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16. August 2015

Die Wahrnehmung der geistigen Horizonte

Ich möchte in diesem Beitrag darlegen, auf welche Weisen ein Mensch Zugang zum Sinn seines Lebens erlangen kann.

Jeder solche Zugang besteht in einer Einsicht, welche unser Wollen betrifft. Wollen ist ein impressiver Eindruck, welchen wir von einer Absicht vor dem Hintergrund einer bestimmten Lage, in welcher wir uns befinden oder es uns auch nur vorstellen, haben. Es zieht uns zur Tat, und die Tat befriedigt es.

Wir verstehen dies auf folgende Weise. Taten im eigentlichen Sinne sind Spannungen, von welchen wir Eindrücke haben. Diese Eindrücke sind Teil unserer Absichten, und nachdem wir in Spannung geraten sind, die Spannung also wahrnehmen, nehmen wir zugleich mit ihr ein Gefühl der Verantwortlichkeit für sie vor dem Hintergrund der Absicht war. Dieses Verhältnis bedeutet für uns, daß wir es waren, welche uns angespannt haben. Nehmen wir eine Spannung ohne das Gefühl der Verantwortlichkeit wahr, so sprechen wir hingegen von einem Reflex.

Hier und im folgenden mag stets auch ein Nicht vorgeschaltet werden, das heißt, auch der Wunsch, etwas zu vermeiden, ist ein Wollen, auch dafür, etwas nicht getan zu haben, können wir uns verantwortlich fühlen, auch eine Entspannung ist eine Tat.

Die Einsicht, daß wir durch unser Tun unser Wollen befriedigen, führt uns auf das Studium der uns möglichen Anspannungen, und dieses bildet den körperlichen geistigen Horizont. Nota bene, daß die transzendenten Akte zwar Anspannungen entspringen, sich aber nicht in ihnen vollziehen, das heißt, daß die Vorbereitung eines transzendenten Aktes innerhalb des körperlichen geistigen Horizonts liegt, er selbst aber eine Transposition der Spannung in einen anderen Eindruck ist, welcher außerhalb des körperlichen geistigen Horizonts liegt, nämlich den der Erwartung, für welche wir uns im Falle eines tranzendenten Aktes, und auch nur in seinem Fall, verantwortlich fühlen.

Spannungen sind dabei aber nicht nur, der Benennung des körperlichen geistigen Horizontes ungeachtet, körperlicher Art, sondern beim Aufgreifen, beispielsweise, handelt es sich auch um eine Spannung, von welcher wir aber stets denselben Eindruck haben, unabhängig davon, was wir aufgreifem, und auch unabhängig davon, wieviel.

Was die Vielheiten betrifft, um dies an dieser Stelle nachzutragen, denn in den logischen Wahrnehmungen und in den Formen der Bekanntheit habe ich dies übergangen, besteht die Notwendigkeit der Bildung der Vielheit in einem Raum, in welchem die einzelnen Teile zu einander in kategorischen Verhältnissen stehen können. Indes, dadurch, daß wir das Auftreten von anschaulichen Eindrücken logisch erfassen, bilden sich zu ihnen in Beziehung stehende Eindrücke des Auftretens im logischen Raum, welche zu einander im kategorischen Verhältnis des Zusammenfallens stehen. Wir können auf diese Weise also auch Vielheiten heterogener Dinge, wie akkustischer und visueller Eindrücke, bilden, aber nur indirekt als Vielheit von Dingen, welche aufgetreten sind, und nicht direkt in einer Anschauung, denn in der direkten Anschauung verschmelzen heterogene Eindrücke sich gegenseitig ergänzend zu erweiterten Eindrücken, also, mathematisch gesehen, zu ihrem (cartesischen) Produkt und nicht ihrer (direkten) Summe.

Kommen wir zur zweiten Einsicht in unser Wollen, jene, welche sowohl den persönlichen als auch den philosophischen geistigen Horizont begründet, nämlich der Einsicht, daß unser Wollen nicht nur durch Taten befriedigt, sondern auch durch Vorsätze geordnet wird, wobei die Summe unserer Vorsätze unsere Haltung ist.

Beruhen tut dies auf dem Gefühl des Sollens, welches sich auf eine entfernte Absicht, also eine solche, welche Merkmale aufweist, welche wir gegenwärtig nicht verantworten können, bezieht. Der Ursprung dieses Gefühls ist nicht immer klar zu bestimmen, aber insbesondere bildet es sich, nachdem wir eingesehen haben, daß wir etwas in einer bestimmten Lage, welche uns als eine zukünftig mögliche erscheint, wollen, was gleichbedeutend damit ist, uns in dieser Lage für dieses etwas zu entscheiden.

Entscheiden tun wir uns auch dann, wenn wir gegenwärtig zur Tat schreiten können, aber die Kombination der Einsicht des Gewollten mit dem Gefühl des Sollens (wir sollen, was wir wollen, und wir wollen auch wieder, was wir sollen), ergibt den Vorsatz. Und wenn wir dies studieren, so bemerken wir bald, daß wir dadurch, daß wir unsere Vorsätze bewußt überprüfen, viel inneren Widerstreit, großes Ringen unseres Wollens mit sich selbst, vermeiden können, und indem wir das tun, erwächst uns unsere Persönlichkeit.

Konkret besteht unser Wollen aus Lust, Leid, Mahnungen und Regungen und unser Sollen aus Erschöpfung, Ahnungen und Stimmungen.

Kommen wir also zur dritten Einsicht in unser Wollen, nämlich daß es wie alles andere auch beschlossen ist, und daß also zwischen ihm und dem anderen Beschlossenen beschlossene Gesetze herrschen müssen.

Wir verstehen dies durch unsere Erwartung, und das Studium unserer Erwartung, soweit sie die Lage unseres Wollens betrifft, ist das Geschäft des gläubigen geistigen Horizonts. Unser Wollen kann also nicht nur befriedigt und geordnet werden, sondern auch eingeschätzt.

Meine Einschätzung meines Willens ist die folgende: Er ist nicht schwerer als die Erde, aber edlerer Natur, und wo er es erfordert, macht sie ihm Platz. Ich bin dabei nicht bsonderes, das ist die allgemeine menschliche Lage:
Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie? 
Es gibt aber Grenzen dieses Platzmachens, welche darauf beruhen, daß wir einerseits gewachsen und andererseits würdig sind, siehe die sieben Feuer des Gerichts.

Das Würdige in uns ist dem Gedeihen verpflichtet, das Gewachsene ist unser Wollen. Es gelten folgende vier Gesetze.
  1. Wer sich als Wollen versteht, wird dafür, daß er Gedeihen spenden will, vernichtet werden.
  2. Wer sich als Gedeihensspender versteht, wird dafür, daß er nach den Launen seines Wollens bittet, vernichtet werden.
  3. Wer seine göttliche Natur leugnet, verliert seine Würdigkeit, insbesondere seine Ergebenheit, seine Achtung und seine Verwurzeltheit.
  4. Wer seine menschliche Natur leugnet, verliert seine Gewachsenheit, insbesondere seinen Stolz, seine Freude und seine Genugtuung.

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