Bereitschaftsbeitrag

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17. Juli 2012

Objektivismus

Ich schätze Alexander Benesch durchaus zu einem gewissen Grad und deshalb werde ich nun doch das tun, was nicht zu tun, ich mir eigentlich vorgenommen hatte, nämlich den aus meiner Sicht objektivistischen Unsinn Ayn Rand's als solchen bloßzustellen.

Beginnen wir zu diesem Zweck mit einigen einfachen Bemerkungen.
  1. Zustimmung ist entweder freiwillig oder erzwungen.
  2. Freiwillige Zustimmung ist entweder unmittelbar eigennützig oder mittelbar.
  3. Mittelbar eigennützige Zustimmung besteht stets darin, eine gesellschaftliche Umgangsweise zu verankern.
Ad 3. Nun, wenn wir das Leben als Spiel betrachten, so gibt es offenbar nur die beiden Möglichkeiten, daß ein Spielzug für uns vorteilhaft ist oder eine Regeländerung aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen von uns so eingeschätzt wird.

Es gibt also drei Arten von Zustimmungen, die erzwungenen, die erkauften und die zuversichtlichen.

Ein Objektivismus, welcher seinem Namen alle Ehre machte, würde die dritte Sorte nicht zu unterdrücken suchen, sondern schlichtweg ignorieren.

Er  würde die Politik als das Problem ansehen, erzwungene Zustimmungen überall durch erkaufte Zustimmungen zu ersetzen, davon ausgehend, daß er sich um die zuversichtlichen Zustimmungen keine Sorgen zu machen braucht.

So verhält es sich nun aber nicht. Die Grundformel ist einfach genug.

Du kannst alles tun, so lange es keinem anderen schadet.

Aber so einfach und klar das klingt, in der Realität kommt es schon sehr bald zu Fragen, wo es nicht offensichtlich ist, ob eine bestimmte Tat einem anderen schadet oder nicht.

Beispielsweise, wenn ich bei der örtlichen Bürgerwehr nicht mitmache, schade ich da anderen oder tue ich es nicht?

Das wird man so allgemein nicht beantworten können, es hängt nämlich sehr von den Umständen ab. Die Art von Problemen, welche hier auftritt, ist das kostenlose Trittbrettfahren. Ich profitiere unter Umständen von der Bürgerwehr, aber ich beteilige mich nicht an ihren Kosten.

Eine andere Art von Problemen ist die Sabotage von Projekten, welche allen viel brächten. Ist es noch zulässig, auf ein Recht zu pochen, wenn dessen Bruch einem selbst keinen meßbaren Schaden zufügt, aber der gesamten Gemeinschaft große Erleichterungen brächte?

Nehmen wir an, wir lebten in einem Tal und jemandem gehörte ein längliches Grundstück, welches den Rest des Tales von der Außenwelt abschnitte. Schadet der keinem anderen, wenn er die anderen Bewohner des Tals sein Grundstück nicht betreten läßt?

Nun, es tut hier nichts zur Sache, sämtliche Streitigkeiten aufzuzählen, welche (auch) unter Libertären diskutiert werden und zu welchen unterschiedliche Auffassungen bestehen, wobei Rothbard wohl den extremsten Standpunkt einnimmt.

Wichtig ist mir hier nur, daß der Anspruch des Objektivismusses, sich eindeutig aus der Vernunft abzuleiten, unhaltbar ist.

Und damit fangen die Probleme an, denn es gibt im Objektivismus kein Verfahren, um zu politischen Übereinkünften zu kommen. Der Objektivismus unternimmt die Abschaffung der Politik. Er unternimmt die Verewigung der Gesetze. Und wenn niemand mehr an einem alten Gesetz festhalten wollte, es wäre unverrückbar, da unverfälscht aus reiner Vernunft abgeleitet.

Also ist es in der Praxis auch so, daß jede libertäre Fraktion ihren Guru hat, dessen Urteil für alle Anhänger verbindlich ist. Ayn Rand beispielsweise hat ihren Anhängern vorsorglich verboten, Beethoven und Mozart zu hören, weil sie das zu einem falschen Politikverständnis verleiten würde, auch untersagte sie es ihrer so genannten Gemeinschaft der Vernünftigen, nicht zu rauchen, da aristokratisch seinen Mitmenschen den Rauch ins Gesicht zu blasen ihrer Meinung nach wohl ganz wesentlich für die Verbreitung der objektivistischen Weltsicht ist.

Dieses ist aber nur konsequent, es ist keine Marotte von Ayn Rand gewesen, sondern ergibt sich zwangsläufig daraus zu behaupten, daß das Recht etwas objektives ist.

Was heißt es, daß 1+1=2 objektiv richtig ist?

Nun, es heißt, daß es genügt, wenn ein Mensch das überprüft. Sein Urteil ist objektiv, das heißt, jeder andere Mensch käme zu dem selben Urteil und deshalb ist es ganz überflüssig, daß es noch ein zweiter Mensch überprüft.

Wenn Recht objektiv wäre, so wäre es in der Tat die Aufgabe eines Genius' es einmal bis in seine letzten Winkel zu verfolgen und es in Stein zu meißeln.

Ja, das wurde auch schon gemacht, wohl war. Und natürlich ist im Recht vieles objektiv oder doch von der Art, daß subjektive Unterschiede nicht allzu wichtig sind, also beispielsweise, auf welche Weise jemand hinzurichten sei: Steinigung, Guillotine oder elektrischer Stuhl, was soll's letzten Endes.

Doch bleiben auf diese Weise bestimmte Probleme eben bestehen, welche, wenn eine politische Lösung unterbunden wurde, durch Gewalt gelöst werden müssen (Gewalt hier sowohl im Sinne des Zuckerbrots als auch der Peitsche, zwingen und kaufen).

Politische Lösung heißt an dieser Stelle Gesetzgebung, also die zuversichtliche Zustimmung zu erreichen, egal durch wen. Das kann das Volk sein, eine Gruppe von freimaurerisch zusammengeschlossenen Großkapitalisten, ein Rabbiner oder ein Ajatollah.

Allgemein gesprochen entweder jeder, unabhängig von seiner Qualifikation, oder eine Gruppe von Experten einer bestimmten Qualifikation.

Nun sind zwei Gruppen aus unterschiedlichen Gründen zu dieser Aufgabe berufen. Einmal das Volk, weil es die beschlossenen Gesetze auszubaden hat und also Feedback kriegt, und zum anderen die Geistlichkeit, weil sie sich satzungsgemäß mit den Dingen beschäftigt, welche Recht begründen können und sie also die besten Chancen hat, Zuversicht in ein neues Gesetz herzustellen.

Freilich, das ist allgemein gesprochen. Wenn es um die Marktordnung geht, wird man besser Wirtschaftsexperten zu Rate ziehen. Indes ist es nicht per se abwegig, daß die Geistlichkeit ihre eigenen Wirtschaftsexperten hat, wie es ja bei der katholischen Kirche der Fall ist. Aber diesbezüglich möchte ich nicht ins Detail gehen.

Der weiseste Modus des Zusammenspiels von Volk und Geistlichkeit ist meines Erachtens, wie ich ja auch schon zuvor gesagt habe, derjenige, daß das Volk beschließt und die Geistlichkeit lediglich beeinflußt, und gegebenenfalls andere Experten ebenso.

Damit ist nichts über Herrschaftsstrukturen gesagt. All dies hat damit rein gar nichts zu tun. Das hier ist nichts weiter als das kleine Einmaleins der Gesetzgebung.

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