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17. April 2016

Solaris (1972)

Ein flüchtiger Blick auf mein Haus genügt wohl, um den Verdacht zu nähren, daß mir dieser Film etwas bedeuten könnte.

Vorgestern habe ich mir endlich die baltische Ausgabe gekauft, und seitdem habe ich die meiste Zeit darauf verwendet, englische Untertitel anzupassen.

Das Ergebnis ist passabel - einstweilen. Ich schrieb bereits vor längerer Zeit (auf der I.M.D.B.) eine Kritik zu Solaris, in welcher ich mir Snauts Standpunkt zu eigen machte, zu offensichtlich sind die Mängel in Kelvins und Sartorius' Denken.

Aber so einfach ist es nicht, der Film verweist auf eine tiefere Inkongruenz menschlicher Existenz, denn die Selbstbeschränkung, die Einrichtung im menschlichen Kreis genügt auch nicht. Das Unbekannte muß angegangen werden, auch wenn sich seine Gesetze prinzipiell nicht wissen lassen und seine Ausformungen prinzipiell nicht kennen, womit es sich auch erübrigt, sie alle zu lieben.

Die baltische Version ist heller als die Criterion-Version, der Bildausschnitt etwas schmaler, das Bild wirkt analoger, die Farben sind weniger stark nachbearbeitet, einige Sequenzen sind länger, das Tempo etwas höher, der Gesamteindruck ist weit gegenwärtiger und weniger traumhaft.

Es gibt viele Stellen im Film, an welchen einen Gefühlsausbrüche überkommen, Dinge betreffend, welche sich um die Haltlosigkeit der Liebe drehen, die Ungewißheit ihrer Wirkung, ein Vater, dessen Sohn sich nicht für seine Anliegen interessiert, und ihn einsam in einem tiefen Schacht zurückläßt, eine Frau, derem Mann ihre Liebe nichts mehr bedeutet, verstoßen in weiter Öde.

In solchen Fällen hilft nur Besinnung und befohlene Zuversicht - wohl dem, der die Naturgemäßheit dessen in allen seinen Fasern spürt.

Daneben gibt es noch Haris Geschichte der Selbstabstoßung, ihr Streben danach, mehr Hari zu sein, als Kris es wünscht, und an seiner Unerfüllbarkeit zu scheitern - die Würde aller Schöpfung, einmalig zu sein, unersetzbar, nicht in Begriffe auflösbar, alleine schon deshalb Mittel zu einem Zweck, Figur in einem Spiel, und dazu wird auch Hari Nr. 2, ungeachtet ihrer Herkunft.

Tarkowski besitzt ein außergewöhnliches Gespür dafür, Dinge, welche leicht der Lächerlichkeit anheimfallen könnten, frappierend darzustellen, bis hin zu Kunstkristallen an Schnüren, welche an einem Kronleuchter schwingen, wiewohl er an der Stelle die Grenze seiner Kunstfertigkeit erreicht. Aber das Gras im Wasser, Kris im Unkraut, das Interieur der Raumstation, in all dem zeigt sich ein einzigartiges Beobachtungsvermögen.

Post Scriptum vom 18.4.2016.  Ich habe es geschafft, die Untertitel anzupassen. Die Untertitel von Rotten für die Criterion-Ausgabe passen, wenn von allen Zeiten bis einschließlich I don't like innovation. 3,5 Sekunden abgezogen werden und dann zu allen Zeiten beginnend mit der Einblendung für den zweiten Teil 4 Sekunden dazu addiert werden. Anschließend müssen die Untertitel um 18 Sekunden vorgezogen und mit 23,975 fps abgespielt werden.

Die Klangeffekte spielen übrigens sicherlich auch eine Rolle bei der Wirkung des Films, ich finde sie ausgezeichnet, ebenso wie die Einbettung von Bachs Musik.

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