Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

11. Oktober 2014

Jenseitigkeit

Ich habe mich die letzten beiden Tage mit menschlichen Eindrücken von Jenseitigkeit beschäftigt. Es gibt dabei verschiedene Dimensionen, über welchen diese Eindrücke zerfallen, und zwei von ihnen möchte ich hier besprechen.

Beginnen wir mit mir selbst und meinen Eindrücken. Diese zerfallen nur in einer Dimension, nämlich nach ihrem Entwicklungsstadium.

Meine jungen Eindrücke. Wann immer ich in einer Umgebung bin, zu welcher ich keine Beziehung habe, kommt in mir die Gewißheit auf, daß die Welt aus meinem Geist geboren werden könnte, wenn es denn wirklich so wäre, daß sie in keiner Beziehung zu mir stünde. Es ist die innere Gewißheit, daß der Geist die Leere füllen kann. Und dies reflektierend, wünsch' ich mir manches Mal wohl fast, daß solche Beziehungen tatsächlich nicht bestünden, damit sich diese Ausfüllung ungestört vollziehen könnte. Aber dieser mir vorschwebende Wunsch ist eigentlich nur eine Erinnerung an die grundlegende Wahrheit der Ursprünglichkeit des Geistes, welche sich freilich jedem erst einmal beweisen muß, bevor er sie ins Auge fast und weiterverfolgt.

Meine reifen Eindrücke. Kennzeichen der jungen Eindrücke ist ihre Unbestimmtheit und die damit einhergehenden Fragen, sowie die Bereitschaft zu Taten, um Antworten auf sie zu finden, und sei es durch eigenes Leid. Die reifen Eindrücke sind bestimmt, aber formlos, der Geist ist er selbst, ohne einen bestimmten Gedanken zu ergreifen, die Welt entfaltet sich aus seinem Grundton, wobei dieser Grundton auch Grundton der Entfaltung der Welt genannt werden kann, welchen der Geist finden muß. Die Inder sehen folgende Übung zur Besinnung auf diese Eindrücke vor: Die Beine im Lotussitz verschränken, die Hände gegen einander pressen, wobei nur die Ringfinger senkrecht abzuspreizen und gegen einander zu pressen sind, während die übrigen Finger verschränkt die jeweils andere Hand umspannen, die Zunge gegen das Gaumendach legen und ng anstimmen und sich vorstellen, daß die Haut auf der obersten Stelle des Schädels leicht zu kribbeln beginnt. Die Öffnung des so genannten Kronenchakras. Der Witz dabei besteht natürlich darin, Arme, Beine und Zunge zu verknoten, um die charakteristische Abgeschlossenheit der geistigen Entwicklung auf die Probe zu stellen.

Was alle diese Eindrücke gemein haben ist ein entschiedenes Nicht-in-der-Welt-sein und damit zugleich ein Vertrauen auf die Welt an sich: Es ist eben gar nicht nötig, sie in eine passende Form zu bringen, sie schmiegt sich vielmehr an einen selbst.

Beispiel aus meinem Privatleben: Ich hatte eine Nische gebaut, um Mehl zu lagern. Dieses Jahr ging das Mehl zur Neige, aber dank einem Bienenschwarm wurde die Nische wieder mit Honig aufgefüllt.

Wenn das Gegenteil vorliegt, also wenn alles in der Welt nur durch einen selbst Sein und Wert hat, wenn man also denkt: Was wird aus all dem, wenn es mich nicht mehr gibt?, entsteht ein gänzlich anderer Eindruck von Jenseitigkeit, nämlich die Vorstellung einer jenseitigen Fortsetzung.

Der ist mir völlig fremd. Ich kann mir nicht ernsthaft vorstellen, in ein Paradies überzugehen: Gott ist hier, wenn auch auf der anderen Seite des Geistes, er schüttet aus, um was wir ihn gemäß unserem Menschsein selbst bitten können.

Aber ich verstehe schon, daß diejenigen, welche sich mit Macht in die Welt werfen, um sie durch ihr Menschsein zu bereichern, höhere Hoffnungen in ihre Werke setzen als in es selbst. Es geht dabei nicht um die Frage der Vergeudung von Talenten, sondern um die Frage nach ihrem Ertrag für einen selbst, welche auf diese Weise vermieden wird. Geben ist seliger denn nehmen: daraus spricht auch eine gewisse Scheu, seinen Lohn zu erfahren.

Das macht diese Entscheidung aber nicht falsch. Vielmehr muß man in der Vorstellung der jenseitigen Fortsetzung eine Hilfestellung für untertänige Geister sehen. Es ist auch keine Frage des Betrugs, sondern eine des Sonnenschutzes.

Aber bleibt die Entscheidung auch weiterhin in menschliches Belieben gestellt? Wenn das Zeitalter der Werke zu einem Ende kommt, welcher Platz bleibt dann für die Bereicherung der Welt?

Keiner. In dem Sinne gibt es in der Tat ein jüngstes Gericht, einen letzten Erweis des Wertes aller Werke. Und der wird vernichtend ausfallen.

Nun, was ich im letzten Beitrag über den gestimmt-leistungserwartenden Alltag sagte, gilt so nur für dieses Zeitalter, es ist nicht schwer, sich das Zusammenspiel dieser beiden Ausrichtungen der Seele im nächsten vorzustellen: In jedem Zeitalter treiben sie konsequent die Entwicklung voran.

Labels: , , , , ,