Bereitschaftsbeitrag

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20. September 2015

Der Raum unserer Erfahrung

Beginnen wir mit einigen Klarstellungen zu den logischen Wahrnehmungen.

Auftreten und Ausbleiben sind Eindrücke, welche sich vor dem Hintergrund einer Wahrnehmung zu einem Erfaßten bilden. Das Zusammenfallen ist ein Eindruck, welcher sich vor dem Hintergrund eines Auftretens oder Ausbleibens zu einer weiteren derartigen Erfassung bildet.

Eindrücke, welche sich zu etwas Erfaßtem bilden, kommen nur auf diese Weise in unser Bewußtsein und stellen den wesentlichen Bestandteil von Einsichten dar, welche sie zusammen mit Hintergrund und vor ihm Erfaßten bilden. Wie das Beispiel des Zusammenfallens zeigt, lassen sich Einsichten indes wiederum erfassen.

Bei der Begleitung sei der besseren Verständlichkeit halber nur das Auftreten betrachtet, das Ausbleiben läßt sich analog behandeln oder als Auftreten des Ausbleibens, je nachdem, ob wir ein konstantes oder ein einmaliges Ausbleiben meinen, eine Komplikation, welche sich der Identifizierung unserer Erfahrung verdankt, wozu später mehr.

Die Begleitung aber ist identisch mit dem Eindruck der Erwartung eines Erfaßten vor dem Hintergrund eines anderen, ihr Eindruck ist also nicht nur erwartungsabhängig, sondern gleich die Erwartung selbst.

Im speziellen kann die Erfassung im Hintergrund auch die Erfassung unserer Erfahrung sein, in welchem Fall wir ein Eintreten erwarten, andernfalls sagen wir, daß wir ein gebundenes Auftreten erwarten.

Wenn wir etwas erfassen, so können wir fordern, daß etwas anderes in einem oder mehreren vorgegebenen Verhältnissen zu ihm stehen möge und ein weiteres in einem oder mehreren vorgegebenen Verhältnissen zu diesem und/oder ersterem und so weiter und so fort. Alles, was wir dabei als ein solches erfassen, nennen wir ein zum ursprünglich Erfaßten adjungiertes Erfaßtes, auch wenn es, wie gewöhnlich, noch weitere, mit dem ursprünglichen Erfaßten unzusammenhängende Verhältnisse zur weiteren Aussiebung passiert, und insbesondere nennen wir jedes Erfaßte zu sich selbst adjungiert.

Erwartungen erwarten immer ein zum im Hintergrund stehenden Erfaßten adjungiertes Erfaßtes, nur daß das einzig mögliche Verhätlnis zur Erfahrung darin besteht, erfahren zu werden, was auch die einzig mögliche relative Adjunktion ist, also ein Erfahrenes, denn wenn man auch weitere adjungierte Erfaßte zur mittelbaren Adjunktion heranziehen darf, so kann man sie doch nicht wählen, sondern muß jedes Erfaßte zur weiteren Adjunktion akzeptieren, welches im entsprechenden Verhältnis steht, und es gibt kein anderes Verhältnis außer erfahren zu werden, in welchem sämtliche Erfahrene stehen, so daß wir allenfalls zur Erfahrung zurückkehren könnten. Damit aber tritt das durch die weiteren, mit der Erfahrung unzusammenhängenden Verhältnisse Gesiebte ein.

Die Feinheiten des Erfahrens der Erfahrung besprechen wir anschließend, zunächst bleiben wir noch bei der Erwartung.

Wenn das im Hintergrund einer Erwartung Erfaßte auftritt, so erwarten wir, daß das zu ihm adjungierte Erfaßte eintritt, und allgemeiner ändert sich der Hintergrund unseres Erwartens durch das Auftreten mehrerer Erfaßter einer Vielheit von Erfaßten, zu welchen das Erwartete gleichzeitig adjungiert ist, indem die auftretenden Erfaßten aus dem Hintergrund der sich in dieser Situation ergebenden Erwartung entfernt werden.

Anders gesagt, aus (A&B&C&D)=>E, beispielsweise, wird (A&B)=>((C&D)=>E).

Die Änderung der eigenen Erwartung hier ist die Folge eines Hineinversetzens. Aufgrund der voranstehenden logisch äquivalenten Umformung handelt es sich dabei aber nur um eine scheinbare Erwartungsänderung und nicht um eine substantielle. Substantielle Erwartungsänderungen ergeben sich im Rahmen eines Herausversetzens, welches darin besteht, neue Abhängigkeiten mit in den Hintergrund der Erwartung aufzunehmen und auf diese Weise einer Verfeinerung der Erfassung der eigenen Lage Rechnung zu tragen - üblicherweise, nachdem sich eine Erwartung unerwartet als falsch herausgestellt hat, und auf diese Weise auf eine Änderung der eigenen Situation hinweist, welche man nicht erfaßt hat.

Der Mensch strebt also die Welt immer mehr einbeziehenden Erwartungen zu. Andererseits geht er dabei von einer Basis aus, welche gar nichts mit der Welt zu tun hat, nämlich daß sein Erfahren einst gerichtet wird, ob nun an einem jüngsten Tag oder im Rahmen einer wie auch immer gearteten Reinkarnation. Die metaphysische Wahrheit ist: Unsere Erfahrung wird immer die Gestalt annehmen, von welcher wir erwarten, daß sie für das Leben insgesamt die beste ist. Indem wir die Welt näher kennenlernen, wird auch diese Anpassung weniger grob. Alles oder nichts bedeutet meistens nichts, und je offener unser Geist für nicht erfaßte Dimensionen unserer Lage ist, desto offener ist auch unser Schicksal für Modi des Weiterlebens.

Freilich, auch im mutwilligen Erkenntnisverzicht liegt dabei eine Chance, darin, nur noch ein nützliches Tier zu sein. Ja, es ist wohl sogar möglich, daß beides zugleich auftritt, das Mönchswesen trägt ja auch weltweit beide Züge.

Doch zurück zur Erfahrung. Wir haben den Eindruck, daß etwas Teil unserer Erfahrung ist, in ihr auftritt, nie aber ausbleibt, worauf sich das Verhältnis, erfahren zu werden, gründet, einen Eindruck davon, wie es ist zu erfahren, haben wir nicht, auch wenn wir ein Bewußtsein davon haben zu erfahren, ja, womöglich sogar für Stunden, während Einsichten immer flüchtig sind.

Dieses Bewußtsein begründet für uns die Existenz unserer Erfahrung, es ist ihre Identität, das eine Dies, welche alle anderen Diese enthält.

Wenn wir etwas erfassen, so hat es eine Identität, welche es zu einem Dies macht, und umgekehrt ist die Erfassung die Voraussetzung jeder Identität. Dabei kommt es indessen dazu, daß wir etwas immer wieder erfassen, oder sagen wir lieber, wir tun so, als ob wir etwas immer wieder erfaßten, das heißt, wir identifizieren verschiedene Erfaßte mit einander, möglicherweise auch irrigerweise, in welchem Fall wir sagen, wir hätten etwas mit einem anderem verwechselt, beispielsweise Zwillinge.

Ein auf diese Weise mit anderen Erfaßten identifiziertes Erfaßte möchte ich ein Sich Auszeichnendes nennen. Die Prägung dieses Begriffs hat den Sinn, ein einzelnes Erfaßtes von der Vielheit der angenommen identischen Erfaßten zu unterscheiden, welche wir aufgrund der Identifikation ja nicht als Vielheit verstehen, sondern als ein Sich Auszeichnendes, welches sich im Laufe der Erfahrung immer weiter auszeichnet, was insbesondere auch für die Erfahrung selbst gilt.

Es gibt dabei drei Arten der Auszeichnung eines Sich Auszeichnenden:
  1. die Auszeichnung durch den Eindruck des Erfassens vor dem Hintergrund eines anderen Erfaßten, die Unterscheidung,
  2. die Identifikation vieler solcher Erfaßter mit einander in einer zeitlichen Anschauung, üblicherweise in der Erfassung eines bewegten Körpers, aber denkbar ist auch die Erfassung eines leiser werdenden Geräusches und dergleich mehr, das Fortlaufen, und
  3. die Identifikation mehrerer auf die erste oder zweite Weise Erfaßter in der Erfassung einer Vielheit von Wahrnehmungen, die Reihung.
Bei den letzten beiden Auszeichnungsweisen benutzen wir die Zeit als Indexmenge, um mehrere Auszeichnungen der ersten Art zusammenzustellen, wobei beim Fortlaufen die Zeit tatsächlich anschaulich zu diesem Zweck vorliegt, wohingegen sie bei der Reihung bruchstückhaft konstruiert wird - auf eine Weise, welche wir erst weiter unten genauer erklären können, wenn wir nicht nur den Raum unserer Erfahrung besser verstanden haben, sondern auch die Benennung. An dieser Stelle genügt es aber zu verstehen, auf welche Weise Erfaßte durch die Erfahrung hindurch bestehen.

Als nächstes betrachten wir der größeren Konkretheit halber, und um in unser Verständnis des Raums unserer Erfahrung einzusteigen, Spannungsweisen, Wahrnehmungsweisen, Vorstellungen und den Eindruck unserer Verantwortlichkeit genauer.

Wenn wir ein bestimmtes Erfaßtes betrachten, so kann sich der Eindruck der eigenen Verantwortlichkeit vor dem Hintergrund der voraufgehenden Wahrnehmung entweder zu diesem Erfaßten selbst bilden, oder aber zu einem Eindruck, welcher sich zu diesem Erfaßten vor dem Hintergrund eines anderen Erfaßten bildet. Im ersten Fall sind wir informational oder vollverantwortlich für es, im zweiten modal oder teilverantwortlich.

Mit Hinblick auf die Freiwilligkeit unseres Erfahrens zeigt sich: Wir sind für alles, was wir erfassen, wenigstens teilverantwortlich.

Die Freiwilligkeit unseres Erfahrens ergibt sich aber daraus, daß wir nur erfahren, wenn wir uns besinnen, und wann immer wir erfahren, haben wir einen Eindruck einer Spannung unseres Geistes, welche ein Teil des jeweils Erfahrenen ist. Einige dieser Spannungen, jene der sinnlichen Wahrnehmungen genauer gesagt, wozu auch die Wahrnehmung der Anspannung unserer Muskeln gehört, erzeugen Nebenspannungen, welche wir nicht notwendigerweise informational verantworten. Verantworten wir sie nur modal, so sagen wir, es handele sich um sinnliche Wahrnehmungen, bei der Anspannung der Muskeln sind das nur die Reflexe, verantworten wir sie hingegen informational, so reden wir von Vorstellungen, beziehungsweise (Muskel-)Anspannungen. Im Traum haben wir für gewöhnlich den Eindruck für alles verantwortlich zu sein, fehlte unsere Verantwortlichkeit dort einmal, so handelte es sich um eine Offenbarung oder äußere Steuerung, was auch immer der Sache näher käme.

Kommen wir nun zu den Erinnerungen, welche den Grund der bruchstückhaften Konstruktion der Zeit aus unseren Erfahrungen legen.

Auch Erinnerungen entspringen einer spezifischen Anspannung unseres Geistes, deren Eindruck stets mit ihnen zusammen wahrgenommen wird. Aber sie unterscheiden sich auch dadurch von sinnlichen Wahrnehmungen und Vorstellungen, daß wir nicht erwarten, etwas in ihnen Erfaßtes durch Wiederholung der Erinnerung neuerlich zu erfassen, also genauer gesagt um weitere identifizierte Erfaßte zu erweitern, deren Auszeichnungen erst noch zu erfahren sind: Wir erwarten nicht, daß das Erfaßte durch neuerliche Erinnerung noch etwas anderes wird, es ist unserem forschenden Interesse entzogen.

Erfaßte sinnliche Wahrnehmungen oder auch Vorstellungen, oder (Muskel-)Anspannungen, lassen sich hingegen durch neuerliche geistige Anspannung um eine Zukunft erweitern.

Forschendes Interesse haben wir natürlich insbesondere im Rahmen unserer Erwartungsbildung, welche den Zweck hat, uns für einen Modus des Weiterlebens vorzubereiten, und entsprechend schmerzhaft mag die Entzogenheit einer Erinnerung von weiterer Forschung empfunden werden, doch damit möchte ich den Abschnitt zu den Erinnerungen beschließen und zuguterletzt zur Benennung kommen, welche wir benötigen, um die Erinnerungen in eine uns genehme Reihenfolge zu bringen, man betrachte etwa den Film Memento zu dieser Notwendigkeit - überhaupt scheint Christopher Nolan am Raum unserer Erfahrung interessiert.

Die Eindrücke, welche uns im Raum unserer Erfahrung zur Verfügung stehen, sind Erwarten, Sollen und Verantworten, nicht aber vorher und nachher, abgesehen vom Eindruck voraufgehend, welcher sich zu der vorigen Erfassung im Moment ihres Vergehens vor dem Hintergrund der neuen Erfassung bildet, und damit ihre Erinnerung im Rahmen ihrer Referenzierung als Hintergrund der neuen Erfassung erlaubt. Kaum jemals aber bleibt eine derartige, zum jeweils Voraufgehenden absteigende Kette in unserer Erinnerung intakt, und also müssen wir nach gewissen Regeln selber festlegen, was vor x und nach x genannt, und auch so behandelt werden soll, wobei x die Stelle für die verschiedenen Erfahrungen freihält.

Das Sollen, welches uns dabei für die Benennung interessiert, ist das Sollen eines regelhaften Verantwortens, in Erwartung seiner Nützlichkeit, hier der zeitlichen Ordnung unserer Erfahrungen. Dieses Sollen steht dabei vor demselben Hintergrund wie die es hervorrufende Erwartung, abzüglich des regelhaften Verhaltens, siehe die Ausführungen zum Hineinversetzen.

Allgemein ist es allerdings so, daß, wenn wir uns etwas vornehmen, wir uns selbst als regelhaft Verantwortende verstehen, und durch das Interesse an der Nützlichkeit dieses (Selbst-)Verständnisses den Eindruck haben, der Regel Folge leisten zu sollen, auch wenn die Regel keinen anderen Nutzen hätte. Dieser Umstand wird die Willensfreiheit des Menschen genannt. Diese Willensfreiheit sollte aber nicht dazu führen, daß wir uns ständig aus lauter Sturheit verbohren, mit anderen Worten empfiehlt es sich, auch ihren Gebrauch zu regeln.

Eine gute Forderung in dieser Angelegenheit ist es, daß unser regelhaftes Verhalten, welches ich, soweit es meines ist, in diesem Blog als ἰδέα kategorisiere, im engstmöglichen Zusammenhang mit unseren Eindrücken, welche ich, soweit sie meine sind, in diesem Blog als Wahrnehmungen kategorisiere, steht, aus welcher Motivation heraus ich auch diesen Beitrag geschrieben habe.

Einiges ist noch detaillierter zu betrachten, aber dieser Zwischenschritt war wahrhaftig groß genug.

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