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21. Juli 2019

Verlegung als Verwechslung

Die im Beitrag Vom Kommen der Zeit beschriebene Entwicklung des allgemeinen Gebetes läßt sich auch so fassen:
  1. Ausarbeitung einer gemeinsamen kulturellen Grundlage,
  2. gemeinsames Leben auf eben dieser Grundlage,
wobei diese beiden Beschreibungen einander nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Wenn wir die Angelegenheit aber so wie hier fassen, sehen wir sofort die Übereinstimmung mit dem Verlegungszykel, also daß es sich bei der ersten Phase um die visionäre Reflexion der Ermöglichung durch die erarbeitete kulturelle Grundlage handelt und bei der zweiten um die praktische Reflexion des Bedarfs des Lebens auf dieser Grundlage.

Die Verlegung auf etwas heißt gerade darum Verlegung auf etwas, weil wir die Beschäftigung mit der Zeit durch die Beschäftigung mit einer Methode verfehlen. Und den Grund für die letzte Phase des Verlegungszykels, die Reflexion der Anwendbarkeit der Methode, bildet das Bewußtsein, etwas in den Händen zu halten, was dort natürlicherweise nicht hingehört und uns also zu dem Gedanken anregt, wozu es wohl gut sein mag.

Freilich kommt es vor, daß ein säkularer Geist die Beschäftigung mit der Zeit in die Gewänder der Methode kleidet, und so mag er sich dann wieder auf diese Methoden verlegen und auch die Phase der Reflexion ihrer Anwendbarkeit erreichen, ich denke da an Michael Klonovsky, aber natürlicherweise folgt die Beschäftigung mit der Zeit immer der gerade anstehenden Anpassung.

Die letzte Anpassung, also diejenige, welche sich zuletzt vollzogen hat, war die Herstellung der Informationsgesellschaft, und ich möchte noch einmal deren Errungenschaft verdeutlichen.

Wir können heute alles recherchieren, was wir wollen: geschichtliche Zusammenhänge, Freizeitangebote, cineastisch festgehaltene Weltsichten zu allen Zeiten und an jedem Ort, die Bedeutung altgriechischer Texte, die Ansichten von Bürgern aller Herren Länder zu allen Themen, welche sich nur ausdenken lassen, welche Banken zur Federal Reserve gehören, chemische Reaktionen, die Funktionsweise der verschiedensten Mechanismen; alles, was wir nur wollen.

Mit anderen Worten erlaubt die Informationsgesellschaft die ungeheuerlichste Zusammentragung von Wissen jeglicher Art. Und wahrscheinlich wird dieses Wissen auch zielführend zusammengefaßt werden. Und es gibt noch einen wesentlichen Aspekt dabei: Wir gewöhnen uns an die Verfügbarkeit der Informationen. Und dieser Umstand begünstigt entscheidend den Anbruch der Herrschaft der Sorge: selbst unter primitivsten technologischen Verhältnissen sind Klöster stets Orte gewesen, an welchen Informationen für jene, welche sie suchten, bereitgehalten wurden, zu allen Zeiten und an jedem Ort. Vorausgesetzt natürlich, daß es an einem Ort überhaupt Klöster gab.

Üblicherweise wird die anstehende Zusammenfassung als neue Weltordnung gedacht. Ich denke sie aber vielmehr als anstehende Veränderung unserer Ansichten, welcher die gewählte Ordnung in sekundärer Weise dient.

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