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3. Juli 2020

Vereinzelung, Aufgehobenheit und Fetischismus

Ich habe mir gerade meinen 12 Jahre alten Beitrag zum Thema Fetischismus durchgelesen, und bin, abgesehen von einigen zu erwartenden Kleinigkeiten, über meine Fixierung auf das Sexuelle gestolpert, als ob dieses das Wesentliche wäre.

Dabei ist der Grundansatz, daß Fetischismus die Verwechslung eines anderen Gefühles mit Liebe ist, ganz richtig. Nur was ich dann über platonische Liebe schreibe, weicht der Wahrheit auf unanständige, Liebe mit Sexualität identifizierende, Weise aus. Dabei lenke ich noch nicht einmal davon ab, worum es wirklich geht, ich bringe es nur nicht richtig herum auf den Punkt, nämlich daß die Unfähigkeit die Wertschätzung eines anderen Menschen auf die beschriebene natürliche Weise auszuleben dazu führt, zu einer andersgearteten Beziehung, nämlich einer sexuellen, überzugehen. Und so ist es auch beim Masochismus.

Doch wird die Angelegenheit im Gegensatz zu diesen beiden Beispielen im allgemeinen keineswegs durch Sexualität bestimmt. Der entscheidende Punkt ist die eigene Bindung an eine fremde Welt. Sexualität ist dabei nur ein Bindemittel.

Kommen wir also zur richtigen Erklärung des Fetischismusses. Der Mensch hat sein Leben durch Vorliebe, Glauben und Gewissen, und diese drücken sich durch Wertschätzung, Liebe und Anteilnahme aus. Und indem sie sich ausdrücken, verweisen sie entweder nur auf einen selbst zurück, oder aber sie verweisen ebenso auf die eigene Umwelt, also entweder jemand schätzt nur, daß er lebt, liebt nur seine Gedanken und nimmt nur an seinem eigenen Geschick Anteil, oder er schätzt die Bekanntschaft mit Anderen, liebt die gesellschaftliche Ordnung und nimmt am Geschick seiner Umwelt Anteil.

Im ersteren Fall ist der Mensch vereinzelt und im letzteren aufgehoben. Spätestens mit 6 Jahren war ich vereinzelt. Zwar habe ich immer am Geschick meiner Umwelt anteilgenommen, aber ausschließlich leidend, und darin besteht selbstverständlich keine Aufgehobenheit. Es geht um die positiven Gefühle, um die Liebe im allgemeineren Sinne.

Eine solche Beschränkung ist aber natürlich nicht angenehm, es ist hart und schmerzhaft sich auf sich selbst zu beschränken, um wenigstens dort sein Leben zu erfahren. Deshalb also versuchen einige Menschen, der Wahrheit nicht ins Auge zu sehen, indem sie ihre eigenen Augen zukneifen, so daß sie sich ihrer Phantasie hingebend vermeinen können, ihr Leben in τοῦ κόσμου τούτου (der Welt, also dieser) zu finden.

Und das ist eben Fetischismus. Beispielsweise, um beim Alter von 6 Jahren zu bleiben, kann man einen Fetisch zu Superheldencomics entwickeln. Der Geruch, der Zeichenstil werden zum Ausdruck eines anderen, möglicherweise besseren Ortes erhoben, zu welchem man möglicherweise Zugang hat, und Disneyland & Co. sahnen da auch noch zum zweiten Mal ab.

Es gibt übrigens eine Miami Vice-Folge, welche diese Geisteshaltung schön zum Ausdruck bringt, nämlich Shadow in the Dark. Doch ist sie eben verfehlt: Aus der Härte der Isolation kann neues Leben erwachsen, ebenso wie sich Aufgehobenheit verflüchtigen kann (Wer sein Leben liebhat, der wird's verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt haßt, der wird's erhalten zum ewigen Leben), doch aus Fetischismus gehen nur Scham und Reue hervor, und das eigene Leben zerbröselt zu Nichts.

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