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11. Februar 2016

Idolatrie oder die Unerwiesenheit des Richtigen

Die van Vogt-Lektüre klingt immernoch nach, zeitlebens habe ich mich an etwas gestört, das meinen Lebensregungen überall entschieden entgegen getreten ist.

Meine Lebensregungen, allesamt der Suche nach einem Freiraum entsprungen, in welchem ich mich entfalten könnte.

Denn erst wenn man im Leben steht, raunt es einem seine Notwendigkeiten zu.

Als Herr über die Erde eingesetzt, enthüllt sie Schicht für Schicht des Menschen Verantwortung.

Gott weist den Weg aus dem Augenblick heraus.

Ich sehe die Schultern, auf welchen van Vogt steht, eine Geschichte gemeinsamer Bewältigung sich ergeben habender Notwendigkeiten, eine Gemeinschaft dem Leben offen gegenüberstehender Menschen.

Ein Ausschnitt aus dem die Jahrtausende umspannenden Bild menschlichen Lebens.

Wer über den gläubigen geistigen Horizont verfügt, thematisiert die Richtigkeit der eigenen Haltung, in der Art, daß letztere abhängig vom Erleben des eigenen Glaubens wird. Ein solcher Mensch ist zur Idolatrie nicht fähig, welche darin besteht, die Richtigkeit der eigenen Haltung auf irgendeine Erwiesenheit zu gründen, denn Glauben muß sich selbst erst noch erweisen, und wenn er sich erweist, wird bereits wieder ein weiterführenderer Gedanke für die eigene Haltung relevant.

Das Richtige läuft der Geschichte voran, nicht hinterher.

Und auch viele, welche nicht über den gläubigen geistigen Horizont verfügen, laufen der Geschichte voran. Aber daneben gibt es andere, welche die Geschichte als etwas Totes betrachten, als etwas, das jemandem oder irgendetwas zu Füßen ausgerollt wurde, wessen Geheiß es einzig zu kennen gilt, um das Richtige zu tun.

Das sind die Götzendiener.

Und auch sie erkennen sich, versichern sich untereinander ihrer Befolgung des Geheißes dessen, wem die Geschichte gehört, und verstoßen jene, welche es nicht befolgen.

Deshalb enthält die Bibel die Geschichte Hiobs und der Koran ihre verkürzte Schwester in der 18. Sure. Es gibt keinen irdischen Erweis der Rechtgeleitetheit. Der Reichsapfel bedeutet Verantwortung, nicht Rechtfertigung. Was immer einer sich auch von Gott erworben haben mag, in dem Moment, in welchem er sich überhebt zu meinen, seine Meinung sei halt die richtige, hat er es sich für die Zukunft verspielt.

Gott ist unergründlich, und Christus ist nur eine Herberge in der Behausung seines Vaters. Es gibt kein Geheiß des Richtigen, nur ein Verbot des Falschen und Maßstäbe, die Richtigkeit zu messen, von diesen aber viele, und den Gesamteffekt einer Maßnahme abzuschätzen ist nie einfach.

Wie viele aber sind den Schritt von den Verantwortlichen zu den Gerechtfertigten gegangen?

Für wie viele sind beide Begriffe eins geworden?

Wer einen Politiker für gerechtfertigt hält, weil er gewählt ist, der hält auch einen Konzern für gerechtfertigt, weil er das nötige Wissen hat.

Es ist so. Es liegt darin begründet, daß derjenige ein Götzendiener ist und sich nicht anders verhalten kann.

Entweder ich betrachte die Zeit als lebendigen Quell alles Richtigen oder ich lagere Teile des Richtigen in die verkörperte Welt aus.

Tue ich ersteres, so ist ein Verantwortlicher nie schon gleich ein Gerechtfertigter, und wenn ich letzteres tue, so beginne ich mit der Auslagerung dort, wo sie mir den größten Komfort verspricht.

Van Vogt hat das schon ganz richtig gesehen, Faschismus ist in allen Bereichen wesentlich Idolatrie, ein System der Gerechtfertigten, seien es Politiker oder Wirtschaftsbosse, und die politische Entscheidung besteht darin, daß ein Volk seinen Besitz ihnen überschreibt, in der Erwartung, sie würden ihn Kraft ihrer Gottähnlichkeit mehren.

Die Trennung von Verantwortlichkeit und Gerechtfertigtheit bedarf indes ebenfalls politischer Strukturen, und wie es scheint, ist es mit diesen nicht zum Besten bestellt. Man unterschätze nicht die Fundamentalität dieses Punktes, noch seine Tragweite.

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