Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

9. Juni 2019

Im pfingstlichen Licht

Gott hat die Welt nicht so gemacht,
daß sie uns fortwährend an unsere Verfehlungen gemahnt,
sondern im Liebreiz begegnet sie uns
und lädt uns ein, ihr gleichermaßen zu entgegnen,
und so sollten wir's auch unter einander halten,
indem wir einander Rahmen schaffen,
unserer Liebe Ausdruck zu geben.

Und gleich muß ich wieder klagen: Wo sind die älteren Herren in den weißen Anzügen mit den roten Krawatten geblieben? Ich habe mir gestern noch eigens eine weiße Hose zu meinem in Rottönen karierten Hemd gekauft, aber ich war weit und breit der einzige, der sich an die pfingstliche Kleiderordnung hielt. Freudenthal's Gasthof gibt's auch nicht mehr in Haseldorf. Ich hatte dem Geburtsort meiner Großmutter mütterlicherseits letzte Woche einen Besuch abgestattet. Und doch bin ich dieses Jahr noch zu einem Stück Pfingstochse in Elmshorn gelangt. Ein sehr kleines Stück. Aber es hat sehr gut geschmeckt, besser als ich dachte. Jetzt habe ich also ein Mal Spanferkel gegessen, da durfte ich mir sogar selbst ein Stück vom Hintern abschneiden, und ein Mal Pfingstochse mit einem Stück vom Oberschenkel. Und ja, der ganze Körper hängt an einem Spieß, allerdings zusätzlich zusammengepreßt.

Ich habe ehrlich gesagt den Verdacht, daß der aus Ostpreußen stammende Wirt der Größe des Bratens einfach nicht widerstehen konnte, genährt durch meine Kenntnis des lettischen Freßtempels Lido. Es ist durchaus so, daß sich die Menschen in der Ecke der Welt noch am ehesten für norddeutsche Traditionen begeistern.

Hier hingegen liegt der Sinn für jede Art gemeinschaftlicher Feier verschüttet.

Labels: , , , , , , , , , , ,