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12. Mai 2014

Bedingte Erwartungen

Ich hatte bisher gesagt, daß Erwartungen durch möglicherweise unvollständige Aussagen gegeben sind, welche durch analytische Fixierung von synthetischen Eindrücken bestätigt werden können und im Falle, daß sie nach einer Besinnung auf diese möglicherweise unvollständige Aussage nicht bestätigt werden, ein Gefühl der Enttäuschung hinterlassen.

Und für bestimmte Erwartungen verhält sich das auch so, nämlich für ortlose, wobei auch dort Unterschiede bezüglich des Umgangs mit Enttäuschungen bestehen. So werde ich zum Beispiel nur mäßig enttäuscht sein, wenn ich irgendwo keine Maus finde, auch wenn meine Vorstellung davon, wo es Mäuse gibt, den Ort nicht näher bestimmte. (Schließlich könnte sie sich gerade in den Krallen eines Mäusebussards befinden und also sogar fliegen, und was das All angeht, wer weiß, was wir da alles 'raufschießen.) Andererseits wäre ich zurecht schockiert, wenn ich meine Erwartung, daß es eine Zahl, welche um Eins größer als Eins ist, nicht bestätigen könnte. Der Unterschied zwischen beiden Fällen besteht natürlich im Grade der Eigenverantwortetheit des Ergebnisses der Besinnung, doch dazu erst einandermal mehr.

Viele Erwartungen, wahrscheinlich die meisten, sind aber verortet. Ich mag erwarten, daß eine Stadt einen Rathausplatz hat, oder daß auf einem Rathausplatz ein Springbrunnen steht, wobei, um dies gleich zu sagen, ein Ort selbstverständlich auch eine Zeitangabe enthalten kann oder allgemeiner irgendeinen Eindruck näher beschreiben kann, bei dessen Vorliegen der Ort gegeben ist. Und wenn eine Erwartung eine solche Bedingung, wiederum eine möglicherweise unvollständige Aussage, besitzt, so tritt die Enttäuschung nur dann ein, wenn die Bedingung durch eine analytische Fixierung eines synthetischen Eindrucks bestätigt wird, aber die Erwartung nach einer anschließenden Besinnung nicht.

Übrigens, wo wir das so festgesetzt haben, könnten wir auch eine vollständig leere Aussage als Bedingung zulassen, wenn wir denn die Existenz eines Nichts erlauben würden, (was wir selbstverständlich nicht tun), aber auch ohne die gibt es Aussagen, welche stets bestätigt werden, und welche wir also für die Einbettung der ortlosen Erwartungen in die verorteten verwenden können, etwa die Aussage: Ich bin wach, welche darüberhinaus noch den Vorteil hat, daß sie das Fehlen von Enttäuschungen in Träumen erklären würde, (wenn es nicht schon aus anderem Grunde folgte, wobei, wir können uns schon enttäuscht fühlen, in Träumen, aber nur als Vorstellung und nicht als emotionale Reaktion.)

Gut, wir sagen also fortan, daß Erwartungen im weiteren Sinne bedingte Erwartungen sind, welche wiederum der synthetische Eindruck aus zwei Fixierungen sind, von denen eine die Bedingung und die andere die Erwartung im engeren Sinne ist. Die dazu nötigen auf einander bezüglichen Begriffe seien wie folgt gegeben.
  • τ (τόπος) Bedingung
  • π (πρόλογος) Erwartung
Aus reiner Faulheit und als reine Schreibweise sei es bei ortlosen Erwartungen auch weiterhin erlaubt, die Synthese nicht zu analysieren und nur die Erwartung anzugeben.

Post scriptum zum Träumen. Da hat sich jetzt natürlich eine gewisse Ironie eingeschlichen, da ich zuvor behauptet hatte, daß man gerade dadurch weiß, daß man träumt, daß einem die Besinnung auf das sinnlich Wahrgenommene mißlingt. Allerdings wäre zu fragen, ob man dann wirklich noch träumt oder nicht schon halb wach ist, insofern man wenigstens sein Denken bereits wieder unter Kontrolle hat. Es gibt ja, wie ich bereits zuvor bemerkte, sogar den verrückten Fall, daß man bereits dreiviertel wach ist, und seine Bewegungsfähigkeit wiedererlangt hat, seine sinnliche Wahrnehmung aber nur insofern, als diese die eigenen Vorstellungen steuert, man also nicht beliebiges träumt, sondern die sinnliche Wahrnehmung verfremdet.

Jedesmal wenn mir das passierte, war es widerlich. Ich nehme besser keine halluzinogenen Drogen. Nun ja, wenigstens weiß ich auch dann, daß ich nicht sinnlich wahrnehme. Die nämliche Enttäuschung stellt sich ein.

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