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22. August 2010

Eine kleine Verbesserung

Ich behauptete vor nicht allzu langer Zeit (http://bereitschaftsfront.blogspot.com/2010/07/kleine-kartographie-des-bewutseins.html) einen Zusammenhang zwischen Nöten und Schicksalswendungen, welcher, obzwar er existiert, nicht direkt in dieser Form im Bewußtsein vorgefunden wird und es also nicht verdient, neben den übrigen dort vorgefundenen Zusammenhängen aufgeführt zu werden.

Nöte freilich finden wir in unserem Bewußtsein, Schicksalswendungen hingegen nicht. Was sich allerdings anstelle der Schicksalswendungen dort findet sind Stellungen zu geschichtlichen Prozessen, derart daß wir uns einer Rettung aus einer Not anvertrauen, wobei Not hier wohl etwas freier aufgefaßt werden sollte, als es zu geschehen pflegt. Auch wenn einige dieser Stellungen zunächst kaum nach Not aussehen, findet man sie schließlich stets in ihren Anfängen.

Es ist dies das mächtigste Mittel zur Lenkung der Koexistenz, und es ist weit mehr als ein Kräftemessen, es ist die Bemühung des göttlichen Ratschlusses. Der Teil des Bewußtseins aber, in welchem sich diese Stellung vollzieht und welcher zur Schönheit strebt, mag wohl besser Vertrauen als Wesen heißen.

Dennoch, das Gefühl, daß es mit der eigenen Existenz eine tiefere Bewandtnis habe, gehört gerade zu diesem Teil, und die unausgesprochene Frage, welche in diesem Gefühl steckt, ist die Frage danach, wie man sich stellen sollte.

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7. August 2010

Vom Geist, der stets verneint.

Was ist das Geheimnis der Entwicklung Europas?

Liegt es in der Natur der Europäer, ihrem Charakter, ihrer Intelligenz oder liegt es an der Topologie des europäischen Kontinents, seiner Unterteiltheit?

Das spielt alles eine Rolle, aber der eigentliche Grund für Europas Entwicklung besteht darin, daß dem Element des Chaos in Europa Raum gelassen wurde.

Unter einer chaotischen Kraft verstehe ich eine zufällig agierende, ziellose Kraft, welche die bestehende Ordnung angreift. Ein solcher Angriff kann aber gar nicht anders geführt werden, als daß gesellschaftliche Verbindungen aufgelöst und nicht wieder neu geknüpft werden, was wiederum praktisch nicht anders von statten gehen kann, als daß Instanzen der herrschenden Ordnung von Menschen besetzt werden, welche sich anderen Kreisen zugehörig fühlen als dem Kreis derjenigen, welche sie hüten. Und Kreise, welche aus bloßem Eigennutz solche Angriffe führen, agieren, vom Standpunkt der herrschenden Ordnung aus, auch zufällig und ziellos.

Mit anderen Worten hat es in Europa Tradition, ordnungsrelevante Stellen liberal zu besetzen, liberal vom Standpunkt der herrschenden Ordnung aus, soll heißen, daß Europa traditionell eher lasch Gesinnungsprüfung betreibt und daß aus dieser Nachsicht eine stete Tendenz zur Auflösung bestehender gesellschaftlicher Verbindungen folgt, welche natürlich durch Anstrengungen zur Knüpfung neuer Verbindungen bekämpft wird, woraus sich Entwicklung ergibt.

Wenn man den Blick auf's Ganze richtet und sich fragt, was diese Laschheit in den letzten 2000 Jahren bewirkt hat, so lautet die Antwort, daß der stete Zwang, sich neu einzurichten, dazu geführt hat, daß die öffentliche Diskussion von Vernunft und der geschichtlichen Perspektive bestimmt wird. Nun mag jemand einwenden, daß es im Moment nicht gerade danach aussieht, aber im Vergleich zu vor 2000 Jahren, wenn man Europa als Ganzes betrachtet, gilt es schon. Und durch diese Elemente der öffentlichen Diskussion haben sich unsere Gesellschaften von fremdbestimmten zu selbstbestimmten Gesellschaften gewandelt.

Nun ist aber die heutige Zeit ein besonderer Fall. Die jetzige, auslebensorientierte Elite wurde durch dieses spezifisch europäische chaotische Element an die Macht gespült und weiß das auch. Sie glaubt indes, daß es speziell ihr Diener ist und ihr dabei helfen wird, ihren Machtbereich noch weiter auszudehnen. Das ist aber nicht der Fall, denn dieses Element wirkt nur im europäischen Machtbereich und dort prinzipiell gegen die gerade herrschende Ordnung. Da die herrschende Ordnung aber glaubt, daß es ihr Diener sei, versucht sie noch nicht einmal, sich ihm in den Weg zu stellen, wie es zuvor jede Ordnung tat, wenn sie ihre eigene Bedrohung spürte, sondern hat effektiv aufgehört, auf die chaotischen Ereignisse, welche ihre Herrschaft zerreissen, überhaupt noch Einfluß nehmen zu können.

Neue Verbindungen zu knüpfen ist, wie stets, wieder Aufgabe der anderen Europäer. Darin liegt natürlich eine Chance, aber zugleich auch eine endgültige Anforderung, denn aufgrund der sich verschiebenden globalen Machtverhältnisse kann sich Europa in absehbarer Zeit die eigene Selbstauflösung zum Zwecke weiteren gesellschaftlichen Fortschritts nicht mehr leisten. Gestaltete Europa indes eine Friedensordnung, so würde sie von allen, welche dazu prädisponiert sind, auf ihre Weise übernommen. Um jene, welche dazu nicht prädisponiert sind, braucht man sich keine Sorgen zu machen, sie folgen einfach auch weiterhin ihrem alten Trott, welcher ipso facto keinen Grund zur Beunruhigung darstellt.

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