Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

11. November 2007

Einleitung

Wir schreiben, damit unsere Nachfahren sich durch unser Verständnis verstehen. Wir leben, um unsere im mühsamen Ringen angenommene Selbstentsprechung zu vererben.

Wir, das sind die Außenstehenden, die Fremden, welchen das Geheimnis der Erfüllung der uns Umgebenden versperrt ist. Wir sind die auf sich allein Gestellten, einzig dazu getrieben unserem Wertempfinden Begriff und Körper zu geben. Wir sind die Ersten.

Uns folgen die Unseren nach, geeint durch unseren Abdruck in ihren Herzen, unseren Nachlaß und Beschluß, denn nur was wir beschließen erlangt jemals das Sein in eines Menschens Herzens Grund. So haben wir uns in langer Folge selbst gestaltet, und so werden wir es tun. Die uns Nachfolgenden, zwischen uns liegenden, treiben die Saat aus, verbreiten Einsicht, hinterfragen das Alte, schultern das Neue und ordnen das ihnen Anheimgegebene.

Das ist der Zyklus der Ideen, der Kultur, und jenes sind die Schicksale, welche in ihm liegen. Neue Einsicht allein kann ihn nie erneut beleben, denn seine Wurzel reicht stets in ein So-leben-Wollen. Noch viel weniger, selbstverständlich, verjüngt er sich durch die Erweiterung seines Herrschaftsbereichs. Nein, einzig durch den Kampf dessen, welcher um das Heil seiner Seele in einer diesem von Grund auf entgegenstehenden Welt kämpft, kann sich die Welt von Grund auf erneuern, denn ohne Pein bewegt sich gar nichts.

Wir wählen unser Schicksal nicht, niemand tut es, einem jedem wohnen Idealvorstellungen inne, deren Verletzung durch die eigene Erfahrung ihn tätig werden läßt, diese Verwundbarkeit macht uns, wie alle anderen, zu dem was wir sind. Und jeder Mensch muß zur Erfüllung seines Lebens sein vorbestimmtes Schicksal bewältigen. Soviel wenigstens sollte man wissen, auch wenn man noch nicht erkannt hat, welches das eigene Schicksal ist, was auch dadurch erschwert wird, daß einem die Phantasie zuweilen in die Irre führt. Natürlich gibt es hierbei ein paar allgemeine Regeln, aber jeder Erwachsene ist dieser Angelegenheit schon von alleine Herr.

Wer bin nun ich, welche sind meine Vorfahren, deren Erbe mir in der Brust schlägt? Welches ist mir selbstverständlich?

Daß die Erfahrung nichts ist im Vergleich zur Möglichkeit, der Besonnenheit Prinzip. Daß alles Lebende erkannt werden muß, um es gebührend zu achten, der Ehrfurcht Prinzip. Daß sich das eigne Leben dem allgemeinen Fortschritt unterordnet, der Progressivität Prinzip. Und wenn Du dies nun als mein Nachfahre liest, so wirst du ergänzen, daß es seliger ist, in einer Gruppe einander Möglichkeiten zu eröffnen, als dort Funktionen auszufüllen, der Bereitschaft Prinzip.

Besonnenheit ist nun von alledem die älteste Tugend und für das Verständnis der Welt auch die ertragreichste, da sie die Muße zur Einsicht schenkt. Und da ich hier nun schreibe, werden wir uns im folgenden also in Besonnenheit ergehen.

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