Bereitschaftsbeitrag

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1. April 2013

Über das Verhältnis zum Kriege

Ich möchte mich in diesem Beitrag darauf beschränken, anhand dreier Beispiele den Raum anzudeuten, in welchem die Vielfalt dieser Verhältnisse liegt. Zu den heutigen Zuständen (im Westen) sage ich nichts.

1. Das christliche Verhältnis zum Kriege. In der christlichen Sicht ist der Krieg ein häßliches Ungetüm, welches von Zeit zu Zeit aufgrund der verdorbenen Natur der Welt seine Fratze zeigt und welchem der christliche Krieger also mit leichtfüßiger Entschiedenheit entgegentritt, sich dessen bewußt, daß der Teufel den Menschen keinen Teil der Welt ohne Kampf überläßt. Krieg ist ihm eine grimmige Pflicht und seine Sicht auf den Gegner teils höhnisch, teils betroffen.

2. Das tibetanische Verhältnis zum Kriege. Ich muß Ernst Schäfer und seinen Leuten für den diesbezüglichen Einblick danken, siehe etwa hier: Geheimnis Tibet. Die Tibeter sahen im Krieg ein reinigendes Naturereignis, gleich einem Brand oder einer Flutwelle, welches die wuchernde Unzivilisation rings um sie herum in periodischen Abständen hinwegfegt. Der tibetische Krieger suchte folglich auch psychologisch Teil dieser zerstörerischen Kraft zu werden und Bosheit und Blutdurst in sich aufzusaugen.

3. Das muslimische Verhältnis zum Kriege. Nach koranischer Sicht ist Krieg Bürgerpflicht zur Aufrechterhaltung der koranischen Ordnung und darüberhinaus ein Geschäftsfeld. Da der Koran die psychologische Rüstung für den Krieg direkt befiehlt, kommt es bei den Muslimen nicht zur Delegation des Krieges, und in Folge dessen zu großer Unüberschaubarkeit der Interessen der verschiedenen Kriegsteilnehmer. Der muslimische Krieger steht also unter dem permanenten Druck, sich versichern zu müssen, daß er noch mit der richtigen Fraktion alliiert ist, und muslimische Kriege gleichen folglich eher fortgesetzten Erdstößen als Flächenbränden.

Das Verhältnis zum Kriege ist also, wie auch nicht anders zu erwarten, Ausdruck des wesentlichsten Teils der eigenen Lebensauffassung, bei den Christen der Verantwortung vor Gott für den Frieden auf Erden, bei den Tibetern der folgsamen Unterworfenheit unter das Walten der Götter und bei den Muslimen die Verantwortung vor Gott für die Herrschaft des Rechts.

Letzteres ist ein weit bescheideneres Unterfangen als ersteres, aber beide gehören zum selben Entwicklungsstrang, mancherorts ist das ambitioniertere Vorhaben gelungen, andernorts ist es gescheitert. Die tibetanische Sicht gehört hingegen zu einem anderen Entwicklungsstrang, in welchem der Mensch eine geringere Stellung innehat und die Umstände eine höhere. Einerseits bedeutet letzteres Aberglauben, aber andererseits liegt darin auch das Potential zu größerer Abstimmung, die Sache ist heikel, die Sorge ist stets ein verläßlicher Ratgeber, welcher einen direkt zu Gott führt, die Achtung hingegen tut es unter dem Blütenmeer, welches sie hervortreibt, nur indirekt, und manches verwirrt sich da.

Indes entspricht die tibetanische Sicht auf den Krieg mit Sicherheit der Zusammensetzung der Tibeter aus Erregten und Perspektiven Erwartenden gemäß meinen diesbezüglichen Annahmen.

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