Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

1. Oktober 2023

Zur Wahl des Fremden

Die Ermessung des Eigenen und Fremden orientiert sich wesentlich an den Ordnungen, also an
  • der Ermächtigung,
  • der Organisation und
  • dem Glauben.
Grundsätzlich ist das Fortgeschrittenere vorzuziehen, nur ist es nicht immer zugänglich. Um diesen Beitrag nicht unnötig zu komplizieren, sei im folgenden angenommen, daß das Fremde Teil des Zeitalters der Werke ist, also seinen generativen Zykel implementiert.

In dem Fall ist die Ermächtigung allen zugänglich und der Glaube, soweit er die wissenschaftlichen Grundlagen der Ermächtigung betrifft, jedenfalls jenen, welche seine Lehre zu lernen vermögen. Das ist indes nicht der ganze Glaube. Der Rest besteht in der Erkenntnis, daß die jeweils herrschende Phase des Glaubenszykels die richtige für die Zeit ist, und dieser Glaube wird nicht unterrichtet, da es unmöglich ist, ihn zu unterrichten, ohne ihn gleichzeitig in Frage zu stellen. Stattdessen behält ihn jeder für sich und unangefochten und verleiht ihm durch politisches Engagement Gewicht.

Was hingegen die Organisation betrifft, so ist sie desto unzugänglicher, je weiter fortgeschritten sie ist. Außerdem hängt die Komplexität, zu welcher Organisationen im funktionalen Zykel voranschreiten, überproportional vom Fortschritt des Glaubenszykels ab (wenigstens quadratisch, würde ich sagen, aber das ist natürlich nur über den Daumen gepeilt, linear, jedenfalls, dürfte das Produkt der Zahl der Bearbeitungsschritte mit jener der Einzelteile nicht gewachsen sein).

Die Organisationen werden aber nicht nur komplexer, sondern der Organisationsprozeß auch erprobter, und damit hängt die Verkürzung der Glaubenszykel im Iran zusammen: Die iranische Kultur kennt den generativen Zykel nicht, das heißt die Administration bemüht sich nicht um fortschreitende Kultur (Technologie), Partnerschaften oder Bildung (mittlerweile vielleicht schon). Und also findet der einzige Fortschritt mit der Zurücksetzung des Glaubenszykels statt, wann neue Konzepte in die Verfassung der Gesellschaft einfließen, doch deren Haltbarkeit verkürzt sich im Windschatten der organisationalen Häutungsfrequenzsteigerung des Zeitalters der Werke.

Ich wollte das nicht unerwähnt lassen, doch kommen wir nun zu den Angeboten des zur Wahl stehenden Fremden.
  1. finaler Glaubensfortschritt, komplexe Organisation, große Ermächtigung,
  2. präfinaler Glaubensfortschritt, komplexe Organisation, große Ermächtigung,
  3. präfinaler Glaubensfortschritt, elementare Organisation, geringe Ermächtigung.
Ad 1. Niemand, der es so sieht, wird das Fremde wählen, denn bevor die komplexe Organisation auf die eine oder andere Weise (siehe weiter unten) geknackt werden kann, wird der Glaubenszykel zurückgesetzt werden, und damit auch der Komplexitätsgrad der Organisation reduziert und ihre relative Ermächtigung eingeebnet, was vorzugsweise aus der Ferne beobachtet wird. (Seltsamerweise war mir das hinsichtlich der Vereinigten Staaten bereits im Juni 1994 klar.)

Ad 2. Das Problem hier besteht in der Integration in die komplexe Organisation. Es gibt zwei Wege, sie zu erreichen, nämlich erstens sich das gelehrte Wissen anzueignen und im Laufe mehrerer Generationen die nötigen Kontakte zu knüpfen, um sich in die höheren Ebenen der Organisation hinaufzuarbeiten - je höher die Ebene, in desto mehr Verbindungen stehen ihre Rollen, obschon es mehr Rollen auf den niedrigeren Ebenen gibt, was auch gleich zum zweiten Weg überleitet, nämlich sich in den niedrigen Ebenen zu organisieren und die Organisation umzustürzen oder wenigstens partiell auszusetzen. Es hängt vom Charakter ab, was davon einen anspricht.

Ad 3. Unter Umständen steht einem nur Fremdes zu Wahl und bei erheblichen Glaubensabweichungen im nichttechnologischen Bereich ist die Verlockung (per Definition) an einem fortgeschrittenen Glauben teilzuhaben nicht sehr groß, so daß einem die größere Ermächtigung den Ärger mit der komplexen Organisation nicht wert ist. Daß dies nicht weit abschreckender auf große Teile der Dritten Welt wirkt als es das tut, liegt daran, daß es der Ersten gelingt, die Illusion zu erzeugen, daß sie an nichts glaube, was aber in keiner Weise der Wahrheit entspricht. Dennoch, diese List hat auch erheiternde Konsequenzen, namentlich die, daß jene, welche mit dem Glauben, wie er zu Christi Zeiten verstanden wurde, nicht mehr das Geringste anfangen können, plötzlich vor Menschen stehen, welche gar keinen anderen kennen. Was wirklich lustig daran ist, ist, daß dies ein systemisches Phänomen ist, insofern komplexe Organisationen im Bemühen noch komplexer zu werden, ihre unteren Ebenen mit solchen Methoden geradezu bestücken müssen, wodurch sie der Zurücksetzung des Glaubenszykels erheblich Vorschub leisten.

Ja, es ist nicht sonderlich heroisch, Fremdes zu wählen, und auch nicht unbedingt sicherer, aber was bringt es einem zu ignorieren, was einer glaubt? Auch wenn er es verheimlicht, er glaubt es doch. Und da läuft es mir kalt den Rücken 'runter, wenn ich die fortgeschritteneren Spezialisierungen betrachte.

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