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26. Oktober 2010

Eine Mitteilung

Die Gegenwart hat sich in den letzten Monaten in Deutschland nicht zum Schlechteren entwickelt. Es gibt heute eine größere Offenheit in vielen Bereichen. Und selbst wenn sich in der näheren Zukunft die Wogen wieder glätten, überall Ruhe einkehrt, so werden sich auch künftig weniger Menschen vertreten fühlen als zuvor, und das zwingt die Übrigen dazu, sich selber Gedanken zu machen und selber Vorkehrungen zu ergreifen, um ihre Interessen zu schützen.

Das ist etwas sehr Gutes, ein frischer Morgen, sozusagen. Ich denke indes, daß die Geburtswehen jetzt vorbei sind, und ich weiß, daß das Geborene auch bloß frisch ist, amorph, nach einer Form suchend, Nebel über Feldern. Und also werden die Meisten in ihren Vorkehrungen von tradierten Bruchstücken geleitet werden, immerhin, es findet wieder Besinnung statt, es gibt wieder so etwas wie Geschichte, persönlich und öffentlich.

Viel wird so nicht zusammenkommen, ein frischer Morgen, aber ein bewölkter Tag. Natürlich nicht der letzte Tag. Einst sollen die Menschen erkennen, daß ihr Leben selbst die eine Wahl ist, welche sie haben, daß die Haltung, welche sie annehmen, das eine Feld ist, welches sie bestellen können und daß es keine süßere Frucht gibt, als in der Welt, welche sie so gestalten, zu leben - eine Welt nicht nur aus Dingen, sondern auch aus Sitten, Organisationen und Regeln.

Wie oft werden sie noch scheitern müssen, wie oft enttäuscht werden, bis es so weit ist?

All die Weil zieht der Troß nach Kräften den Karren immer weiter in den Sumpf aus Funktionserfüllung und Transzendenzabtötung. Aber die Transzendenz ist ein Geheimnis, welches er nicht recht versteht, das, was am Stärksten an ihr scheint, ist nur die Gischt auf der Welle, und je mehr dieser sanfte Arm gehindert wird, desto öfter wird der gewalttätige durchschlagen.

Das Risiko liegt ganz auf seiner Seite. Naturgemäß werden das die Wenigsten verstehen, aber es wird dazu kommen, daß es genügend Viele glauben werden. Sie werden es glauben, nicht durch Worte aus Menschenmund, sondern durch die Zerrüttung ihrer Gewißheiten. Eine bittere Medizin fürwahr, doch das Nötige wird verabreicht werden.

Das Leben ist nicht überraschend für den Weitsichtigen, genau so wenig, wie es den Schweren aus der Bahn wirft. Guru deshalb.

Nichts ist neu, die Wahrheit unserer Existenz ist seit Ewigkeiten bekannt. Wer sie erkennt, den macht sie zur schwingenden Saite, und es ist ein Ton, welchen sie erzeugt, und seine Länge ist ohne Belang für den Schwingenden.

Wie gesagt, das muß jemandem nicht widerfahren, um im gebotenen Sinne zu leben, aber wer Antworten haben möchte, dem muß es widerfahren.

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23. Oktober 2010

Vier verschiedene Umgangsformen

Ich habe bisher kaum detailliert über einzelne Gefühle geschrieben, werde das allerdings vielleicht noch einmal systematischer angehen. An dieser Stelle möchte ich mich mit jenen Gefühlen beschäftigen, welche unseren Umgang mit unseren Mitmenschen lenken.

Der Grund, warum ich das tue, ist, daß diese Gefühle wesentlichen Anteil an dem haben, was gemeinhin Rassismus genannt wird. Und entsprechend unaufrichtig wird in unserer Zeit über sie geredet, das heißt nicht geredet.

Was ich hier nicht tun möchte, und zwar aus Prinzip nicht, weil ich mich mit dieser Art von Dingen nicht beschäftige, ist ein so genanntes rassisches Bewußtsein zu besprechen, denn das ist im Gegensatz zur instinktiven Haltung seinen Mitmenschen gegenüber lediglich eine künstlich entworfene Begrifflichkeit in den Köpfen mancher, welche dabei auch keinesfalls normiert ist.

Diese Erklärung verwundert vielleicht, wenn man bedenkt, daß ich selbst schon über rassische Unterschiede spekuliert habe, indes gehören diese Spekulationen zu einer Überprüfung meiner eigenen Theorien an der Welt, wie wir sie vorfinden und sind somit unverzichtbare Gelegenheiten zur Falsifikation, wie übrigens alle anderen Spekulationen, welche ich anstelle, etwa über geschichtliche Zyklen, auch.

In der Ethik vertrete ich bekanntlich das Prinzip, daß jeder das tun sollte, was er für richtig hält, und zwar letztlich in seinem Gemüt, denn dazu ist das Gemüt ja da, sich zu Haltungen zu bekennen, was freilich nicht heißt, daß man nicht vorher auch mal über eine Sache nachdenken dürfte. Das Nachdenken muß aber darauf abzielen, die Entscheidung klar und soweit wie möglich isoliert vor das Gemüt zu bringen und nicht verwirrt und mit einem Haufen unzusammenhängender Fragen verwoben.

Damit denke ich, an dieser Stelle das Nötige gesagt zu haben. Kommen wir nun zu den vier verschiedenen Umgangsformen.

1. Offene Feindseligkeit, Verachtung.

Das Gefühl, welches diese Haltung auslöst, ist jenes der Bedrohung der eigenen Persönlichkeitsrechte und tritt bei mir in schöner Regelmäßigkeit auf, wenn ich auf politische Agitatoren treffe.

2. Distanzierte Freundlichkeit, Gastfreundschaft.

Das Gefühl hier ist das der Achtung des Gegenübers bei gleichzeitigem Empfinden eines unüberbrückbaren Interessengegensatzes.

3. Distanzierende Unfreundlichkeit, Bärbeißigkeit.

Das Gefühl hier ist eine Mischung aus der Achtung des Gegenübers einschließlich des Empfindens einer Interessengemeinschaft mit ihm und einer nicht näher bestimmten von ihm ausgehenden Unausstehlichkeit. De facto ist diese Haltung freundlicher als die vorangegangene, danach aussehen tut sie allerdings nicht. Der Grund hierfür ist natürlich, daß man einen Gast, im Gegensatz zu seinem Nachbarn, nicht jeden Tag auf's Neue ertragen muß.

4. Nähesuchende Freundlichkeit, Offenherzigkeit.

Hier ist das Gefühl die ungetrübte Sympathie. Diese Haltung ist die Voraussetzung freiwilliger konkreter Kooperation, übermäßig stark muß das Gefühl dafür indes nicht sein - wenn es nicht zur Fortpflanzung führen soll.

Wenn jemand allen Mitgliedern einer bestimmten Rasse instinktiv mit Verachtung gegenübertritt, so ist er sicherlich xenophob, indessen ist nicht gesagt, daß er in der Einschätzung der Bedrohung seiner Persönlichkeitsrechte auch nur einmal falsch lag.

Auch ist es recht einleuchtend, daß nicht jeder von derselben Abweichung von der allgemeinen Achtung der Persönlichkeitsrechte im selben Maße bedroht ist. Für den einen ist dies grundlegend und für den anderen das, und also meiden sich verschiedene Typen, welche es auf der anderen Seite auch einmal hier und ein andermal da etwas lockerer mit ihrer Achtung nehmen.

Diese Dinge sollte man besser beachten, schließlich verdanken wir unseren Instinkten im Großen und Ganzen unser Überleben. Wie man dabei individuell mit einem Gefühl der Bedrohung umgeht, ist eine Sache, daß man Menschen nicht planmäßig in derartige Spannungen treibt, eine andere.

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20. Oktober 2010

Vom Hinübergleiten

Es gibt zwei geistliche Phasen, die Inspiriertheit und die Unterstützung.

Natürlicherweise geht jedes Lebewesen von der einen zur anderen über, denn in diesem Übergang liegt der Sinn des bewußten Lebens, der Inspiration folgend die Möglichkeiten des Lebens zu entdecken und das Leben hernach durch die eigene Stellung in die unterstützenswerteste Richtung zu lenken.

Beides beruht auf Transzendenz, beides auf unserer Beziehung zu Gott.

Aber ich will an dieser Stelle nicht nur von einem Einzelnen sprechen, sondern von vielen Einzelnen und wie der individuell empfundene Druck hin zur Unterstützung mit dem Zustand der Gesellschaft zusammenhängt, in welcher sie leben.

Zunächst zur individuellen Wahrnehmung solchen Drucks. Manch einer wird, wenn er solchen erfährt, an die Worte Jesu Christi zur Verfolgung seiner Jünger denken, man will nur Gutes und man erntet nur Mißgunst, oftmals erkennbar mit Neid vermischt. Ich bin indes nicht sicher, daß diese Deutung der Stelle die richtige ist, zu klar stechen Gegenbeispiele hervor von Menschen, welche ihre Mitmenschen geradezu beseelen. Aber mir geht es hier ja auch nicht um Exegese, sondern um die Wahrnehmung im freien, uneigennützigen Engagement zurückgewiesen zu werden, manchmal sogar mit der Unterstellung, daß es gar nicht uneigennützig sei.

Diese Unterstellung ist in sofern interessant, da sie geraden Wegs zur Erklärung dieses Phänomens führt. Die freie, inspirierte Tat ist deswegen nicht uneigennützig, weil sie von keinem anderen zur Erfüllung seiner Bedürfnisse gefordert wurde.

Der Neid entspringt aus dem Umstand, daß man selber nicht mehr frei ist und vor der Zeit von der Inspiration lassen mußte. Also wechselte man in die unterstützende Phase, nur daß, wer solches verbittert tut, später mehr verflucht als segnet. Oder aber er rechtfertigt die herrschenden Verhältnisse vor sich selbst und preist den mit Würde geleisteten erzwungenen Dienst höher als den freien, der heiligen Inspiration folgenden.

In jedem Falle ist aber die Gesellschaft, welche dem Einzelnen auf diese Weise begegnet, eine Gesellschaft der Unfreien, sich gegenseitig Zwingenden, und in einer solchen Gesellschaft wird, traurigerweise, das, was heilen könnte, mit dem größtmöglichen Druck hin zum Tod bringenden Gift umgestaltet, wodurch Gesellschaften denselben Weg gehen wie einzelne Menschen, nämlich zur Erneuerung durch den Tod.

Aber wie gleitet eine Gesellschaft zu diesem moribunden Zustand hinüber? Was bewirkt, daß sie sich nicht mehr an jenen erfreuen kann, welche sie beschenken?

Wir alle werden ursprünglich beschenkt, von der Sonne, wenn man so will. Sie läßt die Pflanzen wachsen, welche uns und die Tiere, welche wir zu verspeisen pflegen, ernähren. Was läge näher als selbst auch etwas zu schenken?

Und wie könnte, wenn wir alle uns als Beschenkte verstünden, auch nur einer böse auf jemanden werden, welcher sich vorgenommen hat, selbst auch zu schenken?

Nun, die Antwort ist sehr einfach. Sobald jemand die schöne Regelmäßigkeit erkannt hätte, mit der Menschen wie Nutzpflanzen und -tiere verwertbare Güter produzieren und sich darauf verlegt hätte, sein eigenes Auskommen durch deren Verwaltung zu finden, sobald gäbe es wenigstens einen, welchem die Freiheit dieser Produktion zunehmend zuwider wäre.

Nicht der Handel ist das Problem, sondern der Händler. Und heute gibt es freilich noch ganz andere Verwaltungstätigkeiten, welche sich ebenso stets noch zu rechtfertigen wissen wie der Handel, doch deren Personal ebenfalls ebenso wie das des Handels zu einem stetig wachsendem Problem wird. In diesem ganzen Zusammenhang sollte man einmal die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Krebsrate und der Größe des Dienstleistungssektors eines Landes stellen, es wunderte mich nicht, wenn es ein Beispiel für metaphorischen Realismus abgäbe. Aber selbst wenn die Krebsrate dabei unerwartet niedrig bliebe, fragte ich mich immernoch, was für ein Schwachkopf man sein muß, um in einer Dienstleistungsgesellschaft etwas Erstrebenswertes zu erblicken.

Den Unterschied in der Gesinnung erkennt man auch, wenn man die Frage danach stellt, was die eigenen Wünsche erfüllt. Wer das natürliche Sprießen akzeptiert antwortet darauf: "Glück!", wer es nicht tut: "Planung!" Planung garantiert unseren Wohlstand, wer so antwortet, dessen Erfüllung seiner Wünsche ist Folge seines Wohlstands. Aber das ist eine erbärmliche Art zu wünschen. Die Welt ist größer als unsere Vorstellung von ihr, und wie sehr beschneiden wir uns, wenn wir unsere Wünsche aus Katalogen auswählen!

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17. Oktober 2010

Kulturschaffen heute

Ich möchte an dieser Stelle ein paar konkrete Punkte ansprechen, welche Kulturschaffende heute betreffen.

Am Anfang steht die Erkenntnis, daß die heute vorherrschenden Kulturen ausgewachsen sind. Wer in ihrem Rahmen Kultur schafft, erhält lediglich den Zustand, welchen wir heute vorfinden. Nicht einen Fuß breit werden diese Kulturen noch voranschreiten, und damit haben sie das kennzeichnende Merkmal menschlicher Intelligenz verloren, die Welt aus Einsicht heraus zu formen.

Wer Augen hat zu sehen, der weiß, daß er in unseren modernen Gesellschaften Systemen gegenübersteht, welche das genaue Abbild von vernunftlosen Ökosystemen sind. Und genau so sollte man sich auch in ihnen bewegen, den Füchsen und Mäusen nicht unterstellen, daß sie Pläne gegen einen schmieden und den Bären aus dem Wege gehen.

Wer Augen hat zu sehen, der steht heute wieder wie die ersten Menschen vor der Welt. Es ist seine Aufgabe, Pläne zu schmieden und die Welt umzugestalten, eine Gegenwelt inmitten der ihn umbrandenden vernunftlosen Strömung aufzubauen.

Es ist zwecklos alternative Lebensentwürfe zu entwickeln oder zu versuchen, eine Gegenöffentlichkeit aufzubauen. Wäre es möglich, Menschen auf diese Weise zu etwas Neuem zu bewegen, so wären die heutigen Kulturen noch nicht ausgewachsen oder, um es deutlicher zu sagen, dann hätte sich im Spiel mit diesen Zügen noch kein Patt eingestellt.

Wer gut spielt, dem winkt rascher Gewinn.

Es ist diese Triebfeder, welche dafür sorgt, daß sich die wenigsten Menschen, trotz des geahnten Patts, radikaleren Ansätzen zuwenden. Doch mittlerweile heißt das Zeit und Energie zu verschwenden.

Im Regelwerk unserer Gesellschaften können wir nicht mehr weiter kommen, aber wenn wir einen Schritt zurücktreten und sie als etwas vernunftloses und zwangsläufiges betrachten, dann schon. Dann können wir uns, langsam zwar und schwach, Schritt für Schritt wieder in eine andere Richtung bewegen.

Wer heute kulturell mit bleibender Wirkung tätig sein möchte, der darf weder Einsamkeit noch Nähe scheuen, der muß in Beschränkung auf das Tragfähige eine Welt schaffen, welche zunächst ihn selber trägt, um aus ihr heraus für das sich aus allen freien Anstrengungen gemeinsam ergebende Projekt einer stetig wachsenden Gegenwelt zu werben.

Die Regeln freien Zusammenlebens sind einfach genug, die Schwierigkeit besteht im Übergang.

Warum ist das so?

Weil jeder Mensch zunächst seine eigenen Abhängigkeiten berücksichtigt und sich absichert, ein Unfreier also immer daran denkt, wie er andere unfrei hält, damit er seine Abhängigkeiten nicht zu fürchten braucht.

Das sind die Fesseln, in welche wir uns gegenseitig geschlagen haben, und nur wenn wir uns gleichsam zusammenziehen oder genügend abspecken, werden wir es schaffen uns aus ihnen zu befreien.

Und natürlich wird das lange dauern, Zoll für Zoll müssen wir unser Haupt aus der Schlinge ziehen.

Aber das, worum es geht, ist nichts weniger als weiterhin Mensch sein zu dürfen.

Ich spielte mit dem Gedanken, ein Forum einzurichten. Vernetzung ist ab einem bestimmten Punkt auch sinnvoll (freilich für mich noch lange nicht), allerdings ist ein Forum deshalb keine gute rechtliche Form, weil der Forumsbetreiber für sämtliche Inhalte haftet. Diese Art Zentralisierung muß man vermeiden, Hyperlinks helfen dabei und Verweislisten zusammenzustellen ist auch weniger Arbeit als ein Forum zu moderieren.

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13. Oktober 2010

Wessen es bedarf

Kann eine Gesellschaft ein Ideal verfolgen, ohne daß sie eine substantielle Zahl an Bürgern enthält, welche sich naturgemäß zu ihm hingezogen fühlen?

Kann man Ehrsüchtigen wissenschaftliche Traditionen anvertrauen?

Oder Herrschsüchtigen?

Oder Herrschsüchtigen die Ehrung eines allgemeingültigen Ehrenkodexes?

Oder kann man dem Herrschsüchtigen nur darin vertrauen, daß er das Gesetz aufrecht erhält, weil er es braucht, um seinem Leben Sinn zu geben, damit das einmal Gewonnene nicht über Nacht entwendet werde?

Dem Ehrsüchtigen darin, daß er die Allgemeingülitgkeit des Ehrenkodexes ehrt, damit auch er als solcher in Zukunft verehrt werde?

Und nur dem Einsichtsliebenden darin, daß er auf die wissenschaftlichen Traditionen die nötige Sorgfalt verwendet?

Und wer diese Fragen nicht zu beantworten weiß, wenn er mit der Regelung des Staatslebens betraut ist, muß er den Staat dann nicht ins Unglück stürzen?

So ruht die Kultur eines Staates also auf dem Wesen und der Einsicht seiner Bürger, denn stärker noch als ich es von den Süchtigen und Liebenden schrieb, gilt das Vorherige für die in ihrem Denken auf diese Bereiche Beschränkten.

Insbesondere ist Sinnfindung ein intellektueller Vorgang, welcher stärker durch den geistigen Horizont beeinflußt ist als durch die eigene Vorliebe.

Der einfacheren Übersicht halber sei aber im Vorigen angenommen, daß Horizont und Vorliebe zusammenfallen, denn es geht hier nicht um Vollständigkeit, sondern um Anschaulichkeit.

Freilich muß ich diesen Einwurf an dieser Stelle machen, um auf die vierte Komponente einer Kultur übergehen zu können, da ihr nur ein geistiger Horizont entspricht und keine Vorliebe.

Wir sind uns bewußt, daß unsere Stellung zur Welt, unser Umgang mit Not durch Vertrauen, nicht Ohnmacht ist, sondern Macht. Lieben freilich können wir die Not nicht, weil sie gerade als Gegensatz zu unserem Willen definiert ist. Derartiges anzunehmen, hieße also einen kategorischen Fehler zu machen.

Aus diesem Bewußtsein heraus, daß unsere Stellung alles ist, unser höchster selbst gelebter Lebenssinn, denn ihn gegen die Fortpflanzung auszuspielen führte zu nichts, ergibt sich der Zwang zur Freiheit, sich in die Lage zu versetzen, seine Ideale in die Welt strömen zu lassen und sich zu diesem Zweck zusammenzuschließen, also Selbstbestimmungsbünde zu bilden oder auch, wenn man den Blick auf's Praktische richtet, Bereitschaftsbünde, denn darauf läuft es immer hinaus, wenn denn ein solcher Bund überhaupt etwas wert sein soll.

Freilich, wie auch sonst, kann eine Gesellschaft nur dann durch solche Bünde mitgeprägt werden, letztlich sind sie nichts weiter als Orden, wenn sie entsprechende Bürger besitzt. Hierarchische Ansprüche aus Orden heraus auf Außenstehende sind nicht ungewöhnlich, und zumeist auch leicht umzusetzen, indes schlecht für ihre Substanz, denn sie verleugnen dadurch ihr innerstes Wesen als Gemeinschaft zur Selbstbestimmung. In einer offenen Gesellschaft kommt Orden vielmehr die Rolle des Kulturschaffenden zu, und auch nur ihnen, wie man an der heutigen kulturellen Entwicklung unschwer erkennen kann.

Historisch bestehen Beziehungen zwischen Nationen und Orden, welche sich behutsam weiterentwickeln ließen, doch das ist reine Träumerei, denn das Ansinnen der heute Mächtigen ist es, sämtliche Orden entweder auszumerzen, oder, wo das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist, ihnen jedenfalls Fesseln anzulegen und vor allem anderen zu verhindern, daß sich neue Orden bilden, wozu von ihnen auch schon Gegenorden mit Geburtsfehlern gegründet worden sind, um ideologische Energie abzuziehen.

Schätzungsweise 50% der Arbeit der CIA richtet sich gerade auf solche Dinge an der Heimatfront, um die Interessen der Besitzenden zu schützen, was keinesfalls verwunderlich ist, sondern in der von mir bereits zuvor beschriebenen Feindschaft zwischen Orden und Ständen wurzelt.

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7. Oktober 2010

Der Umgang mit dem Holocaust im größeren Zusammenhang

War Adolf Hitler ein Märtyrer der katholischen Sache?

Objektiv gesehen war er es wahrscheinlich, nicht per se, aber durchaus in seiner Funktion im heutigen moralischen Konsenz.

Ganz offen wird behauptet, daß nach dem Holocaust nichts mehr so sein dürfe wie vorher, und was damit gemeint ist, gleich ob es dem, wer es sagt nun bewußt ist oder nicht, ist, daß das Anrecht des Individuums darauf, die letzte moralische Instanz zu sein, erloschen ist.

Ja, wenn man es so sagt, scheint es natürlich im krassen Gegensatz zu all den Beteuerungen des Individualismusses, welcher unsere Zeit ausmacht, zu stehen, und welche üblicherweise von genau denselben Personen hervorgebracht werden, welche sich so über den Holocaust äußern, nur ist dieses, was nicht mehr sein darf, das Vertrauen darauf, daß die Menschen aus eigenem Antrieb zum Guten in Freiheit und Stolz auf die eigene Leistung die Gesellschaft zum Besseren gestalten werden.

Und wieviele haben schon vergessen, daß Menschen an die 200 Jahre lang unter Beweis gestellt haben, daß sie dazu fähig sind?

Individualismus wird heute, planmäßig, muß man annehmen, gegen Moral ausgespielt. Den Menschen wird Individualismus zugestanden, aber nur um schlechte oder bestenfalls törichte Dinge zu vollbringen, absehend, daß die Gegenreaktion auf dieses Treiben darin bestehen wird, den Anspruch der katholischen Kirche auf die moralische Aufsicht über alle Europäer zu unterstützen.

Strukturell sind wir durch schlechte Ersätze wie den Zentralrat der Juden heute schon daran gewöhnt, daß obersten moralischen Instanzen Folge geleistet wird.

Dies sind aber Ablenkungen, es geht nicht um die Krümel, sondern um den Kuchen. Es geht um den durchschnittlichen Europäer, nicht um all die Minderheiten, welche heute dermaßen ins Rampenlicht gerückt werden.

Wir müssen uns klar darüber sein, wohin wir treiben, um unsere Kräfte sinnvoll darauf verwenden zu können, uns das zu bewahren, was uns die Strömung nicht von selbst beschert, und das ist, so viel ist klar, unsere Freiheit und die Grundlagen unserer Freiheit, Wissen und darauf aufbauend eine unverdorbene Gesinnung. Diese beiden sind weit wichtiger als die materielle Freiheit und zu ihrer Bewahrung ist nichts wichtiger, als die moralische Autorität anderer anzuerkennen, sie nicht wie Kinder zu behandeln, welche ihr Leben nicht zu leben wissen, sondern wie Erwachsene, welche noch stets aus ihren Fehlern lernen werden und den Weg zu sich selbst finden und beschreiten werden.

Selbstverständlich wendet sich der Gesetzgeber heute mit aller Macht gegen dieses Prinzip, aber weit wichtiger als er sind die Bürger selbst in ihrem täglichen Umgang mit einander.

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3. Oktober 2010

Der Weg zur Knechtschaft von Friedrich A. Hayek

Es ist durchaus interessant, dieses Buch einmal zu lesen. Ich bin zwar nicht der Meinung, daß die Kenntnis des Diskussionsstandes in dieser Angelegenheit einen Vorteil für die geistige Auseinandersetzung mit den politischen Herausforderungen der Gegenwart darstellt, wie es übrigens fast ausnahmslos mit populären Diskussionen der Fall ist, welche leider fast ausnahmslos gerade dadurch populär werden, daß sie es einem erlauben weiterzudiskutieren, anstatt klare und umfassende Gedanken zu vermitteln, welche zur Tat streben, aber wenn auch nicht umfassend, so ist der Text doch klar und vermittelt eine Begrifflichkeit, mit deren Hilfe sich die politische Entwicklung der letzten 100 Jahre ordnen läßt, was immerhin den Vorteil hat, politisch motivierte Verdrehungen von Fakten leichter als solche zu erkennen.

Ärgerlich ist hingegen Hayeks Hasenfüßigkeit, wenn es darum geht, auch nur irgendeinen Gegenstand einmal gründlich durchzudenken, da müssen entweder Statistiken herhalten oder er bricht den Gedanken gar mit dem Hinweis auf Vorstellbarkeit ab, so bei der Frage, ob sich eine Demokratie mittelfristig gegen die Freiheit wenden könne. Wenn sie nur homogen und indoktriniert genug ist, kann Hayek sich das vorstellen. Offenbar weil er gedankenfaul genug ist, nicht in seiner Vorstellung mit einzubeziehen, daß diese Wendung gegen die eigene Freiheit zwangsläufig Homogenität und Indoktrination aus der Welt schaffen wird.

Wesentlicher für Hayeks Argumentation ist natürlich das Marx'sche Postulat von der Konzentration des Kapitals. Widerlegen tut er es nicht, er ist nur nicht überzeugt. Es wäre interessant zu wissen, ob er heute überzeugt wäre. Ich vermute allerdings nicht, denn in dieser Frage begeht er einen methodischen Fehler, sozusagen die Abweichung vom Paradies dem Teufel in die Schuhe zu schieben. Daß wirtschaftliche Macht sich ab einem bestimmten Punkt in politische Macht übersetzt und also ab diesem Punkt Oligopole, welche sich zuvor im freien Spiel der Kräfte begannen herauszukristallisieren, einen kräftigen Wachstumsschub an Marktmacht dadurch erfahren, daß die Politik beginnt, sie nach Kräften legislativ zu unterstützen, nimmt Hayek als Beweis dafür, daß es eben nicht der Markt ist, welcher zu Oligopolen führt, sondern die Politik. Das ist eines von jenen Argumenten, welche man nicht widerlegen kann, wenn man nicht gerade allwissend ist, so wie Hitlers Argument, drei vagabundierende Arier hätten den Chinesen ihre Zivilisation gebracht.

Auf meinen Gedanken der systemischen Arbeitsmarktschieflage durch Effizienzsteigerung und Sättigung der Konsumbedürfnisse geht er nicht ein. Er war zu seiner Zeit wohl noch nicht formuliert worden und ihm selbst, so viel kann man zwischen den Zeilen herauslesen, wäre er aus verschiedenen Gründen nicht gekommen. Zum einen hält er sowohl die menschliche Natur als auch die menschlichen Bedürfnisse für unüberschaubar vielfältig, was, möchte ich sagen, in dieser Form durchaus auch stimmt. Allerdings manifestieren sich zu einer bestimmten Zeit der Weltgeschichte weder die gesamte menschliche Natur, noch die gesamten menschlichen Bedürfnisse, und das Supremat des Marktes formt sich einen bestimmten Typus Mensch, dessen Natur und Bedürfnisse innerhalb recht klar gesteckter Grenzen bleiben, einen Bereich, welchen Arthur Schopenhauer übrigens bereits zuvor hinreichend klar ausgeleuchtet hatte, als er von den drei Gütern des Konsums schrieb, von dem Lebensnotwendigen, von dem den Sinnen Gefälligen und von den Statusgütern.

Dessen eingedenk bin ich geneigt Hayek auszulachen, wenn er Lord Acton's „höchste Ziele der bürgerlichen Gesellschaft“ zitiert, im Klartext nichts anderes als Kartoffeln, Seide und der sexuelle Zugriff auf Kinder, ohne dafür belangt zu werden, wie man's exemplarisch an Roman Polanski gesehen hat, welchem wir für diese Offenlegung sogar dankbar sein müssen.

Zum anderen ist Hayek selbst noch durch die Monarchien in Deutschland und Österreich geprägt und assoziiert daher mit gewissen Umgangsformen, Kleidungsweisen und Beschäftigungen gewisse Ideale und einen gewissen Geist, welcher weit über den konsumierenden Menschen hinausweist, was ihn also blendet und einer nüchternen Erkenntnis des Wertes des Konsums, welche dem störrischen Schopenhauer spielerisch gelang, beraubt.

Dies muß man also gegen Hayek sagen, und es ist hiermit geschehen. Ganz mit mir im Einklang äußert sich Hayek hingegen, wenn er unterstreicht, daß die beste Ordnung jene ist, in welcher Menschen einander nur dann von ihrer Freiheit zum Zwecke der Organisiertheit opfern, wenn es alle Beteiligten wollen und daß es vernünftigerweise viele solcher kooperativer Ebenen geben sollte, welche natürlicherweise, je spezifischer sie werden, an Umfang abnehmen.

Übrigens tut man Hayek sehr Unrecht damit, ihn mit Ayn Rand zu vergleichen. Weder hat er etwas gegen Mindestlöhne, noch etwas gegen Arbeitslosengeld, noch etwas gegen das staatliche Energiewesen oder den staatlichen Straßenbau, wobei 1944 offenbar die ganze Welt Hitler für seine Autobahnen bewundert hat, so daß er sich in diesem Punkt genötigt sieht abzuwiegeln (Brauchen die Deutschen doch eigentlich gar nicht. Wo sind denn die Autos, die darauf fahren sollen?) Er wendet sich ausschließlich gegen solche staatliche Maßnahmen, welche darauf abzielen, den Wettbewerb dort, wo er funktionieren kann, zu bekämpfen, also dortige Subventionen in allen ihren Formen. Ja, wenn man es genau nimmt, so sagt er noch nicht einmal etwas gegen die Planwirtschaft heute, da wir Computer und Datennetze haben und somit sehr wohl die Möglichkeit zur zentralen Planung der Wirtschaft in Echtzeit. Überhaupt argumentiert er auf eine Art und Weise, nämlich ergebnisorientiert und offen gegenüber den verschiedensten Lösungsansätzen, wie es heute niemand mehr tut. Wenn Hayek sagt, daß es schändlich sei, etwas, das einem guten Zweck dient und bewerkstelligbar ist, nicht anzugehen, so redet er ganz offensichtlich von einer anderen Zeit. Damals konnte man dies noch gesellschaftlich einfordern, jedenfalls in Deutschland und Europa, nicht immer mit der klarsten Erkenntnis der zu erwartenden Schwierigkeiten, aber immerhin, heute hingegen sind an die Stelle der Edelkeit Paranoia und Eigennutz getreten. Hier zeigt es sich eben, daß ein neues (selbstverständlich älteres) Menschsein die Bühne der Welt betreten hat.

Natürlich ist es lustig, daß Hayek stärker für die soziale Marktwirtschaft eintritt als die heutige SPD in ihrer Konzernverbundenheit, letztere sich aber als deren Verteidigerin gerade gegenüber Anhängern Hayeks brüstet, welche zumeist nicht mehr als seinen Namen kennen. Aus Hayeks Perspektive ist das Verhalten der SPD hingegen nur konsequent, das Vorstadium der Planwirtschaft, wobei Hayek, wenn er ehrlich wäre, wohl zugeben müßte, daß nicht alles auf Planwirtschaft, sondern alles auf die Oligarchie der Reichsten hinausläuft, welche er nur deshalb als Vorstadium der Planwirtschaft bezeichnet, weil er nicht glaubt, daß eine solche Mischlösung aus Planwirtschaft und Marktwirtschaft, welche weder die Vorteile des Wettbewerbs noch die eines abgestimmten Planes besitzt, bleibend sein könnte. Was er übersieht ist wie gesagt, daß die Bürger einer solchen Gesellschaft keine Hayeks mehr sind, ja noch nicht einmal mehr Hitlerjungen, sondern paranoide Egoisten, welche zu systemischer Gestaltung unfähig sind.

Wie immer kann man sich die Wahrheit dieser Behauptung nirgends besser verdeutlichen als in den Vereinigten Staaten, welche die Welt auf der von ihnen entworfenen Bahn anführen. Hayek wäre wahrscheinlich schockiert, wenn er sähe, wie es mit der menschlichen Reife jener bestellt ist, welche heute seinen Namen für ihre Sache benutzen. Aber das scheint in der Natur der Dinge zu liegen, kaum jemals machen seine Anhänger einem Autor Ehre, Schopenhauer ist da noch die glänzenste Ausnahme.

Nun gut, ich möchte meine Besprechung, welche sich auf die ersten fünf Kapitel stützt hiermit beschließen. Alleine die ersten Sätze des sechsten erwecken mir nicht unbedingt Lust, den Text weiterzulesen, da Hayeks prophetische Fähigkeiten nur mäßig sind und er sich zunehmend in eine Schicksalsgabelung hineinsteigert, welche uns heute nicht begegnet, derart, daß zwar all die Mißstände da sind, welche er beschreibt, aber zugleich auch all die Heilmittel, welche er zu deren Behebung vorschlägt, und wir weder in der von ihm beschriebenen Art unter diesen Mißständen leiden, noch eine realistische Hoffnung auf die Verbesserung unserer Verhältnisse durch jene Heilmittel besitzen.

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