Bereitschaftsbeitrag

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19. September 2017

Vom Abhandensein der Stimmung

Es gibt zwei Gemütsverfassungen, in welchen uns unsere Stimmung abhanden kommt, also unterdrückt wird,
  1. die im Beitrag Die Weltenlieferanten der drei Seelenteile beschriebene Raserei,
  2. die Reduziertheit auf eine tierische Gegenwartserfassung.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Verfassungen besteht darin, daß sich die erstere in der Vorstellung ergeht, was auch den Grund für die Raserei darstellt, also daß sich sich der Geist immer weiter aufstachelt, weil das Gewicht des Folgenreichtums der Bewegung innerhalb der Wirklichkeit in der Vorstellung entfällt.

Reden wir an dieser Stelle aber über die verbleibende zweite Gemütsverfassung, das rein verstandesmäßige Gewahrsein, welches eine Einschränkung unseres Wachens ist.

Um vollständig wach zu sein, braucht der Mensch Ruhe, sowohl ausreichend viel Schlaf, als auch Lebensumstände, welche ihn nicht zur vordringlichen Bewältigung bestimmter Aufgaben zwingen.

Ein Umfeld, in welchem beides fehlt, ist die Armee, und ich erinnere mich noch gut an die geistlose Wachheit mit welcher ich bei der Übung im Feld von einer Deckung zur nächsten huschte, die selbe geistlose Wachheit, mit welcher ich später in den französischen Alpen die Felswand hochging, ohne auch nur einmal zu zaudern, nachdem ich die Nacht zuvor vielleicht drei Stunden geschlafen hatte.

In beiden Fällen war ich zu taub, um mich zu fürchten, zu gebannt, um mehr als den Raum um mich herum zu denken.

Und wenn man sich in diesem Zustand befindet, und man sich ins Gedächtnis ruft, daß man als Mensch eine persönliche Verantwortung für seine Entscheidungen trägt, fühlt man nichts als die Beklommenheit, der dazu notwendigen Qualifikation zu ermangeln, und verwirft sich selbst in dieser Funktion, indem man stattdessen wie ein Tier nach dem sich jeweils aufdrängenden Ausweg greift.

Schlafentzug wird von anderen mit Suggestibilität oder Gehirnwäsche in Verbindung gebracht; das ist übertrieben: der rein verstandesmäßig Gewahrende läßt sich leichter dirigieren, weil ihm der Sinn für die Tragweite seiner Taten fehlt, denn genau das ist die eigene Stimmung, aber geistig formbar ist er darum nicht, höchstens läßt er sich zu gewissen Kurzschlüssen provozieren, da ihm die leitende Übersicht fehlt.

Und was die derzeitige gesellschaftliche Lage betrifft, so wirkt es fast, als ob die Unterdrückung der Stimmung in systemisch relevantem Ausmaß zum Zwecke irgendeiner Manipulation das eigentliche Ziel der Politik ist, also die Menschen dazu zu bringen, eine politische Entwicklung mitzutragen, gegen welche sich ihr Seinssinn, ihr Bewußtsein dafür, als Menschen in der Welt zu sein, auflehnen würde, etwas, daß mich, so formuliert, an den Gang zum Schlachthof denken läßt, wiewohl ökonomische Pfostenverschiebungen vordergründig, und der tierischen Natur entsprechend, das wahrscheinlichere Ziel sind.

Was aber auch immer ihr Ziel wäre, eine solche Manipulation wäre offen blasphemisch und der Augenblick, in welchem auf dieses Fundament gebaut würde, der kanonische Moment der heiligen Auflehnung gegen sie: Gott gab den Menschen nicht Augen, damit sie sie sich ausstächen.

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