Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

1. Juli 2018

Behemoth und Leviathan

Siehe den Behemoth, den ich neben dir gemacht habe; er frißt Gras wie ein Ochse. Siehe seine Kraft ist in seinen Lenden und sein Vermögen in den Sehnen seines Bauches. Sein Schwanz streckt sich wie eine Zeder; die Sehnen seiner Schenkel sind dicht geflochten. Seine Knochen sind wie eherne Röhren; seine Gebeine sind wie eiserne Stäbe. Er ist der Erstling der Wege Gottes. Der ihn gemacht hat, der greift ihn an mit seinem Schwert. Die Berge tragen ihm Kräuter, und alle wilden Tiere spielen daselbst. Er liegt gern im Schatten, im Rohr und im Schlamm verborgen. Das Gebüsch bedeckt ihn mit seinem Schatten, und die Bachweiden umgeben ihn. Siehe, er schluckt in sich den Strom und achtet's nicht groß; läßt sich dünken, er wolle den Jordan mit seinem Munde ausschöpfen. Fängt man ihn wohl vor seinen Augen und durchbohrt ihm mit Stricken seine Nase?

Kannst du den Leviathan ziehen mit dem Haken und seine Zunge mit einer Schnur fassen? Kannst du ihm eine Angel in die Nase legen und mit einem Stachel ihm die Backen durchbohren? Meinst du, er werde dir viel Flehens machen oder dir heucheln? Meinst du, daß er einen Bund mit dir machen werde, daß du ihn immer zum Knecht habest? Kannst du mit ihm spielen wie mit einem Vogel oder ihn für deine Mädchen anbinden? Meinst du die Genossen werden ihn zerschneiden, daß er unter die Kaufleute zerteilt wird? Kannst du mit Spießen füllen seine Haut und mit Fischerhaken seinen Kopf? Wenn du deine Hand an ihn legst, so gedenke, daß es ein Streit ist, den du nicht ausführen wirst. Siehe, die Hoffnung wird jedem fehlen; schon wenn er seiner ansichtig wird, stürzt er zu Boden. Niemand ist so kühn, daß er ihn reizen darf; wer ist denn, der vor mir stehen könnte? Wer hat mir etwas zuvor getan, daß ich's ihm vergelte? Es ist mein, was unter allen Himmeln ist. Dazu muß ich nun sagen, wie groß, wie mächtig und wohlgeschaffen er ist. Wer kann ihm sein Kleid aufdecken? und wer darf es wagen, ihm zwischen die Zähne zu greifen? Wer kann die Kinnbacken seines Antlitzes auftun? Schrecklich stehen seine Zähne umher. Seine stolzen Schuppen sind wie feste Schilde, fest und eng ineinander. Eine rührt an die andere, daß nicht ein Lüftlein dazwischengeht. Es hängt eine an der andern, und halten zusammen, daß sie sich nicht voneinander trennen. Sein Niesen glänzt wie ein Licht; seine Augen sind wie die Wimpern der Morgenröte. Aus seinem Munde fahren Fackeln, und feurige Funken schießen heraus. Aus seiner Nase geht Rauch wie von heißen Töpfen und Kesseln. Sein Odem ist wie eine lichte Lohe, und aus seinem Munde gehen Flammen. Auf seinem Hals wohnt die Stärke, und vor ihm her hüpft die Angst. Die Gliedmaßen seines Fleisches hangen aneinander und halten hart an ihm, daß er nicht zerfallen kann. Sein Herz ist so hart wie ein Stein und so fest wie ein unterer Mühlstein. Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken; und wenn er daherbricht, so ist keine Gnade da. Wenn man zu ihm will mit dem Schwert, so regt er sich nicht, oder mit Spieß, Geschoß und Panzer. Er achtet Eisen wie Stroh, und Erz wie faules Holz. Kein Pfeil wird ihn verjagen; die Schleudersteine sind ihm wie Stoppeln. Die Keule achtet er wie Stoppeln; er spottet der bebenden Lanze. Unten an ihm sind scharfe Scherben; er fährt wie mit einem Dreschwagen über den Schlamm. Er macht, daß das tiefe Meer siedet wie ein Topf, und rührt's ineinander, wie man eine Salbe mengt. Nach ihm leuchtet der Weg; er macht die Tiefe hellgrau. Auf Erden ist seinesgleichen niemand; er ist gemacht, ohne Furcht zu sein. Alles Hohe sieht er; er ist ein König über alle Stolzen.
Als Prinzip steht der Behemoth für die Willkür und der Leviathan für die Folgen, aber vornehmlich bezeichnen diese beiden herrschaftliche Auswüchse derselben, der Behemoth die Dynamik geballter Macht und der Leviathan die Statik vernetzter Interessen.

Der Behemoth verleibt sich schwierigkeitslos Strömungen ein, und der Leviathan wacht aus seiner selbsterleuchteten Tiefe über die Hohen. Beiden gefällt es oftmals, die Menschen als Spielzeuge zu verachten, aber zugleich steckt in beiden auch oftmals die Möglichkeit zu politischer Korrektur, nämlich wenn die Menschen unter dem jeweils anderen unter Selbstgefälligkeit, beziehungsweise Knechtung leiden und sie ihnen also Freiheit, beziehungsweise Gerechtigkeit versprechen.

Labels: , , , , , , , , ,