stammes, von welchem stets neue Äste austreiben.

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