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30. Dezember 2012

Von der Notwendigkeit der Änderung unserer Bedingtheit

Im großen und ganzen ist mir der Beitrag Zusammenhänge doch gelungen, auch wenn ich heute ein paar Dinge anders ausdrücken würde. Ich ging dort von unserer Bedingtheit als der Wurzel unseres gesamten Seins aus, und das möchte ich hier zunächst rekapitulieren.

Wir sind kausal, funktional und konstitutional bedingt, in sofern sich unsere Taten im Rahmen der Kausalität, der funktionalen Zusammenhänge, an welchen wir teilhaben, und unserer Konstitution vollziehen.

Unsere Konstitution besteht dabei aus unserer organischen Leistungsfähigkeit, aus unserer Haltung, aus unseren Begriffen und aus unseren Erinnerungen. Dazu ist zu sagen, daß es sich bei den letzten dreien technisch gesehen sämtlich um Assoziationen handelt, welche indes auf unterschiedliche Weisen unsere Taten beeinflussen. Erinnerungen verhalten sich zumeist passiv, nur gelegentlich kommt es zu spontanem Aufkommen ihrer (was wir, wenn uns lediglich diese Verbindung bewußt ist, aber nicht die Erinnerung, auf welche sie sich bezieht, als Déjà-vu erleben), unsere Haltung legt bestimmte Handlungsfolgen in automatisch aufgerufenen und ausgeführten Programmen fest und unsere Begriffe bilden die Basis für unsere Erfassung der Situation.

Damit ist unsere organische Leistungsfähigkeit aber unsere Antwort auf unsere Bedingtheit durch die Kausalität, unsere Haltung unsere Antwort auf unsere Bedingtheit durch Funktionsmuster und unsere Begriffe unsere Antwort auf unsere Bedingtheit durch unsere Konstitutivität, vor allem durch unsere Erinnerungen, welche sie strukturieren.

Unsere Konstitution ist also Teil unserer Bedingtheit und Anpassung an unsere Bedingtheit zugleich.

Und unser Wille ist dasjenige, welches unsere Taten im Rahmen unserer Bedingtheit anstößt, die Lust im Rahmen der Kausalität, die Achtung im Rahmen unserer Funktionsmuster und die Sorge im Rahmen unserer Konstitutivität.

Das Wachstum unseres Bewußtseins dabei vom Bewußtsein der Anstrengung zwischen dem, was ist, und dem, was sein soll, über das Bewußtsein verschiedener Handlungsalternativen zum Bewußtsein eines Zustandsraums, in welchem sich alles Handeln vollzieht, welches ich im Beitrag Erweiterungen des Bewußtseins des Wollens behandelt habe, entspricht gerade der Erweiterung unserer Konstitution zunächst um eine Haltung und dann um Begriffe. Letzteres ist trivial, aber auch was die Haltung angeht, ist es nicht sonderlich kompliziert, denn nur dann lassen sich verschiedene Alternativen wählen, wenn verschiedene Handlungsabläufe zur Wahl bereit stehen, und gerade aus diesen samt den Bedingungen ihres Eintretens besteht unsere Haltung ja.

Unsere Bedingtheit entspricht also, glücklicherweise, sollte man meinen, denn sonst könnten wir sie nur unzureichend verstehen, den verschiedenen Facetten unseres Bewußtseins, durch welche sich unser Wille zeigt, und unsere Konstitution ist die Substanz dieses Bewußtseins, das an das Bewußte als die Art seines Bewußtseins Ermöglichende Angepaßte.

Bezüglich der transzendenten Akte ist in der Sache wahrlich nicht mehr viel zu sagen, und doch muß ich hier der Vollständigkeit der beschriebenen Struktur halber nochmals auf sie eingehen.

Sie sind unmittelbare Auslieferungen an die Bedingtheit, Ordnung und Mischung an die kausale, Achtsamkeit und Willkür an die funktionale und Verbindung und Auflösung an die konstitutionale, wobei die letztere den Willen betrifft, welcher sich durch die Substanz des Bewußtseins zeigt und nicht die Substanz des Bewußtseins selbst. Die vier menschlichen Geister, Ringende, Suchende, Achtende und Versuchende, sind Beispiele solcher unterschiedlicher Willen, welche sich durch unsere Bedingtheit und auch in unserer Konstitution zeigen, denn selbstverständlich wirken unsere Taten, gewollt oder ungewollt, auch auf unsere Konstitution. Und sie veranschaulichen damit zugleich die Art der Auslieferung, um welche es hier geht, nämlich die Auslieferung an das wachsende Wollen, welches letztlich verantwortlich für die Konstitution ist, das formgebende Prinzip hinter der Form.

In diesen Auslieferungen vollzieht sich das göttliche, von unserem Willen unabhängige, Urteil über unsere Rollen in der Welt. Es beginnt, wo unsere Möglichkeiten enden, wo sich unsere Bedingtheit in Gefangenschaft verwandelt.

Und aus unserer heutigen Bedingtheit entspringt nun zwangsläufig Gefangenschaft, so daß wir auf transzendente Akte angewiesen sind.

Und der einfachste Weg aus dieser Gefangenschaft heraus besteht darin, daß sich jenes gewachsene Wollen, welches nicht bereit ist, sich dem göttlichen Urteil zu stellen, auflöst, denn hätten wir nur etwas Bereitschaft, uns nötigenfalls Gott anzuvertrauen und auf seine Korrektur jenseits unserer Macht zu setzen, so ließen wir die Finger von immer neuen Methoden, uns gegenseitig zu zwingen.

Freilich, das ist nicht radikal pazifistisch zu verstehen. Man kann von Einzelnen nicht immer Beherrschung erwarten und wird darüber nicht Gott anrufen wollen. Dieses Problem ist in einem größeren gesellschaftlichen Körper lösbar, welcher die in ihm auftretenden Instabilitäten stabilisiert. Aber in unserem Leben gibt es keine letzten Sicherheiten, und nach ihnen zu streben, bringt den Tod.

Vielleicht könnten wir sogar unseren Frieden mit Gott schließen und uns in allen Herzensangelegenheiten ausliefern, irgendwann einmal, wenn uns unsere und die Natur unseres Seins vertraut genug geworden sind, denn daraus entsteht all unser Elend, daß wir nicht wissen, wie unsere Pflichten mit unseren Möglichkeiten zur Deckung zu bringen sind.

Wenn sich unser Wille in diesem Punkt hingegen nicht änderte, so werden entweder die uns offenstehenden funktionalen Zusammenhänge immer eingeschränkter werden oder unsere Erinnerungen ausgelöscht, bevor sich ersteres weiter fortsetzte. Schwer zu sagen, wohin der erste Weg führte, da wäre vieles möglich, aber nichts zu bejahen. Die Auslöschung der Erinnerungen kann man hingegen wohl nicht a priori ausschließen, das wäre sozusagen die Variante des Versagens. Nun, andere Willensänderungen wären auch noch möglich, nur liefe das darauf hinaus, die menschliche Substanz aufzugeben.

Abschließend möchte ich noch kurz die Sichtweise besprechen, daß durch die transzendenten Akte eine Änderung der Kausalität und der grundlegenden Funktionsmuster eingetreten wäre. Ich halte dies für falsch, denn in dem Falle beherrschte der persönliche Wille diese. Ihre Funktion besteht aber erkennbar in der Vermittlung verschiedener Willen. Aus dem Grunde lassen sie sich auch nicht so ohne weiteres vorführen, was entsprechend nur möglich wäre, wenn die Vorführung in Gottes Absicht läge.

Über die geistigen Horizonte äußere ich mich hier nicht mehr. Dazu ist an verschiedenen Stellen bereits alles gesagt worden, so daß mich die etwas unvollkommene Darstellung im Beitrag Zusammenhänge hier nicht weiter stören soll.

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