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6. August 2015

Analytische und synthetische Wahrnehmungen oder die Untergliederung der Wahrnehmung

Das Sonnenlicht spielt durch den Blätterschirm und auf dem Weg leuchten Kieselsteine auf, erst dieser, dann jener, der Blick fängt an, von einem zum anderen zu springen, und der Betrachter bemerkt mit Erstaunen den Zauber einer die Gedanken belebenden Welt: Vor ihm liegen Spuren, vor ihn legen sich Spuren.

Bevor wir Dinge zu einander in Beziehung setzen können, müssen wir sie zunächst werden lassen. Wir tun dies durch einen Akt des Aufgreifens, des etwas auf eine bestimmte Weise Meinens, nämlich als ein Glied unserer Analyse, unserer Beschäftigung.

Genauer gesagt untergliedern wir die urpsrüngliche Wahrnehmung, wenn wir etwas aufgreifen. Der Rest wird zur Referenz und das Aufgegriffene zum zu sich zu diesem Rest Verhaltenden, womit es per Definitionem dasjenige ist, mit welchem wir uns beschäftigen, und in just diesem Sinne, also unserer Beschäftigung zugeführt zu werden, wird es von uns aufgegriffen.

Es gibt dabei zwei verschiedene Fälle:
  • Das Verhältnis des Aufgegriffenen zur Referenz ist impressiv.
  • Das Verhältnis des Aufgegriffenen zur Referenz ist kategorisch.
Wenn wir beispielsweise einen Zweig aufgreifen, so ist das Verhältnis zum Rest der Welt impressiv, genauer gesagt gibt es uns einen Eindruck von der Lage des Zweiges, seiner Ausdehnung, seiner Entfernung und der Richtung, in welcher er liegt. Greifen wir aber zunächst zwei Zweige auf, und dann einen von ihnen, so ist der andere der Rest und das Verhältnis ist kategorisch und sagt uns beispielsweise, daß der eine uns näher oder weiter von uns liegt als der andere, oder daß er größer oder kleiner ist als der andere.

Impressive Verhältnisse dienen ausschließlich dazu, unser Handeln unbewußt zu informieren, kategorische Verhältnisse indes erlauben ihre logische Erfassung, da die Eindrücke, in welchen sie sich ausdrücken, wiedererkennbar oder diskret, wenn man so will, Englisch distinct ginge auch, sind.

Nachdem wir dies hinreichend genau betrachtet hätten, richten wir unseren Blick auf das Vorstellen, denn in ihm zeigt sich ja auch eine Untergliederung unserer Wahrnehmung.

Der Unterschied zwischen Vorstellen und Aufgreifen ist dabei lediglich der, daß wir das Auftretende aufgreifen, wohingegen wir uns etwas Ausbleibendes vorstellen, oder es auch erinnern, diese Unterscheidung ist an dieser Stelle unwesentlich. Im ersteren Fall analysieren wir, im letzteren handelt es sich um eine Synthese. Die Verbindung beider Prozesse ist dabei auch möglich, das heißt, wir können etwas Aufgegriffenes und etwas Vorgestelltes zu einem Glied zusammenfassen und als Referenz für eine spezifischere Beschäftigung verwenden, beispielsweise wenn wir uns fragen, ob dies der größte Baum ist, welchen wir je gesehen haben. Möge dies der Vollständigkeit halber als synthetisches Aufgreifen benannt werden.

Wie nah Aufgreifen und Vorstellen einander in unserem Denken hingegen wirklich liegen, zeigt der Fall des nicht von einem abfallenden Traumes, wenn man also erwacht, die Welt um sich herum sieht, sich auch in ihr bewegen kann, aber sie weiterhin träumend verfremdet. Die Erfahrung ist schrecklich, Leute, welche sie künstlich durch Drogen herbeiführen, nicht bei Trost. Hätte ich sie jemals länger als ein paar Sekunden aushalten müssen, wäre ich an einem Herzinfark gestorben. Aber sie beweist, daß es wirklich nur der Unterschied der logischen Erfassung ist, auf welchem unsere Unterscheidung von Realität und Phantasie beruht. Übrigens, jetzt wo ich mich daran erinnere, ich hatte nicht nur Herzrasen, sondern auch eine Art logischer Kopfschmerzen, und ein Aufbäumen der unterdrückten logischen Erfassung beendete den Spuk dann auch.

Was die technische Seite des Zustandekommens der logischen Formen angeht, ist folgendes zu sagen.

Jeder Erfassung eines Auftretens geht ein Aufgreifen des Auftretenden voran. Die Referenz ist dabei nur eine andere, nicht der Rest einer visuellen oder akkustischen Wahrnehmung, sondern die Wahrnehmung des Wahrnehmens, also der eigenen Existenz, welche dem Auftreten seinen Sinn verleiht. Die logische Erfassung setzt also Selbstbewußtsein im Sinne des Bewußtseins des eigenen Wahrnehmens voraus. Beim Ausbleiben ist es nicht anders, nur daß dort eben eine Vorstellung vorangeht. Zusammenfallen und Begleitung ergeben sich parallel zu entsprechenden Erfassungen des Auftretens und Ausbleibens.

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