Erwartungsdivergenz
Ich habe mich gestern deswegen so zurückgehalten, weil mir das Wesentliche wichtiger als das Eindringliche ist, und wesentlich an der derzeitigen Situation ist die Ohnmacht, mit welcher der auf das Unverbindliche Hoffende die Entwicklung der heutigen Lage mitverfolgen muß. Ich hatte bereits dienstagabend einen Beitrag geschrieben, welcher sich bemühte, dies eindringlich darzulegen, welchen ich aber aus dem genannten Grunde nicht veröffentlicht habe und auch nicht veröffentlichen werde. Indes werden in ihm einige Aspekte berührt, welche es verdienen, grundsätzlich behandelt zu werden, und das möchte ich nun tun.
Ich hatte in der Nacht zum Montag schlecht geschlafen, mir wurde es Angst vor entfesseltem Ärger, der blinden Zerstörungsgewalt rollender Massen, welche das Impulserhaltungsgesetz auf der Bahn hält. Die Ereignisse des Dienstags verdichteten diese Ahnung zum Bild brechenden Eises, ich wählte zunächst das Bild eines kalbenden Gletschers, später dann aber wie dokumentiert das des Curlings, welches die ursprüngliche Angst besser einfängt und es erlaubt, auf den Grund des Geschehens, die Unverbindlichkeit der eigenen Verbindlichkeiten, zu sprechen zu kommen.
Doch im Bild des kalbenden Gletschers ist daneben eben noch der Riß enthalten, und dieser gehört zu den weiteren Aspekten, welche ich hier betrachten möchte: Eis ist glatt, und Eis kann brechen, und wenn es bricht, muß man es hilflos mitansehen.
Allerdings ist das, was wir gerade erleben, noch nicht der Abgang eines Eisbergs, sondern erst das verräterische Knacken vor demselben.
Eigentlich ist nicht viel passiert, die Schutzmacht aller Russen weltweit ist mit der Schutzmacht aller Türken weltweit zusammengerasselt. Dergleichen hat die Welt schon oft gesehen, und es war auch in diesem Fall vorhersehbar. Beunruhigend daran, knackend, sind die Details:
Nein. Aber wir treten dieser Erwartung nicht entschieden entgegen. Weder dadurch, daß wir eine alternative Zukunft erwarteten, noch dadurch, daß wir diese Erwartung in ihre aus unseren grundsätzlichen Erwartungen entspringenden Grenzen verweisen würden. Stattdessen ziehen wir es vor, diese Erwartung zu ignorieren - ja, bis es zuletzt knackt, und es sich zeigt, daß in ihr ein Handlungsimperativ von Abermillionen von Menschen entstanden ist.
Wir sind genauso eurozentrisch wie wir es vor 100 Jahren waren. Verständnis ist mehr als Verständnis für. Verständnis für ist ein Verständnis nach der Tat, wahres Verständnis hingegen versteht, was jemand als nächstes tun wird. Diesbezüglich scheinen wir hingegen zu glauben, daß der Rest der Welt staunend zuschaut, wie wir vor seinen Augen unsere Sandburg für ihn aufhäufen.
Nein. Auch diese Erwartung ist falsch. Ein Mensch muß seine Erwartungen prüfen und auch von anderen prüfen lassen, ebenso wie er die Erwartungen anderer auf den Prüfstand führen muß, denn sie bilden die Masse, welche die Menschen qua Impulserhaltungsgesetz auf ihren Bahnen hält, einerseits durch die Unterwerfung der Menschen unter ihre Erwartungen, andererseits aber dadurch, daß sie zutreffen, daß sie etwas ausdrücken, was durch das Wesen der Welt beschlossen ist.
Das ist der Sinn des
Ich hatte in der Nacht zum Montag schlecht geschlafen, mir wurde es Angst vor entfesseltem Ärger, der blinden Zerstörungsgewalt rollender Massen, welche das Impulserhaltungsgesetz auf der Bahn hält. Die Ereignisse des Dienstags verdichteten diese Ahnung zum Bild brechenden Eises, ich wählte zunächst das Bild eines kalbenden Gletschers, später dann aber wie dokumentiert das des Curlings, welches die ursprüngliche Angst besser einfängt und es erlaubt, auf den Grund des Geschehens, die Unverbindlichkeit der eigenen Verbindlichkeiten, zu sprechen zu kommen.
Doch im Bild des kalbenden Gletschers ist daneben eben noch der Riß enthalten, und dieser gehört zu den weiteren Aspekten, welche ich hier betrachten möchte: Eis ist glatt, und Eis kann brechen, und wenn es bricht, muß man es hilflos mitansehen.
Allerdings ist das, was wir gerade erleben, noch nicht der Abgang eines Eisbergs, sondern erst das verräterische Knacken vor demselben.
Eigentlich ist nicht viel passiert, die Schutzmacht aller Russen weltweit ist mit der Schutzmacht aller Türken weltweit zusammengerasselt. Dergleichen hat die Welt schon oft gesehen, und es war auch in diesem Fall vorhersehbar. Beunruhigend daran, knackend, sind die Details:
- daß die Türkei bereit war, einen jahrzehntealten NATO-Standard im Umgang mit Luftraumverletzungen aufzuheben,
- daß die Presse von Turkmenen statt von Türken an der Südgrenze der Türkei (und nicht etwa Turkmenistans) spricht,
- daß diese Keckheit nur Tage nach der Keckheit der Bejubelung der Attentäter von Paris in einem türkischen Fußballstadion geschah.
Nein. Aber wir treten dieser Erwartung nicht entschieden entgegen. Weder dadurch, daß wir eine alternative Zukunft erwarteten, noch dadurch, daß wir diese Erwartung in ihre aus unseren grundsätzlichen Erwartungen entspringenden Grenzen verweisen würden. Stattdessen ziehen wir es vor, diese Erwartung zu ignorieren - ja, bis es zuletzt knackt, und es sich zeigt, daß in ihr ein Handlungsimperativ von Abermillionen von Menschen entstanden ist.
Wir sind genauso eurozentrisch wie wir es vor 100 Jahren waren. Verständnis ist mehr als Verständnis für. Verständnis für ist ein Verständnis nach der Tat, wahres Verständnis hingegen versteht, was jemand als nächstes tun wird. Diesbezüglich scheinen wir hingegen zu glauben, daß der Rest der Welt staunend zuschaut, wie wir vor seinen Augen unsere Sandburg für ihn aufhäufen.
Nein. Auch diese Erwartung ist falsch. Ein Mensch muß seine Erwartungen prüfen und auch von anderen prüfen lassen, ebenso wie er die Erwartungen anderer auf den Prüfstand führen muß, denn sie bilden die Masse, welche die Menschen qua Impulserhaltungsgesetz auf ihren Bahnen hält, einerseits durch die Unterwerfung der Menschen unter ihre Erwartungen, andererseits aber dadurch, daß sie zutreffen, daß sie etwas ausdrücken, was durch das Wesen der Welt beschlossen ist.
Das ist der Sinn des
Ich richte euch nicht, sondern das Wort, welches ich zu euch geredet habe, wird euch richten.Wie ich schon sagte, es ist Zeit, euren Glauben zu finden und zu leben, das große Gericht, die praktische Frage nach dem Wert menschlichen Daseins, wirft seine Schatten voraus, aus seiner Not wird sich Trotz aufbäumen tausendfach und in tausend überkommenen Dingen Zuflucht suchen, und ihr, welche blind für sie seid, werdet zu eurem Schrecken erkennen, daß ihr auf Eis gebaut habt.
(Ich bin nicht gekommen, daß ich die Welt richte [...] Das Wort, welches ich geredet habe, das wird [...] richten.)
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