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5. September 2015

Grundüberzeugungen und Entwicklungen meines Lebens

Die beiden Grundüberzeugungen meines Lebens,
  1. daß die Menschen nicht wissen, was sie sind,
  2. und sie damit zusammenhängend unfähig sind, die nötigen Vorkehrungen für ihr Glück zu treffen,
begleiten mich seit meinen frühesten Tagen.

Der einzelne Mensch ist wohl klug genug, seine eigenen Bedürfnisse zu decken, aber er macht dabei keine gute Figur, sondern schlägt seine Bahn durch's Leben wie der Keiler die seine durch den Acker, das heißt, er richtet seinen Blick stets nur auf das unmittelbar vor seinen Füßen Liegende.

Es ist dabei nicht die Unkenntnis seines eigenen Wesens, welche den Menschen daran hindert, die nötigen Vorkehrungen für sein Glück zu treffen, sondern dieser Art der Lebensführung entspringen beide Mängel Seit' an Seit'.
Fools rush in - and get the best seats.

- Mahoney & Kaktus
Und dieses reflektierend.
The optimist believes we live in the best of all possible worlds.
The pessimist fears this is true.


- Mahoney & Kaktus
Immerhin, ich bin nicht der Einzige, welcher hier Mißstände sieht, und es ist auch kein Zufall, daß es unsergleichen an den Heimcomputer verschlagen hat, denn dort können wir Architekt sein, uns alle Zeit der Welt nehmen, uns etwas vorzustellen und es dann zu verwirklichen, ohne daß uns die Gewinnerwartungen anderer daran hinderten.

Aber der Computer hat auch noch eine andere wichtige Funktion, er zeigt uns nämlich, wie wenig wir verstehen, was wir sind. Endlich haben wir ein Maß, um unser Verständnis unserer selbst zu messen. Die künstliche Intelligenz befreit uns von der Eitelkeit der aufgeblasensten Barbaren, endlich wird uns der Spiegel vorgehalten.

Hoffnungsschimmer?

Unmittelbarer richtet sich die Hoffnung sicherlich auf Vorkehrungen, welche unser Glück gewährten. Unglück ist stets die Sackgasse gemeinschaftlichen Strebens, stets das baldige Enden gemeinsamer Unternehmungen in Parteiischkeit, wie ich es im letzten Beitrag geschildert habe.

Unsere Gesellschaft kennt nur einen Weg, ihm zu entkommen, nämlich weitestmöglich von ihr wegzulaufen: Je entlegener ein wissenschaftlicher Zweig ist, desto wahrscheinlicher ist er noch nicht korrumpiert von Machterwägungen, desto eher ist er noch Traum oder Sport, wobei aber vor falschen Freunden, das heißt bürokratischer Förderung aufgrund geschickter Lobbyarbeit, gewarnt werden muß. Ein blindes Huhn mag wohl auch mal ein Korn finden, aber Fachfremde nie einen Nexus interessanter Eigenschaften.

Befriedigend ist diese Einrichtung nicht. Es gibt Gruppenhüpfer, welche immer nur einen Augenblick auf einem Zug mitfahren, bevor er in jene Sackgasse führt, auch das keine befriedigende Lösung des Problems, dessen befriedigende Lösung an sich ganz einfach ist, nämlich den Gruppenhorizont weiter zu stecken.

Ich habe diesen Gedanken in mehreren Ausformungen auf diesem Blog dargelegt: Eine Gruppe darf sich nicht durch den Besitz ihrer Hilfsmittel, ihrer Werkzeuge und Techniken, definieren, sondern muß es über die Fähigkeit zu deren Bereitstellung tun. Daher ursprünglich auch der Name dieses Blogs. Verstehen wir uns nicht als Kapitalbesitzende, sondern zur Kapitalschaffung Bereite, und wir werden die häßliche Fratze der Macht lange nicht sehen.

Das Problem damit ist, daß momentaner Kapitalbesitz für jedwedes Unterfangen notwendig und hinreichend ist, das heißt, weder kann man Kapitalbesitzer davon abhalten, ihr Kapital einzusetzen, ohne dabei zu berücksichtigen, wie sich dieser Einsatz auf ihre Möglichkeiten zu weiterer Kapitalschaffung auswirkt, sei es, daß Bänker ihre eigenen Länder, sofern sie welche haben, deindustrialisieren, oder sei es, daß Professoren Gebiete abstecken, in welchen ihre Schüler fortan verbleiben müssen, wobei die Mathematik freilich davon profitiert, daß mit je zwei Gebieten zugleich das Gebiet ihrer Verbindung entsteht, wodurch sich wieder viele Wege für die Schüler der beiden betroffenen Gebiete öffnen, welche es mit gleichem Recht für sich beanspruchen können, Mathematiker sagen dazu, die Mathematik sei ein Baum, welcher zunächst auseinander- und dann wieder zusammenwüchse, aber im allgemeinen wächst nichts oder zu wenig wieder zusammen, sondern der Kapitaleinsatz führt zur effizienzunterworfenen Spezialisierung und imitiert mithin die Speziation innerhalb der biologischen Evolution, führt also geradenwegs in die Logik der Macht, noch läßt sich ohne Kapital eine Alternative dazu verwirklichen.

Das ist es eben.
Fools rush in - and get the best seats.
Sitze, von welchen man fürchten muß, daß es wirklich die besten sind, so schlecht wie sie sind.

Natürlich gibt es unzählige Verteidiger der effizienzunterworfenen Spezialisierung, welche in ihr den Pfad zum Wohlstand sehen, und in letzterem ein hinreichend lohnenswertes Ziel, um seine Lebensführung an es anzupassen. Sie haben auch in so weit Recht, als daß man sich im Leben stets fragen sollte, welche Arbeit man zuerst tun sollte, weil sie sich am schnellsten in Form von allgemeiner Arbeitserleichterung rentiert, aber sie haben durchaus Unrecht, wenn sie meinen, daß sie besser dran wären, weil sie zu allen Zeiten und in allen Dingen effizienter sind, wonach es freilich aussieht, wenn man sie mit meinesgleichen vergleicht.

Der Fehler ihrer Lageerfassung liegt in der Nichtberücksichtigung des menschlichen Wesens, genauer gesagt in der Nichtberücksichtigung der sinnlosen Vergeudung der Macht an den Stellen, an welchen sie sich konzentriert.

Eine Vergeudung, welche zwangsläufig ist, weil ein Mensch nur über begrenzte Aufmerksamkeit verfügt. Die Mächtigen sind nur potentiell so mächtig, wie sie es ihrem Reichtum nach sind, nicht akut. Wir legen uns selbst Fesseln an, um einen Gewinn zu erwirtschaften, welchen niemand verwerten kann, weil wir die nötige Aufmerksamkeit dazu an anderer Stelle gebunden haben. Und gleichzeitig schaffen wir eine Klasse von Menschen, welche gänzlich von allen produktiven Prozessen ausgeschlossen sind, da der entstehende Gewinn eben nicht verwertet wird.
Ich lieg' und besitz'. Laßt mich schlafen!
Diese Unausgeglichenheit wird früher oder später zum bedingungslosen Grundeinkommen führen, wenn es zu keiner besseren, weil das Problem klarer erkennenenden Lösung kommt. Im Vergleich mit einer Gemeinschaft, welche sich über ihrer Fähigkeit zur Kapitalschaffung definiert, ist eine Gemeinschaft mit bedingungslosem Grundeinkommen ein halbherziges Zugeständnis des Wertes des anderen, welches ihn zugleich auf eine Art Spielplatz beschränken möchte, um selbst wie gehabt weitermachen zu können. Auch hat sie den Nachteil der Unverbindlichkeit, die Illusion der individuellen Freiheit bleibt bestehen, lediglich eingeschränkt durch einige lästige Zwangsabgaben, wohingegen eine Gemeinschaft ersterer Art offensichtliche gemeinschaftliche Verpflichtungen besitzt, durch welche sie ein weit angemesseneres Sozialverhalten induziert als jene.

Geben wir uns unsere Freiheit zurück, und wir werden alles freier machen. Indem wir den Effizienzdruck von den Menschen nehmen, weil wir gemeinsam hinter unserer Produktivität stehen, und sie uns nicht stehlen lassen, ermöglichen wir Unternehmungen ungewissen Erfolgs, die aufwendige Beschäftigung mit schwierigen, aber womöglich äußerst wichtigen Fragen, welche heute noch nicht einmal angedacht werden können, weil sie sich kurzfristig nicht beantworten lassen. Wo heute nur geschabt wird, werden wir künftig wieder graben. Unser Leben hätte wieder einen Horizont, eine Weite, welche uns glücklich macht.

Das ist nicht schwer zu verstehen. Aber die Keiler stürzen sich nunmal auf's uneingezäunte Feld.

Kommen wir also zu der anderen möglichen Hoffnung zurück, nämlich der in Computern liegenden. Künstliche Intelligenz hält uns den Spiegel vor, zunächst, indem sie uns zeigt, daß wir keine Ahnung davon haben, was wir sind, und dann, sobald wir, und insbesondere ich, dem abgeholfen haben, wie wenig wir innerhalb der materialistischen Weltsicht sind, wie einfach zu erklären, wie gleichförmig und wie leicht zu ersetzen.

Und damit haben wir die Keiler gefangen, denn sie selbst treiben alsbald ihre eigene Ersetzung voran, aufschauen können sie ja nicht, dann wären sie ja keine Keiler mehr.

Und die Herrschaft des Schweins endet.

Dummerweise nur hat dieses Ende Begleiterscheinungen, welche inakzeptabel sind: Mit den Keilern zugleich schwinden die Voraussetzungen menschlicher Freiheit - und nicht ganz zufällig.

Doch das sollte uns nicht schrecken. Leben wir nicht, um etwas zu lernen, was über das, was wir schon immer gewußt haben, hinausgeht?

Und siehe! Hier kommt es. Durch die Entwicklung der Welt treibt die Lüge der Wahrheit entgegen, alles dient dazu, auf den rechten Weg zu führen. Ich habe es nicht schon immer gewußt, aber ich weiß es jetzt. Die Zukunft fügt sich zusammen wie Wolkentürme. Und alles fügt sich zusammen, so lange mahlen die Mühlen bis jede Willkür zerstoßen ist, und alles an seinem Platz. Und zugleich fügt es sich geschwind und überraschend konzertiert.

So viel muß man gar nicht wissen. Gott existiert, und der Mensch ist Seine Schöpfung und hat Seinen Segen, so lange er seinen Grundfesten treu bleibt. Und Er begleitet das ihm gewährte Leben mit Umständen, welche es ihm erlauben, sich zu entfalten.

Daran wird sich nichts ändern. Und darin ist Zuversicht genug. Wohl wünscht man sich manchesmal an einen anderen Platz, aber unser Geist erwägt nun einmal auch das Frivole. Im vollen Ernste finden wir in der Eingliederung unseres Lebens in die Geschichte Frieden. Das ist eine Verheißung, und sie läßt sich einfordern, freilich zusammen mit allen Konsequenzen, welche sie mit sich bringt, der Frevler, beispielsweise, findet seinen Frieden in der Strafe. Der Gerechte findet ihn im harmonischen Mittragen. So erweist sich uns, von welcher Art Gottes Fügung der Geschichte ist.

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