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14. Mai 2013

Zykeln im Inneren und Äußeren

Meine jüngste detaillierte Betrachtung des Zykels der Lust anhand der Popmusik der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts hat etwas in mir in Bewegung gesetzt, nämlich ein leicht mitleidendes Verständnis der menschlichen Konditionierung darauf, sich zu verlieben, der Unschuld Träume, des Draufergängertums Avancen, der Einsicht Forderungen, der Nähe Verführung, der Leidenschaft Fesseln.

Aber wem begegnet dort sein eigen Wesen?

Eben der einfachsten Bewußtseinsform, dem Streben auf ein Ziel zu, der Anstrengung der vorhandenen Kräfte.

Und wie verhält es sich mit den Phasen des funktionalen Zykels, der Verwaltung, der Selbstdarstellung, des parasitärer Befalls und des chaotischen Kollaps'? Widerfahren die lediglich Gesellschaften oder auch einem Bewußtsein?

Interessanterweise auch letzterem, und zwar dem tierischen, Alternativen wählenden Bewußtsein, zwar nicht mit diesen Namen, aber man erkennt die Übereinstimmung doch: zunächst wird ein Handlungsplan entworfen, dann umgesetzt, darauf folgt die Reaktion des Anderen und durch sie verlieren sich die gemachten Handlungsvoraussetzungen im Chaos.

Hier ist es die Konstruktion, welche an der Stelle der Anstrengung kollabiert, und nennen wir das organische Bewußtsein auch ein anstrengendes und das tierische ein konstruierendes.

Die Phasen des idellen Zykels schließlich sind durch die Ebenen gegeben, auf welchen sich ein Glaube konkretisiert, zunächst wird er begrifflich erfaßt, dann überträgt er sich in Lebensregeln und begründet dadurch eine Haltung und schließlich wendet er sich konkreten weltlichen Aufgaben zu.

Dies ist nun genau dieselbe Unterscheidung wie bei den Gesinnungen, also ob einer philosophisch, heroisch oder materiell gesonnen ist, beziehungsweise melancholisch, cholerisch oder sanguinisch ist. Der Gegenstand selbst fällt aber nicht mit der Gesinnung in eins, denn derjenige, welcher von den eigenen Voraussetzungen hinabsteigt gleicht nie dem, welcher von den Voraussetzungen anderer hinabsteigt, letztere sind selbstverständlich und wurden nie hinterfragt, erstere hingegen bleiben immer problematisch.

Wenn also ein Philosoph irgendwann damit beschäftigt ist, sich seine selbsterarbeitete Disziplin anzueignen, so bleibt er doch ein Philosoph, ebenso wie ein Held, welcher seiner selbstangeeigneten Disziplin gemäß zur Tat schreitet, ein Held bleibt. Entscheidend ist hier der Grad der jeweils empfundenen Selbstformungsnotwendigkeit, und nur dann wird beispielsweise aus einem Philosophen ein Held, wenn äußere Ereignisse diese Formungsnotwendigkeit umstürzen. Sanguiniker aber werden beide aufgrund ihres dynamischen Selbstbildes, als welches angeboren ist, nie und umgekehrt verhält es sich genauso, statisch bleibt statisch.

Daß diese Phasen einem Bewußtsein begegnen, nämlich dem menschlichen, ist dabei trivial. Von einem Kollaps kann man hier aber nicht sprechen, es handelt sich um eine Erstarrung, und entsprechend den vorigen Bezeichnungen sollten wir das menschliche Bewußtsein auch das anpassende nennen, Tiere und Pflanzen werden angepaßt, Menschen passen an.

Nun stellt sich allerdings die Frage, welchen Zusammenhang es zwischen inneren und äußeren Zykeln gibt. Im Falle der Lust fallen sie ja noch mehr oder weniger in eins, die Anstrengung der Kräfte bringt die einzelnen Vertreter hervor, aber schon beim funktionalen Zykel muß man es sehr einschränken, Gemeinwesen wurzeln zwar in den Konstruktionen Einzelner, aber sie überleben ihre Erzeuger für gewöhnlich bei weitem. Und für den ideellen Zykel gilt das noch in weit höherem Maße. Hier kann man noch nicht einmal fassen, daß tatsächlich ein Einzelner für eine Anpassung, welche sich im Rahmen von Jahrtausenden vollzieht, verantwortlich ist, wiewohl man es durchaus glauben kann.

An dieser Stelle muß ich kurz etwas klarmachen, weil es hier naheliegt, etwas falsch zu verstehen. Auch eine Welt aus lauter Sanguinikern kann durch ideelle Zykeln laufen, sofern es Sanguiniker vom gläubigen geistigen Horizont gibt, nur daß die Motivation für den jeweils neu gefundenen Glauben rein materiell wäre. Da kann man freilich Einspruch erheben und fragen, was das denn bittesehr für unterschiedliche Glauben sein sollen, wenn der eigentliche Glaube bei allen unumstößlich der Materialismus ist.

Nun, zum einen gibt es selbstverständlich auch unterschiedliche Ausprägungen des Materialismusses, entsprechend den unterschiedlichen Möglichkeiten zur Anstrengung, und zum anderen läßt sich selbst noch der Glaube desjenigen, welcher überhaupt kein Interesse an seiner Gestimmtheit hat, dadurch formen, daß man ihn an diese oder jene unbewiesenen und möglicherweise unwahren Behauptungen glauben läßt, glauben hier in seiner profanen, verflachten Bedeutung.

Diese Glauben sind also unedler, aber das sind die Glauben der Erwartenden auch, denn ihnen geht es letztlich nur um Gruppenerlebnisse und nicht um die Anpassung an ein als heilig empfundenes Seinsideal, wodurch der Mensch erst an das von ihm erfaßte Ganze anschließt.

Aber zurück zur Frage nach dem Zusammenhang von inneren und äußeren Zykeln. Was der Mensch zuinnerst ist, begegnet ihm auch äußerlich, und je umfassender es innerlich ist, desto umfassender ist es auch äußerlich.

Das ist in gewisser Weise nicht sonderlich verwunderlich, der Übergang von Gedanken zu Taten ist ein Isomorphismus, wenn ein Gedanke den anderen enthält, dann muß auch die ihm entsprechende Tat die dem anderen entsprechende enthalten. Aber da bleibt ein Rest von Ahnung: was wir im Keim sind, begegnet uns erwachsen, doch dieses Gewaltige, es fließt so zu uns zurück, und beides wird so zu einem Teil eines Ganzen.

Darin liegt unsere Freiheit, wir sind dieser Welt nicht ausgeliefert, sondern sie fließt aus uns und durch uns zurück. Unser Zeugnis wiegt ebenso viel wie alle Sonnen des Weltalls in der Architektur des Ganzen. Es liegt wirklich nur an uns, ob wir unserem Zeugnis Bedeutung verleihen, indem wir es in Beziehung zu unserem Glauben, unseren direkten oder indirekten Seinsidealen setzen, oder nicht, wobei das Charakteristikum eines direkten Seinsideals darin besteht, daß wir es unserem höchsten Bewußtseinsteil, also unserer Vernunft, überlassen zu wählen, ja, zu wählen. Die Lust ist der einzige weltliche Agens und so betrachtet sind Achtung und Sorge, respektive Vernunft, nur ihre Diener, aber in beiden steckt zugleich noch der Wille überhaupt in dieser Form zu existieren, und dieser Wille ist niemandes Diener, was er zeigt, wenn er seine eigenen Rahmenbedingunen der Existenz dem Individuum diktiert, sei es in dessem Charakter, dessem Geist, oder eben dessem Entwicklungstrieb, welcher bei Erwartenden auf gesellschaftliche Konstruktionen zielt, wodurch die Vielfalt der verschiedenen Unterarten der Erwartenden bedingt ist und bei Gestimmten auf Anpassungen an durch die eigene Lebenserfahrung erahnte Seinsideale zur Befriedung der Sorge selbst, mit anderen Worten sind also Macht, Eingespieltheit und Einklang die Leitsterne der Menschheit.

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