Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

24. September 2024

Verdrängungsinstinkte und ihre Ausnutzung

Die künstlichen Demütigungen bilden die Grundlage der Verdrängungsinstinkten der Geister:
  • Erregte verdrängen konkurrierende Vorhaben durch Aderlaß,
  • Fordernde konkurrierende Erfahrungen durch Gefährdung (insbesondere Schmähung) und
  • Gestimmte konkurrierende Haltungen durch Abschreckung (Rache).
Und während sich der Instinkt der Gestimmten, sich zu rächen, nicht ausnutzen läßt, können
  • Erregte gegen einander ausgespielt werden, indem einmal der eine und das andere der andere unterstützt wird (siehe Star Trek: Day of the Dove), und
  • Fordernde gegen einander aufgewiegelt.
Um letzteres besser zu verstehen, seien die drei Effekte der Gefährdung betrachtet. Von ihnen gefährdet
  • gebietet die Umsicht die Fordernden zu ehren, also ihre Interessen zu berücksichtigen, um sie sich gewogen zu erhalten,
  • ist es den Fordernden möglich, Unwürdige abzusägen, wenn es die Einsicht gebietet,
  • gebietet die Vorsicht den Fordernden im gegenseitigen Umgang Zurückhaltung.
Letzteres ist der Grund für die Existenz der Würde, das heißt den durch den sozialen Status bedingten Verzicht darauf, sich zu bestimmten Themen zu äußern: Oh nein, gnädiger Herr, ein einfaches Mädchen wie ich macht sich doch keine Gedanken darüber!, und wenn ein Schüler seine Mitschüler nicht hinreichend ehrt, indem er sich dem Lehrer gegenüber nicht hinreichend zurückhält, ist er ein Streber, und ein Soldat ein Brenner, wenn er es dem Gruppenführer gegenüber nicht tut, und also ist eben auch die Magd, welche den gnädigen Herrschaften zu ausführliche Antworten gibt, bei den anderen unten durch.  Wenn es sich also so verhält, ist dann jener würdevoll, welcher zu allem seinen Mund aufmachen darf, oder aber ein Komiker.

Um die Zurückhaltung geht es aber in erster Linie nicht, die Hauptgründe für die Gefährdung bestehen darin, von den Andern geehrt zu werden und Versager absägen zu können, und an letzterem entscheidet es sich, ob man ausgenutzt wird, das heißt daran, ob man selbst bestimmt, was Versagen darstellt, oder ob es jemand anders tut, indem er die Leute aufwiegelt.

Das heißt, jeder, der ein Versagen anspricht, wiegelt natürlich auf, aber wenn die Gefährdung ausgenutzt wird, werden bestimmte Versagen ganz schnell fallen gelassen und andere auch dann weiterhin angeprangert, wenn die Leute mehrheitlich mit dem Kopf schütteln oder den Achseln zucken.

Sechs der acht Milliarden Menschen auf diesem Planeten sind Fordernde, und sie eignen sich ganz vorzüglich zur Kriegsführung, wie Platon bereits vor 2500 Jahren mit Bezug auf die Thraker feststellte und an der folgenden Überlegung in der Politeia verdeutlichte:
Dünkt dich nun auch dies noch nötig für einen, der sich zum Wächter schicken soll, daß er nächst dem Eifrigen auch noch [376a] philosophisch sei von Natur? - Wie doch? sprach er; denn ich verstehe nicht. - Auch dieses, sprach ich, kannst du an den Hunden sehen, und es ist gewiß sehr wunderbar an dem Tiere. - Was doch? - Sowie es einen Unbekannten sieht, ist es ihm böse, ohne daß jener ihm zuvor irgend etwas zuleide getan; wenn aber einen Bekannten, ist es ihm freundlich, wenn er ihm auch niemals irgend etwas Gutes erwiesen. Oder ist dir das noch niemals aufgefallen? - Ich habe, sagte er, bis jetzt eben noch nicht darauf gemerkt; aber daß sie es so machen, ist offenbar. - Aber dies ist doch gewiß eine herrliche Beschaffenheit seiner Natur und wahrhaft philosophisch. - Weshalb doch? - Weil er, sprach ich, an nichts anderm einen befreundeten Anblick und einen widerwärtigen unterscheidet als daran, daß er den einen kennt und der andere ihm unbekannt ist. Wie sollte aber wohl nicht lernbegierig sein, wer durch Kennen oder Nichtkennen das Verwandte und Fremdartige bestimmt? [Macht jeder.] - Auf keine Weise, sagte er, kann es anders sein. - Und, sprach ich, lernbegierig und philosophisch ist doch dasselbe? [Gerade so wie Kennen und Verstehen dasselbe sind.] - Freilich dasselbe. - Also wollen wir kühnlich auch für den Menschen festsetzen, wenn einer seiner Natur nach nur gegen Angehörige und Bekannte sanftmütig sein soll, müsse er auch philosophisch und lernbegierig sein? [Und daran gehindert werden, Philosophie und Lernbegier nachzugehen, es sei denn, daß er sich von Natur aus zurückhält, bis ihm die Erlaubnis dazu gegeben wird; wie ein wohlerzogener Hund.] - Das wollen wir festsetzen.
Warum sich also nicht Fordernde zu deren Aufwiegelung, gerade wie Hunde, halten? Ich denke aber, daß es Fordernde vorziehen, selbst zu bestimmen, woran sich ihre Würdenträger versuchen, anstatt zynische Aufwiegelungen über sich ergehen zu lassen.

Labels: , , , , , , , , , ,