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8. Oktober 2019

Die Formen der passiven individuellen Abhängigkeit von der gesellschaftlichen Darstellung

Mit der gesellschaftlichen Darstellung sind die im gestrigen Beitrag beschriebenen Darstellungen gemeint. Und die passive individuelle Abhängigkeit ergibt sich daraus, sich von der gesellschaftlichen Darstellung leiten zu lassen.

Ich will aber nicht lügen. Die Grundlage für diesen Beitrag bildet ein Verlangen nach bestimmten Filmen, welches mich gestern abend überkam, und im speziellen nach Charade. Hepburn's Ausruf I feel like lots of people tonight. bringt den Kerngedanken dessen, worum es mir hier geht, vielleicht am besten auf den Punkt.

Allerdings hat es sich so ergeben, daß die Liste der sechs Filme, welche ich sehen wollte, auf geradezu lächerlich saubere Weise unter die drei Reaktionsmuster gebracht werden kann, und so werde ich die Angelegenheit nun also präsentieren.

Betroffenheit durch die gesellschaftliche Darstellung.
  • Aufgreifen einer Begeisterung, zu sehen in Charade.
  • Nachkommen eines Aufrufs, zu sehen in Never Say Never Again1.
Bedrängtheit durch die gesellschaftliche Darstellung.
  • Einfügung in eine Gesellschaft, zu sehen in The Whole Nine Yards.
  • Gesichtswahrung in einer Gesellschaft, zu sehen in Fletch.
Beholfenheit durch die gesellschaftliche Darstellung.
  • Einsetzung als eine Autorität, zu sehen in Ghostbusters II.
  • Anerkennung einer Autorität, zu sehen in 1941.
Die übrigen Fälle sind alle recht transparent, aber zu 1 muß ich etwas mehr sagen. Der Grundgedanke des Films ist, daß der Demokratie von Zeit zu Zeit der Hintern versohlt werden muß, damit sie, wie wenn eine wertvolle Statue ihr in die Arme gelegt wird, sich darauf besinnt, ihrer Verpflichtung zur Erhaltung der von ihr geschätzten Darstellung nachzukommen. Domino Petachi's plötzliche Gemahnung an ihre Pflicht ihrem Bruder gegenüber ist das menschliche Kernstück des Films.

Betroffenheit also durch Besitz und Verlust, Bedrängtheit durch Erwerb und Erhaltung und Beholfenheit durch den Empfang eines Amtes oder den eines Amtsträgers. Wie gesagt, geradezu lächerlich sauber.

Mir persönlich sind diese passiven Abhängigkeiten fremd, ich halte grundsätzlich nichts vom annehmlichen Geist, aber das war natürlich nicht immer so. Man wird in diese Welt geboren und gerät in diese Abhängigkeiten. Man versucht zurechtzukommen, aber dabei bemerkt man auch schon, daß der eigene Weg ein andrer ist, nicht passiv, sondern aktiv.

Es ist aber doch bemerkenswert, wie oft Filme die Prägbarkeit der Passiven aufgegriffen haben. Es ist ja fast so etwas wie eine Art Verspottung, wenn man bedenkt, welche Rolle Filme für die gesellschaftliche Darstellung spielen. Andererseits wird ein passiver Kinobesucher die Eindrücke eines passiven Leindwandhelden jedenfalls nachvollziehen können. Und jedes solche Nachvollziehen birgt Bedeutung. Innerhalb der dabei verfolgten Formen der Abhängigkeit. Geschichten von Abhängigen für Abhängige.

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