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19. Oktober 2024

Zum Genügen an der Zeit

Ich war einmal wieder in Deutschland, und schon bevor ich losgefahren war, hatte ich einen Riesenstreß, und nach ungefähr drei Wochen Streß bin ich geistig etwas unter die Räder gekommen, was man auch an den Beiträgen der vorigen Woche sehen kann. Andererseits sind sie nicht so schlecht geraten, daß ich mich ihrer schämen müßte, und außerdem bin ich zu einem tieferen Verständnis meiner Familiengeschichte gelangt.

Ich schrieb, daß der Lebenssinn darin bestehe, die Ge- oder Verhießenheitsgefäße zu formen, wobei sich seine Unterschiede aus unserer Gehießenheit ergäben, was zu einem Kreisschluß führt, wenn wir unser Gewissen uns unseren Lebenssinn heißen lassen, wie es ja auch tatsächlich geschieht. Zu seiner Auflösung muß das Geheiß unseres Gewissens, welches für die Formung der Art verantwortlich ist, näher bestimmt werden, und das wurde es gewissermaßen auch schon, aber auf eine sehr indirekte Weise, weshalb ich mit Rückgriff auf den vorigen Beitrag die Unterschiede im Lebenssinn hier wie folgt vereinfachen möchte, nämlich ob (und wie) es uns vorrangig um
  • die Kameradschaft in einem Schwarm,
  • die Geistesverwandtschaft in einer (selbstentsprechenden) Art oder
  • die Herrschaftlichkeit in einer Tradition
geht.

Theoretisch kann es uns an jeder dieser Wertschätzungen genügen oder nicht genügen, praktisch aber müssen wir uns ihr zuliebe für eine entscheiden, an welcher es uns am wenigsten genügt, und jene bestimmt dann den generativen Zykel, in welchem wir aufgehen,
  • die Kameradschaft jenen des Zeitalters der Wacht,
  • die Geistesverwandtschaft jenen des Zeitalters der Wunder und
  • die Herrschaftlichkeit jenen des Zeitalters der Werke,
und wie wir also zu erwarten haben, gibt es somit etliche Fälle, in welchen wir nicht in unserer Zeit aufgehen, und welche ich nun, mit Ausnahme jenes, in welchem bereits alles dem allgemeinen Urteile nach zum Besten bestellt ist, behandeln werde, wiewohl aus dem folgenden auch ersichtlich sein sollte, was in jenem einzutreten vermöchte.

Bevor ich die verbleibenden Fälle aber durchgehen kann, muß ich die ebenfalls etwas unklar gebliebene Theorie der erwägend-erwählenden Daimonen präzisieren, denn wir greifen gerade deswegen zu diesen Verhaltensmustern, weil sie es uns erlauben, in einer uns fremden Zeit zu überleben.

Genauer gesagt besteht das Ziel des
  • betretenden Daimons in der Herstellung von Kameradschaft durch daimonische Arrangierung, das heißt die Positionierung von Fremden, um sie begegnen zu lassen, insbesondere aber die eigene Positionierung, um von Fremden begegnet zu werden,
  • verwickelnden Daimons in der Herstellung von Geistesverwandtschaft durch daimonische Klärung, das heißt die Überzeugung von Fremden, um sie ermessen zu lassen, und
  • versetzenden Daimons in der Herstellung von Herrschaftlichkeit durch daimonische Erhebung, das heißt die Wappnung von Fremden, um sie umsetzen zu lassen.
Diese Verhaltensweisen treten also in den drei Zeitaltern auf, nämlich im Zeitalter der
  • Wunder
    • daimonische Wappnung in der Gewährungsherrschaftlichkeit bei fremdem Genügen und
    • daimonische Arrangierung zum Wandel des Zeitalters bei ungenügender Kameradschaft,
  • Wacht
    • daimonische Klärung in der Anerkennungsgeistesverwandtschaft bei fremdem Genügen (Einführung neuer Götter) und
    • daimonische Wappnung zum Wandel des Zeitalters bei ungenügender Herrschaftlichkeit (Technologietransfer, etwa an rückständige Germanen), und
  • Werke
    • daimonische Arrangierung in der Unterstützungskameradschaft bei fremdem Genügen und
    • daimonische Klärung zum Wandel des Zeitalters bei ungenügender Geistesverwandtschaft.
Dies sind indes noch nicht alle Fälle, und der Übersicht halber seien sie alle noch einmal der (un)genügenden Wertschätzung nach aufgeführt.

Kameradschaft
  • genügend
    • daimonische Wappnung für die Gewährung des Zeitalters der Wunder
    • daimonische Klärung für die Anerkennung des Zeitalters der Wacht
    • Aufgehen in der Unterstützung des Zeitalters der Werke
  • ungenügend
    • im Zeitalter der Wunder
      • exzessive Demonstration der eigenen Geistesverwandtschaft
      • Spezialistentum in der Teilhabe
      • daimonische Arrangierung zum Wandel des Zeitalters
    • Aufgehen in der Partnerschaft des Zeitalters der Wacht
    • daimonische Arrangierung der Unterstützung des Zeitalters der Werke
Geistesverwandtschaft
  • genügend
    • daimonische Wappnung für die Gewährung des Zeitalters der Wunder
    • Aufgehen in der Anerkennung des Zeitalters der Wacht
    • daimonische Arrangierung der Unterstützung des Zeitalters der Werke
  • ungenügend
    • Aufgehen in der Bildung des Zeitalters der Wunder
    • daimonische Klärung für die Anerkennung des Zeitalters der Wacht
    • im Zeitalter der Werke
      • exzessive Demonstration der eigenen Herrschaftlichkeit
      • Spezialistentum in der Lehre
      • daimonische Klärung zum Wandel des Zeitalters
Herrschaftlichkeit
  • genügend
    • Aufgehen in der Gewährung des Zeitalters der Werke
    • daimonische Klärung für die Anerkennung des Zeitalters der Wacht
    • daimonische Arrangierung für die Unterstützung des Zeitalter der Werke
  • ungenügend
    • daimonische Wappnung für die Gewährung des Zeitalters der Wunder
    • im Zeitalter der Wacht
      • exzessive Demonstration der eigenen Kameradschaft
      • Spezialistentum in der Aufgabe
      • daimonische Wappnung zum Wandel des Zeitalters (Prometheus, auch wenn ich ihn zuvor anders deutete)
    • Aufgehen in der Kultur (Technologie) des Zeitalters der Werke
Und wenn ich nun auf meine Familie blicke, so sehe ich dort das väterlicherseitige Vorwalten der Geistesverwandtschaft, welche meinem Urgroßvater genügte, meinen Großvater, Onkel und Vetter in den Exzeß trieb und treibt, mich zum Wandel des Zeitalters anspornt und meinen Sohn zur Wappnung für die Gewährung, wie mir scheint. Auch ist meine Wahlheimat dem Umstand geschuldet, daß ich nicht bereit bin, mich vom deutschen Genügen an der Kameradschaft zermalmen zu lassen, wobei mein Urgroßvater meinem Großvater den Exzeß ermöglichte und dieser meinem Onkel und jener meinem Vetter, mein Vater mir aber nicht, und auch mein Vetter scheint nicht mehr gewillt, diese Schiene weiter auszubauen.

Es ist doch irgendwie tragisch, daß Generationen gegen das Ertrinken ankämpfen, ohne zu wissen, wie ihnen geschieht. Die überwältigende Mehrheit der  Deutschen denkt aber, daß das Leben ganz leicht sei.

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