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12. Februar 2016

Zufälligkeit und spontaner Symmetriebruch am Beispiel der Navier-Stokes-Gleichungen

Ich habe am Montag ein wenig mit einer drehbaren mit Wasser gefüllten Scheibe gespielt, in welchem zu ihm gleichschwere Partikel schwammen. Die Partikel reflektierten das Licht abhängig von ihrer Bewegung, wahrscheinlich in Folge von Reflexionsänderung durch Reibung, und dieser Umstand erlaubte es, die Bewegung des Wassers nachzuvollziehen, im Ergebnis recht ähnlich dazu, wie es Wolken erlauben, die Bewegung der Luft nachzuvollziehen.

Der Versuchsaufbau war, soweit ich es erkennen konnte, symmetrisch, aber es dauerte nicht lange, bis die Symmetrie brach, zunächst von einer kontinuierlichen zu einer diskreten Rotationssymmetrie, also von einer Symmetrie unter beliebigen Rotationen zu einer Symmetrie unter Rotationen um ein Vielfaches eines bestimmten Winkels, später dann vollständig.

Konkret habe ich die Scheibe beschleunigt, bis sich in der Mitte etwas entfernt sternförmiges gebildet hatte, und dann habe ich sie abrupt abgestoppt, was zur Folge hatte, daß sich der Stern wieder zu einer Scheibe zusammenzog, dabei aber seinen Platz in der Mitte der mit Wasser gefüllten Scheibe verließ.

Einmal ist das Auge des Orkans dabei den halben Weg bis zum Rand gewandert, ohne daß es zu relativen Bewegungen in seinem Inneren gekommen wäre, während alles um es herum raste: Es bestand also beim besten Willen keine Ähnlichkeit mehr mit der Symmetrie der Randbedingungen.

Die Navier-Stokes-Gleichungen sind Gleichungen des Vektorfelds der Geschwindigkeit des Flusses, der Druck innerhalb der Flüssigkeit läßt sich nicht messen und muß entsprechend inferiert werden, und die von außen hinzukommende Schwerkraft bricht die Symmetrie einer horizontalen Scheibe nicht und sei im hier vorliegenden quasizweidimensionalen Fall ignoriert, so daß wir es mit Transportgleichungen zu tun haben - die Inkompressibilität etwa bedeutet Staufreiheit.

Letztere Bedingung wird eingehalten, aber sie ist adaptiv, daß heißt sie korrigiert keine zufälligen Störungen, sondern paßt sich an diese an. Mathematisch gesehen müßte man von einer Gleichung zwischen Zufallsvariablen sprechen, also die Geschwindigkeitsvektoren mit den Erwartungswerten der lokal auftretenden Brown'schen-Bewegung identifizieren, wobei der tatsächliche Mittelwert zu einer bestimmten Zeit die Erwartungswerte der darauf folgenden Zeiten festlegte, einfachsterweise eine Familie von stochastisch unabhängigen Zufallsvariablen angenommen, welche sich durch Vektoraddition in einander überführen lassen, wobei ich es dahingestellt sein lassen möchte, ob die molekulare Dynamik so wirklich sinnvoll abgebildet wird.

Jedenfalls ist das Geschäft der Herleitung von möglichst einfachen Differentialgleichungen aus molekularkinetischen Modellen anfällig für geschönte Entwicklungen nach unterlassenen Abweichungspropagationsanalysen.

Und was die Bewegung des Wassers betrifft: Wir wissen nicht, was drinsteckt, und unsere Mittelungen ignorieren für die weitere Entwicklung wesentliche Informationen. Die Welt wagt es, sich unserem Griff zu entziehen, indem das künftig Offenbare aus dem einstweilen Verborgenen erwächst. Und jeder kann sich davon überzeugen, der einmal mit einer solchen drehbaren Scheibe spielt.

Mathematisch würde ich dazu raten, den Raum der inkompressiblen Flüsse zu studieren, und nicht einzelne inkompressible Flüsse. Auf diese Weise ließe sich idealerweise wenigstens abschätzen, wodurch ein Fluß gefahrläuft, in einen anderen Fluß umzuschlagen.

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