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24. Dezember 2017

Vom Recht der Natur

Es ist gefährlich, das Gute inhaltlich festlegen und lehren zu wollen. Allemal besser ist es, die Einsicht in das Gute zu befördern. Der Grund hierfür ist, daß sich das Gute mit der Situation zugleich beliebig fein verästelt, so daß selbst bei korrekter Analyse und Bewertung nie mehr als ein grober Überbau entstehen kann, welcher das Gute in unzähligen konkreten Fällen verhöhnt.

Eine der Moden der Gegenwart, welche so weit verbreitet und von so anhaltender Beliebtheit ist, daß sie gar nicht als solche erkannt wird, besteht darin, sich dem Guten über die Frage Wäre es nicht schön? zu nähern.

Auf diese Weise läßt sich mit recht einfachen Mitteln ein Bild des gesellschaftlichen Lebens entwickeln, welches in sich stimmig ist und in allen seinen Teilen große Güte ausstrahlt.

Das Problem mit diesem Ansatz ist nur, daß es unter häßlichen Voraussetzungen nur häßliche Lösungen gibt, so daß er in allen seinen Schritten gezwungen ist, Schönheitsannahmen zu machen, oftmals auch implizit, ohne das geringste Bewußtsein des Vorausgesetzten zu besitzen, um zu seinem Ziel zu finden.

Werden solche Systeme gesetzlich kodifiziert, wird die Behandlung des Häßlichen in vielen, bei Vollkommenheit des Systems sogar in allen Fällen unter Strafe gestellt. Dabei ist es natürlich nicht so, daß das System die Existenz des Häßlichen leugnen oder es im konkreten Fall nicht erkennen würde, nur findet die ihm zugedachte Behandlung außerhalb seiner statt, und zwar unter den Vorzeichen der Pathologie, unter welchen die Freiheit des Betroffenen keine eigene Schönheit besitzt, weshalb er für gewöhnlich für den Rest seines Lebens unter Drogen gesetzt wird, was die häßlicheren Maßnahmen der Vergangenheit mittlerweile größtenteils verdrängt hat.

Jede Gesellschaft, welche sich dem Schönen auf diese Weise nähert, ist also auch eugenisch, bewirkt durch den ansatzbedingten Schnitt den erblichen Zuschnitt ihrer Mitglieder, und zwar durch Maßnahmen, welche denjenigen, welche außerhalb dieses Zuschnitts stehen, im höchsten Grade häßlich, um nicht zu sagen teuflisch, erscheinen, weshalb es geradezu naturgesetzlich ist, daß eine solche Gesellschaft schließlich in einen genozidalen Gegensatz zu anderen Gesellschaften gerät.

Wohlgemerkt, der Grund dafür besteht nicht im nämlichen Zuschnitt, sondern einzig in der unbeirrt verfolgten hypothetischen gesellschaftlichen Schönheit, und wenn man die Sache einmal in Ruhe erwägt, sollten hypothetische gesellschaftliche Schönheit und Genozid auch hinreichend artverwandt erscheinen, entfernen sich doch beide von der bestehenden Natur.

Ich habe derartige gesellschaftliche Tendenzen stets auf die leichte Schulter genommen, im festen Vertrauen darauf, daß die allgemeine menschliche Natur stets als das zuverlässigere gesellschaftliche Fundament erscheinen wird als jede wie auch immer geartete Norm, aber es mag durchaus sein, daß ich die Heerscharen derer, welche sich schon längst an die Norm halten, schlicht ignoriert habe.

Die Kirchen scheinen mir diesbezüglich aber ein doppeltes Spiel zu treiben. Einerseits lassen sie ein stillschweigendes Einverständnis mit der Methode des Herbeiphantasierens der Schönheit erkennen, aber andererseits lehren sie diese weder, noch gehen ihre eigenen Taten in diese Richtung, vielmehr im Gegenteil, die Kirchen unterminieren geradezu durchweg die Norm. Mag gut sein, daß sie ihr Gewicht weit ernster nehmen als ich.

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