Bereitschaftsbeitrag

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12. September 2017

Vernunft im Verstand

- Ein Affe hat keinen Begriff von Wahrheit!

- Aber einen Begriff von Übereinstimmung hat er doch: Meinst du etwa nicht, daß ein Affe dazu gebracht werden könnte, den Kopf zu schütteln, wenn ihm ein Bild vor die Augen gehalten wird, welches seinen Käfig zeigt, nur mit einem Fehler darin? Und daß er sogar mit einem Finger auf den Fehler zeigen könnte?

- Und was eine Primzahl ist, könnte er wohl auch verstehen?

- Lege nur zwei Haufen Nüssen vor den Affen. Wird er etwa nicht vom größeren wiederholt dieselbe Anzahl Nüsse abziehen können, welche auf dem kleineren liegt, bis er schließlich dabei scheitert oder keine Nüsse übrig behält?

- Wohl schon.

- Und daß er Schritt für Schritt, angefangen mit zwei Nüssen, den kleineren Haufen um eine Nuß vergrößern könnte, bis er, falls er beständigt scheitert, einen gleichgroßen Haufen erhält, in welchem Fall er sich mit den Fäusten auf die Brust trommeln möge? Dies sei nicht zu bewerkstelligen?

- Dies schon.

- Und erkennt er nach einiger Gewöhnung nicht die ersten Primzahlen auf den ersten Blick, genau wie ein Mensch?

- Auch das.

- Dann weiß er aber doch, daß diese ersten Primzahlen etwas Bestimmtes sind! Etwas, daß andere kleine Anzahlen nicht sind.

- Soviel muß ich dir freilich zugeben. Aber meinst du, daß sie ihm mehr sind als eine günstige Ausgangslage zu einer bestimmten Unternehmung?

- Und wenn du sagt, daß eine Zahl eine Primzahl sei, was ist sie dir?

- Oftmals auch nur eine günstige Ausgangslage zu einer bestimmten Unternehmung. (fröhliches Gelächter)

- Und an sich?

- Unteilbar.

- Also ungünstig beim Teilen.

- Was uns lediglich zum Begriff des Teilens bringt. Was weiß der Affe vom Teilen? Ich will es dir sagen: Nichts, außer daß es eine Möglichkeit für ihn ist.

- Du sagt, ein Mensch beschreibt seine Möglichkeiten durch Überführungstafeln, ein Affe nicht.

- Ebendies.

- Und das soll Wahrheit sein?

- Du meinst wohl, dies sei mir allzu technisch geraten?

- Erweckt es doch den Anschein.

- Und doch ist es nicht nur nicht zuviel Technik, sondern überhaupt keine Technik, was hier zum Vorschein kommt!

- Da der Affe bekanntermaßen auf genau dieselben Überführungstafeln zurückgreift wie der Mensch, wie's der praktische Versuch leicht erweist.

- Genau dieselben sind es nicht...

- ...der Mensch irrt, der Affe nicht.

- Der Affe hinterfragt die Intuition nicht. Du siehst wohl warum: Sie ist ihm nichts außer seine Einschätzung, in welcher die Gunst der Möglichkeit enthalten ist, welche allein zählt, um sich zu entscheiden.

- Und was ist Wahrheit?

- Du mußt fragen, wodurch sie besteht. Sie besteht durch den Eindruck des Entsprechens auf uns, durch die bange Frage, was es ist, das sei, ist der Mensch doch stets darum besorgt, wodurch er eben Mensch ist.

- Der Mensch steht also im Nebel, und Geister treten an ihn heran, derweil der Affe im klaren Licht der Sonne steht?

- Bemerktest du etwa nicht, wie du ihn zu Geistern im Nebel zogest, als du ihm die Primzahlen lehrtest? Und wenn du den Menschen auf dieselbe Weise lehrtest, bemerktest du nicht, wie er begänne, unter dem spröden Licht der Sonne zu verdursten?

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