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12. Mai 2015

Die zurückführenden Stimmungen

Diesen Bereich menschlicher Geleitetheit habe ich im ursprünglichen Beitrag Gefühle besonders schlecht abgebildet, weniger, weil ich ihn nicht kennen würde, als aus dem Bestreben heraus, jenen Beitrag möglichst bündig zu halten und zu dem Zweck eine möglichst einfache Struktur zu finden, in welche ich möglichst viele relevanten Gefühle pressen konnte. Man verzeihe mir die Dreiteilung der Stimmungen und Regungen dort, sie hat weder Hand noch Fuß.

Es gibt zwei zurückführende Stimmungskomplexe, den Schuldkomplex und den Trauerkomplex. Ersterer beschreibt ein Abkommen vom rechten Weg, für welches man selber die Schuld trägt, letzterer eines, an welchem man unschuldig ist.

Sie fügen sich wie folgt in das Walten der Sorge ein.

Der Schuldkomplex.
  • Mißfallen: Schuld,
  • Vermissen: Reue,
  • Scheuen: Erschaudern,
  • Zuversicht: Geduldetheit,
  • Sorge: Verworfenheit,
  • Verpflichtung: Buße.
Der Trauerkomplex.
  • Mißfallen: Trauer,
  • Zuversicht: Trost,
  • Sorge: Bescheidung.
Wie man sieht führt Schuld zu Aktivität, Trauer hingegen ist mit keiner Verpflichtung verbunden, weshalb der Trauernde eben auch in ein Loch fallen kann, wenn ihn nicht eine anderweitige Verpflichtung davor bewahrt, bestenfalls natürlich die Verpflichtung zur Ergebenheit. In diesem Loch neigt er dann zur Bescheidung, wie ein Hund, welcher sich in eine Ecke zurückzieht und sich weigert zu fressen.

Freilich, ein Hund tut es auch dann, wenn er an seiner Misere selber schuld ist. Tiere besitzen keinen Schuldkomplex und folgen in einer mißlichen Lage stets dem Trauerkomplex, welcher auch so rudimentär ist, daß er keine Vernunft voraussetzt, dennoch aber im Falle des Menschen aufgrund seiner Stellung dem Seelenteil der Sorge zugeordnet werden sollte. Auch verwischt bei Tieren Geduldetheit mit Trost und Verworfenheit mit Bescheidung.

Es gibt dabei allerdings einen Fall, wo auch bei Menschen zuweilen Schuld- und Trauerkomplex verwischen, dann nämlich, wenn sich einer selbst verletzt. Entweder er reißt sich dann zusammen und betrachtet es als seine Schuld, das heißt
  • Schuld: Verdammte Scheiße! Kannst du nicht vorsichtiger sein?
  • Reue: Aua, aua, aua!
  • Erschaudern: Brrr!
  • Buße: Zähne zusammenbeißen, säubern, still halten,
wobei er sich einer Beurteilung seiner Chancen zu gesunden enthält (So Gott will), oder er bricht zusammen und trauert
  • Trauer: Warum muß mir das immer passieren?
  • Trost: Ach wie schön, es wird schon besser.
  • Bescheidung: Ich bin verloren!
- man verzeihe mir die etwas heitere Note.

Doch werden wir wieder ernster. Schuld im vollen Sinne entsteht, wenn sich unser Verhalten von der Haltung, zu welcher wir herangeleitet wurden, entfernt, wenn wir erkennen müssen, daß wir auf die Weise, auf welche wir es zuletzt versuchten, keinen segensreichen Platz im Leben einnehmen können, daß wir uns gegen andere so nicht zum gegenseitigen Gedeihen betragen haben und so auch zukünftig nicht zu ihm beitragen werden.

In der Reue entflammt dann die Hingabe zu dem, was wir verraten haben, wenn uns das Erschaudern nicht von diesem Verrat abzuhalten vermochte, üblicherweise unter den beschwichtigenden Worten: Was tust du schon Schlimmes? Wem tust du damit ein Unrecht an?, welche verkennen, daß es im Leben nicht darum geht, Verträge einzuhalten, sondern darum, seinen Platz einzunehmen und seine Qualitäten in den Dienst des Lebens zu stellen.

Freilich, das heißt nicht, daß man frei wäre, Versprechen nach Belieben zu brechen. Versprechen sind zu halten, wobei oftmals ein gewisser Spielraum bei der Frage besteht, was genau versprochen wurde, und Mißverständnisse und Uneinigkeit in dieser Frage, aber Versprechen sind nichts weiter als Werkzeuge, Fundamente und Brücken genauer gesagt, und nur weil man keine solche Brücke zwischen den Menschen einreißt, ist man noch lange nicht gerechtfertigt vor Gott, denn es gibt noch unzählige andere Brücken, Abhängigkeiten, welchen man gerecht werden muß.

Die Buße, welche sich an ein derartiges Vergehen anschließt, besteht einigermaßen zwangsläufig darin, weniger für sich zu fordern und mehr zu geben, denn aus deren Ungleichgewicht heraus wird es noch jedes Mal zum schuldhaften Vergehen gekommen sein. Freilich, dies betrifft nur jene, welche Schuld empfinden, welche einem segensreichen Platz im Leben verpflichtet sind und erkennen, daß sie dabei sind, ihn zu verwirken.

Und über dieser pastoralen Note möchte ich den Beitrag ausklingen lassen, die Stimmungen im Sinne des Eigenwirkens der Sorge sind damit vollständig behandelt, wir werden herangeleitet, zurückgeführt und verwalten unsere Verpflichtung.

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