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7. Juli 2022

Zum Fokus der Überzeugungsarbeit in der Geschichte des Christentums

Wenn wir uns fragen, ob wir einem Weisenanwärter Beschlußhoheit zugestehen sollten, handeln wir, wie bei allen politischen Fragen, auf der Basis eines geschichtlichen Hintergrunds, vor welchem wir unsere Entscheidung treffen, messen ihn also an seinen anerkannten Vorgängern, so daß ein einmal anerkannter Weiser gerade nach dem Grad seiner Weisheit verhindernd auf die Anerkennung weiterer Anwärter wirkt.

Beispielsweise sollte sich ein Mahatma Gandhi sobald nicht in Indien wiederholen, es sei denn, er wiederholte sich tatsächlich, denn sein Vorbild wird den Indern noch eine Weile gegenwärtig bleiben, wohingegen die Tatsache, daß Jesus Christus keine Beschlußhoheit zugestanden wurde, bedeutet, daß sich Bewerber um sie in der christlichen Welt nie an Christus messen lassen mußten.

Dadurch, daß Christen akzeptieren, daß, nur weil etwas richtig ist, es noch lange nicht die gegenwärtige Politik bestimmen sollte, sondern daß jene vielmehr stets nur Flickwerk bleibt, menschliche Notdurft, das Göttliche zu erhalten und sich entfalten zu lassen, gestehen sie ihren Weisenanwärtern vergleichsweise leichtfertig Beschlußhoheit zu, und folgende Betrachtung zur Frühzeit des Islams bestätigt diesen Punkt.

Der Koran, oder wenigstens seine zweite und längste Sure, wurde wie gesagt von Damaskios, dem letzten Oberhaupt der platonischen Akademie, als späte Rache für seinen vom Bischof von Alexandria gefolterten Bruder geschrieben, und die islamische Expansion war die Folge eines Aufstands gegen römische Steuern einerseits und der Fahnenflucht eines Kontingents des sassanidischen Heeres andererseits, beide von Damaskios persönlich im Jahre 532 eingeleitet, und diese Tatsachen waren den ersten Muslimen selbstverständlich auch bekannt, so daß der spätere Mohammed also nicht das Vorbild war, an welchem die ersten Kalifen gemessen wurden, genauer gesagt die vier rechtgeleiteten, die der Umayyaden und die ersten beiden der Abbasiden, und entsprechend kurz sind die Regierungszeiten dieser Kalifen, also weil sie keinem stratosphärischen Standard entsprechen mußten und der Wettbewerb entsprechend lebhaft war, mit Ausnahme ihres letzten, al-Mansurs (zugegeben, 3 von 19 weiteren hielten sich fast so lange wie er im Amt), welcher den Standard änderte, indem er die ersten Mohammedbiographien veröffentlichen ließ, was der Abbasidendynastie ihr langes Leben bescherte, an derem Ende der Titel Kalif außer Gebrauch kam, oder jedenfalls nicht mehr allgemein anerkannt wurde.

Freilich, dies nur zur Unterfütterung der späteren christlichen Überzeugungsarbeit, welche an ihrem Anfang sowieso nicht Weise einschleusen konnte, da sie weder die Juden, noch die Römer anerkannt hätten.

Am Anfang, also, wendete sich die christliche Überzeugungsarbeit an die Urteilskraft der jüdischen und römischen Autoritäten, welche sie von der Gültigkeit der konstruktiven Wirkung der christlichen Lehre (im Rahmen des generativen Zykels des Zeitalters der Werke) zu überzeugen suchte, verkürzt gesagt also die Ältesten von ihrer Gültigkeit.

Und dies blieb bis Charlemagne so, wann sich der Fokus der Überzeugungsarbeit darauf verschob, die Mächtigen davon zu überzeugen, daß sie, indem sie der christlichen Lehre gemäß walteten, ihrer Verantwortung genügten (ich erwähnte diesen Wandel von der Theorie zur Praxis bereits hier - nicht alle meine Beiträge sind verständlich betitelt).

Und wenn es auch etwas albern ist, dies neben die vorigen Phasen zu halten, so liegt der Fokus der Überzeugungsarbeit heute doch darauf, die Aufmerksamkeit des Jungvolks auf dasjenige zu richten, woran sich die christliche Lehre zu bewähren hat, und niemand hat es meiner Meinung nach besser gemacht als Pomfret, ähmm, Supertramp in Crime of the Century, ob es nun teenage angst genannt wird oder wie auch immer.

Making, it's hard, but taking, it's easy. Und entsprechend:
  • Wer ist am schwersten über die Gültigkeit zu täuschen? Die Alten, welche bereits Lebensweisheit gesammelt haben.
  • Wer ist am schwersten von der Verantwortlichkeit zu überzeugen? Die Männer, welche sie tragen.
  • Wer ist am schwersten von der Abhängigkeit zu überzeugen? Das Jungvolk, welche sie noch spürt.
  • Doch wer versucht das Jungvolk von Gültigkeit und Verantwortlichkeit zu überzeugen?
Es dürfte leichter sein, Teenager für fragenaufwerfenden Gesang zur Gitarre zu begeistern, als jüdische und römische Älteste für neue Gesetze oder germanische Krieger für Kulturstiftungen, aber so wie das leichter ist, ist es doch schwerer, als Teenagern einzureden, daß es Probleme auf der Welt gebe, welche ihren Einsatz erfordern.

Die Art und Weise, wie an den Stärken der Menschen jeden Alters vorbeigegangen und stattdessen ihre Schwächen gesucht wird, ist absolut verwerflich, es wird noch nicht einmal der Anschein erweckt, man wolle auf die Stärken der Menschen bauen, sondern freimütig eingeräumt, daß man ihre Schwächen dazu ausnutzen will, sie an Auffassungen heranzuführen, welche Franchises sind, genau wie Restaurantketten, und genauso in der Gesellschaft auf einander abgestimmt werden, in einer künstlichen Harmonie, welche weder Raum für Familienrezepte, noch für selbstbestimmte Persönlichkeitsbildung hat.

Indes, da die Überzeugungsarbeit für die Gültigkeit der christlichen Lehre nun bald 2000 Jahre zurückliegt und die Überzeugungsarbeit für ihre Verantwortlichkeit gut 1000, mag die Überzeugungsarbeit für die aus ihr folgenden Abhängigkeiten heute durchaus eine Rolle innerhalb ihrer natürlichen Entwicklung spielen, was allemal bedeutungsschwerer ist als der Hype der Zeit, und sie spielt eine bei einer Bestandsaufnahme, welche bestimmt, was wir von unserem Erbe in die Zukunft tragen wollen, indem sie unsere Bedürftigkeit freilegt.

Lassen wir uns also nicht von Vermessenen vermessen, sondern fordern wir lieber Weisheit, welche es mit Christi aufnehmen kann, und wofern diese nicht vorliegt, geben wir unsere Beschlußhoheit nicht aus der Hand und folgen unserem Licht und vertrauen unserem Leben. Darum geht es letztlich bei der Frage, ob Christus wiederkehrt, denn wenn Er es tut, kommt auch die Zeit, in welcher Er zum Vorbild wird und der Gemeinplatz, daß sich schon alles von selbst zum besten wendet, keine Anwendung mehr findet.

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