Bereitschaftsbeitrag

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15. August 2012

Von der Gleichheitsethik

Nachdem ich im vorigen Beitrag herausgestellt habe, daß eine parlamentarische Demokratie die Welt danach ansehen muß, ob sie gemäß einer bestimmten allgemeinen Ethik verbesserungswürdig ist oder nicht, möchte ich mich nun mit der speziellen allgemeinen Ethik, welche die Politik Deutschlands bestimmt, nämlich der Gleichheitsethik, auseinandersetzen.

Die Gleichheitsethik ergibt sich aus dem Glauben, daß alle Menschen gleich sind, und zwar in dem Sinne, daß jeder andere Mensch sich von einem lediglich durch seine Erfahrungen unterscheidet, während das, was diese Erfahrungen macht, dasselbe ist, nämlich der eine, allen gemeine menschliche Geist.

Nicht selten wird dieses religiös hergeleitet, wir seien alle gleich, weil Gott uns alle geschaffen habe oder, etwas ausführlicher formuliert, weil wir alle nach seinem Bilde geschaffen worden wären, was recht verstanden nichts anderes bedeutet, als daß Gott dabei ein Ziel verfolgt hat, daß wir so sind, wie wir sind, weil Gott es so wollte.

Natürlich gibt es nicht den geringsten Grund zu glauben, daß Gott allen Menschen denselben Geist gegeben hat. Es gibt in der Bibel sogar verschiedene Hinweise darauf, daß das nicht der Fall ist. Sei es, daß einige Kinder Gottes genannt werden und andere nicht, sei es, daß das Unkraut unter dem Getreide wächst, bis es zur Zeit der Ernte gekommen ist und das Unkraut ins Feuer geworfen wird.

Auch ist es nicht so, daß die Bibel diese Unterschiede menschlichen Entscheidungen zuschreiben würde. Sie bestehen aufgrund der (Un-)Gnade Gottes, je nachdem, von welcher Seite aus man es betrachtet.

Aber daß es sich so verhalten soll, ist etwas, das heute nicht recht akzeptiert wird, da sich daraus allerhand unbequeme Fragen ergeben. Die Bibel liefert die erlösenden Antworten auf sie nicht frei Haus, sie hält diese Dinge lediglich fest, um dem Gläubigen nicht das Gefühl zu geben, daß seine eigenen Empfindungen gotteslästerlich wären.

Freilich sind sie es nach der heute vorherrschenden Gleichheitsethik. Nun, selbstverständlich gab es zu keiner Zeit eine konsequente Gleichheitsethik, also eine, welche nicht irgendjemanden doch als minderwertig ausschließen würde. Diesbezüglich ist folgendes festzuhalten. Desto näher sind wir an einer reinen Gleichheitsethik, je unzweideutig böser die Gruppe der Ausgeschlossenen ist. Heute besteht diese Gruppe aus Psychopathen, also Menschen, welche aus physiologischen Gründen kein Unrechtsempfinden besitzen. Reiner wird eine Gleichheitsethik nicht mehr werden.

Damit ist aber auch schon das Wesen einer Ethik der Ungleichheit, der Vielfalt beschrieben, nämlich daß sie Andersartigkeit nicht als Bosheit wertet, sondern als von Gott gewollten alternativen Ausdruck menschlichen Seins.

Beschäftigen wir es nun mit den politischen Konsequenzen der Gleichheitsethik. Da die Gleichheitsethik blind gegenüber unterschiedlichen Wünschen, Lebenszielen, Empfindlichkeiten, unterschiedlichem Rechtsempfinden letztlich, ist, verpflichtet sie die Menschen dazu, allen übrigen Menschen, welche sich in einer den eigenen Maßstäben gemäß unerfreulicheren Lage befinden als man selbst, zu helfen, sich aus ihr zu befreien, unabhängig davon, ob diese Menschen sich selbst mit voller Absicht in diese Lage gebracht haben oder nicht.

Nun ist es aber so, daß sich jeder in seiner Haut am wohlsten fühlt. Die Gleichheitsethik erzeugt also zwangsläufig ein schlechtes Gewissen und eine nimmerendende Verpflichtung, allen anderen Menschen zu helfen, bis sie sich in derselben Haut befinden wie man selbst.

Wann immer jemand in Zweifel ob der Weisheit dieses Vorgehens gerät, wird er an den grundlegenden Glauben erinnert. Woher er denn sagen könne, daß jener dort anders wäre als er selbst?

Und diesbezüglich gibt es nur zwei Alternativen.

Entweder, diese Andersartigkeit beweist sich faktisch, indem ein Zustand gewaltsam hergestellt wird, in welchem es Menschen, welche die obige Frage zu stellen pflegen, nicht mehr geben wird oder sie beweist sich intellektuell, indem es jenen, welche sie ahnen, gelingt, ihre Ahnung zu präzisieren und mitzuteilen, bis daß es wiederum keine Menschen mehr geben wird, welche die obige Frage zu stellen pflegen.

Ich habe, zumindest was die Präzisierung meiner Ahnung angeht, mein Bestes getan und bin mit der erreichten Unterscheidung in Ringende, Suchende, Achtende und Versuchende zu Frieden.

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