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11. Mai 2018

Parallele Einordnung

Ich habe im Beitrag Seelenräume und -rollen die Räume, in welche wir Gegenstände einordnen, und die Rollen, welche sie im Wirken unserer Seele spielen, klassifiziert.

Hier nun möchte ich auf die parallele Einordnung erfahrener Gegenstände eingehen, die parallele Einordnung sonstiger Gegenstände können wir dann später nach Klärung ihres Vorliegens aus jener der erfahrenen und den Rollen der Schöpfung und Rahmenbedingung ableiten.

Insofern Gegenstände parallel in verschiedene Räume eingeordnet werden, und dies mag bei erfahrenen Gegenständen stets der Fall sein, ist es geboten, von den Aspekten eines Gegenstands zu sprechen.

Der logische Aspekt eines erfahrenen Gegenstandes besteht in unserem Bild von ihm, also seiner begrifflichen Erfassung.

Sein physischer Aspekt hingegen besteht in seiner Wechselwirkung mit seiner Umgebung. Wenn ich zum Beispiel mein Auto betrachte, so enthält sein logischer Aspekt durchaus nicht, daß in Bälde Rehhaare an ihm kleben werden, sein physischer hingegen möglicherweise schon.

Der ethische Aspekt eines erfahrenen Gegenstandes besteht im Aufruf zur Berücksichtigung seiner Eigenart. Ein Beispiel wäre durch die Wackeligkeit eines Barhockers gegeben, welche ihn im Falle einer Schlägerei ungeeignet erscheinen ließe (moralischer Imperativ: Nimm nicht mich!), aber das beste Beispiel wird durch Geräusche gegeben, als welche wir uns noch stets genötigt sehen, nach ihrer Eigenart zu beurteilen (moralischer Imperativ: Finde heraus, was gerade passiert ist!)

Der phantastische Aspekt eines erfahrenen Gegenstands besteht in den assoziierten Vorstellungen zu ihm, wobei diese, um uns hier nicht begrifflich zu verstricken, notwendigerweise imaginiert geschichtlich sein müssen, dies aber durchaus innere Gebilde beinhaltet, siehe Die unterschiedlichen Erscheinungsweisen einer Sache in den Formen der Zeit. Außerdem bleibt die raum-zeitliche Einordnung dabei unter einer gewissen Klasse von Transformationen der Raum-Zeit äquivalent, doch dies genauer zu untersuchen ist hier nicht der Ort (also ob vorgestellte Bäume beispielsweise in einer bestimmten Entfernung zu uns stehen müssen und dergleichen mehr).

Das eminenteste Beispiel des phantastischen Aspektes ist die Sprache als phantastischer Aspekt des Gesprochenen. Und dies hängt ganz allgemein mit Werbung zusammen. Eltern werben ihren Kindern gegenüber für ihre Sprache. Und auch jede andere Werbung zielt in gewisser Weise darauf, eine Sprache zu bewerben, eine Sprache, in welcher BMW beispielsweise sportlich und erfolgreich bedeutet.

Man kann argumentieren, daß mathematische Formeln in diesem Sinne nicht Sprache sind, sondern vielmehr Besinnungsbefehle, welche auf dem ethischen Aspekt der verwendeten Zeichen beruhen, wobei die Zeichen primär Beweise für eine angezeigte Besinnung darstellen und sekundär, bei vorliegendem Wunsch, die Formel zu verstehen, Befehle zu ihrer Nachvollziehung. Aber auch die andere Sicht ist möglich. Wenn man Witze darüber reißen wollte, könnte man von reiner und angewandter Mathematik sprechen, ernsthaft wird man davon sprechen müssen, daß der phantastische Aspekt mathematischer Formeln im allgemeinen ungewiß ist.

Freilich, wenn vor einer Gleichung ein wäre steht, wie bei Widerspruchsbeweisen üblich, so beruht die Bedeutung dieser Gleichung auf ihrem phantastischen Aspekt, wobei die assoziierte Vorstellung ein Beziehungsgeflecht innerer Gebilde ist, in welchem die Gleichung gilt, ein Geflecht, welches wir dann später als inkonsistent erkennen, wobei uns das Verständnis des Imaginären überhaupt erst ermöglicht zu verstehen, daß etwas widersprüchlich sein kann, denn wenn etwas nicht imaginär ist, dann ist es wahrhaftig und kann nimmermehr als falsch erfunden werden, was, nebenbei bemerkt, der Grund ist, warum die Philosophie, das etappenweise Herantasten an die Wahrheit, überhaupt möglich ist, und ebenfalls der Grund, warum hypothetisierende Philosophen scheitern.

Natürlich hat bereits Arthur Schopenhauer diese Inkongruenz zwischen Mathematik und Philosophie erkannt, aber sie ist nur eine lokale Inkongruenz, grundsätzlicher betrachtet hat Platon schon Recht, wenn er die Bedeutung der mathematischen Ausbildung für den zur Philosophie befähigten Geist hervorhebt, und zwar gerade deswegen, weil phantastische Elemente in der Mathematik zwar eine größere Rolle spielen als in der Philosophie, als welche in fortgesetzter Kontemplation besteht, aber zugleich eine weit geringere als in der natürlichen Sprache, als welche in allen ferner liegenden Dingen doch bloß reine Imaginationen austauscht.

Aber fassen wir zusammen: Wenn wir die Gesamtheit aller Gegenstände klassifizieren wollen, so müssen wir in unserem Schema Raum für parallele Einordnungen machen, indem wir ihre Erfahrung als
  • Beweis,
  • Geschehen,
  • Befehl oder
  • Aufführung
als
  • Bild,
  • Wechselwirkung,
  • Aufruf zur Berücksichtigung der Eigenart und
  • assoziierte Vorstellungen
möglicherweise nur eines Gegenstandes verstehen.

Nur so läßt sich zum Beispiel Schrott verstehen, wie im obigen Beispiel vom mit einem Reh kollidierenden Auto beschrieben, also als Abweichung der Wechselwirkung vom Bild. Oder der Begriff Signal, als Kombination von Bild, Aufruf zur Berücksichtigung der Eigenart und assoziierten Vorstellungen, wobei es zur Eigenart des Signals gehört, unter welchen Umständen es üblicherweise auftritt, einschließlich seiner üblichen Folgen.

Letzteres ist selbstverständlich manchmal recht widersprüchlich. Als ich beispielsweise noch ein Junge war, lebte ich gleich nebenan zur örtlichen Luftschutzsirene, und üblicherweise, das heißt genauer gesagt immer, ertönte diese Punkt Zwölf mittags. Dennoch gingen mir jedes Mal bei dem ohrenbetäubenden Geheul noch andere Dinge durch den Kopf, als daß ich jetzt wohl besser nach Hause gehen und was essen sollte. Und der hauptsächliche Grund dafür bestand, wenn ich es recht bedenke, darin, daß es doch nicht ganz normal sein kann, so einen Krach zu machen, sondern etwas besonderes heißen muß, und mit Ausnahme dieser Sirene ja auch sonst immer hieß.

(Hmm, ja, in der Sezession im Netz wurde jüngst darüber nachgedacht, wie man in Deutschland ähnliche Konditionierungserfolge erzielen könnte, wie sie die Muslime durch ihr fünfmaliges Beten am Tag erzielen. Natürlich fällt da keinem was ein. Ich hätt's ja zur Sprache gebracht, aber für die Eitelkeit muß man, vielleicht auch günstigerweise, seit geraumer Zeit zahlen.)

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