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7. November 2020

Geistliebe

Es ist selten, im Westen geistliebende Menschen zu finden, im Osten (sprich Indien) ist Geistliebe hingegen üblich.

Geist besteht aus zwei Teilen, zum einen aus einem Verständnis, und zum anderen aus seiner Beherzigung, und immerhin finden sich im Westen mitunter verständnisvolle und mitunter auch beherzte Menschen, welche ihrem Herzen folgen.

Verständnisvollheit und Beherztheit sind Anlagen, welche ich sehr schätze. Üblich ist weder die eine, noch die andere, aber sie treten wie gesagt mitunter auf. Geistliebe betrachte ich hingegen als zivilisatorische Selbstverständlichkeit, als Fundament einer jeden menschlichen Zivilisation, welche den Titel menschlich auch verdient.

Geistliebe bedeutet, sich dessen bewußt zu sein, daß ein Geist in einem wirkt und diesen zu beurteilen (mehr oder weniger zu lieben). Wie gesagt, im Westen ist dieses Bewußtsein quasi inexistent, aber wie der Begriff Eudaimonie beweist, war es vor ein paar tausend Jahren bis nach Griechenland hinein verbreitet.

Im Westen sind sich die Menschen der Geister, welche in ihnen wirken, üblicherweise nicht bewußt, auch die verständnisvollen und die beherzten nicht. Verständnisvollheit schützt sie davor, jeden dahergelaufenen Geist in sich aufzunehmen, und Beherztheit gibt ihnen die Kraft, nicht geistlos vor sich hin zu vegetieren. Die Meisten nehmen aber alle Geister in sich auf, welche ihnen schöne Vorstellungen bereiten. Diese lieben sie, und nicht den sie bereitenden Geist. Wären sie sich seiner bewußt, hätten sie oftmals gute Gründe, ihn zu hassen, angesichts der Rücksichtslosigkeit, welche die von ihm bereiteten Vorstellungen in ihnen erzeugen, und welche sich mal gegen andere richtet, aber oftmals auch gegen sie selbst. Doch dabei sind die Meisten so zurückhaltend, daß sie ängstlich zu erkunden trachten, ob ihr Umfeld es ihnen gestattet, das zu tun, was sie wollen: Die innere Beherrschung fehlt, doch wird sie durch die soziale ersetzt.

Ich fühle mich wie unter Affen, und manchmal wie unter Hunden. Nun ja, nicht wirklich. Aber wirklich einlassen auf diese Kreaturen kann ich mich auch nicht. Immerhin, wenn sie verständnisvoll sind, werden sie das erkannte Rechte bewahren, und wenn sie beherzt sind, werden sie sich auf ihren Weg machen. Wenn sie also beides zusammen wären, würden sie sich weder irreleiten lassen, noch verunsichern. Aber wenn sie geistliebend wären, dann wäre ihnen von Anfang an klar, daß Widerliches und Herrliches über sie kommen kann in dieser Welt, und daß sie also vor der Aufgabe stehen, das Gute zu suchen, wie auch alle andern, und das ein Austausch über das Gute, angesichts dessen, daß es sich kostenlos teilen läßt, die natürlichste Sache auf der Welt ist.

Wären wir geistliebend, so suchten wir in jeder Generation den guten Geist, und seine Werke reihten sich an einander, und wenn wir darüber müde würden, sehnten wir uns wohl danach, selbst als ein Teil der Güte des guten Geistes fortzuwirken.

Das ist die natürliche Religion der Geistliebenden. Und das Christentum ist von keiner anderen Art, jedenfalls soweit es die Schrift betrifft. Aus Geistliebe folgt Eigenständigkeit und Neidlosigkeit, und daß der Mensch nie das Lebensnotwendige in Gefahr bringt, sondern mithilft, es zu gewähren, da die übelste Verschlechterung des Geistes aus Existenzangst entspringt. Als ob es auf unserer technologischen Stufe zu viel verlangt wäre. Aber es sind die Alten, welche geistliebend waren. Und heute behandeln sich die Menschen wie Tiere, um besser die Rolle von Maschinenteilen auszufüllen. Freilich, bis sie als solche nicht mehr gebraucht werden. Aber das tierische Verhalten hält unterdessen an. Was für ein Regiment!

And now... sing on and on and on and on:

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