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19. Oktober 2019

In den letzten Tagen der Werke

Geistlosigkeit ähnelt dem Wahrheitsverlust, ist aber nicht die indirekte Folge der Aufgabe eines Teils des Ichs, also daß dem Wollen die vorangehende Wahrnehmung, der Tat das vorangehende Wollen oder der Wahrnehmung die vorangehende Tat fehlt, sondern die direkte Unbewußtheit eines Teils der Wahrheit, also des Schönen, Wesentlichen oder Mächtigen.

Die durch das Vorangehen bedingte Verschiebung der zugehörigen Teile der Wahrheit erlaubend erhalten wir die folgenden Entsprechungen:
  • Oberflächlichkeit ist die unbewußte Form der Entfremdung,
  • Erstarrtheit die unbewußte Form der Entrückung und
  • Losgelöstheit die unbewußte Form des Traums,
womit wiederum
  • das Gesetz dem Wollen,
  • der Weg der Wahrnehmung und
  • das Schicksal der Tat
entspricht.

Und selbstverständlich fehlt
  • in der Entfremdung das Schöne,
  • in der Entrückung das Wesentliche und
  • im Traum das Mächtige,
doch
  • als fehlende Dringlichkeit führt die Entrückung zum Verlust des Schönen,
  • als fehlender Sinn führt der Traum zum Verlust des Wesentlichen und
  • als fehlende Bedeutung führt die Entfremdung zum Verlust des Mächtigen,
wobei Dringlichkeit, Sinn und Bedeutung die indirekten Effekte der Wahrnehmung auf den Willen, beziehungsweise der Tat auf  die Wahrnehmung oder des Willens auf die Tat sind und mit anderen Worten
  • Dringlichkeitslosigkeit für das Schöne so schlecht wie Entfremdung,
  • Sinnlosigkeit für das Wesentliche so schlecht wie Entrückung und
  • Bedeutungslosigkeit für das Mächtige so schlecht wie Träumen
ist. Insgesamt kann die Wahrheit also auf drei Weisen fehlen:
  • direkt durch Aufgabe eines Ichteils,
  • indirekt durch Aufgabe eines Ichteils oder
  • durch Bewußtseinsmangel in einem Ichteil.
Ich hätte diese Dinge freilich von Anfang an deutlicher darstellen sollen, aber die geistige Durchdringung vollzieht sich nunmal in Etappen. Wo wir das nun aber geklärt hätten, kann ich nun zum eigentlichen Thema dieses Beitrags kommen.

Wie gesagt stirbt das Wesentliche am Ende des Zeitalters der Werke. Und wer nicht an diesem Verlust leiden möchte, muß also in die Geistlosigkeit der Erstarrtheit fliehen, und wahrscheinlich noch nicht einmal bewußt. Jedenfalls erweckt die Erstarrtheit heutzutage den Anschein der Normalität, kaum jemand denkt sich etwas dabei, wenn seine Arbeit keinen Sinn zu ergeben scheint, alle tun irgendetwas und achten ihren Weg nicht weiter.

Und dann sind da natürlich noch jene, welche sowieso schon geistlos waren. Die Erstarrten müssen wir natürlich nicht noch einmal eigens betrachten. Bleiben also die Oberflächlichen und die Losgelösten.

Aus der Sicht der Oberflächlichen bedeutet das Wesentliche Neuerung und Abwechslung. Das Schöne kennen sie ja nicht, und also auch nicht das Gesetz, welches hinter der Entwicklung steht. Versiegt das Wesentliche also, bleibt für sie alles beim Alten.

Gewiß, der Einwand ist berechtigt, daß auch der Oberflächliche Dinge für schön hält, nur fühlt er sich dadurch zu nichts berufen. Das Schöne, Wesentliche und Mächtige, wie ich es verstehe, ist das Verstandene am Gesetz, am Weg und am Schicksal wie im Beitrag Formen der Gefaßtheit beschrieben.

Und was die Losgelösten angeht, so bedeutet das Wesentliche für sie Praxis, denn vom Schicksal einholen lassen tun sie sich definitionsgemäß nicht, so daß ihnen nur ihr Wagemut einen Weg zur individuellen Beschäftigung mit der Welt eröffnen kann. Und wenn das Wesentliche versiegt, so verwandelt sich alles für sie zu akademischen Fragen.

Verantwortungslosigkeit bei den Bewußten, Verharrung bei den Oberflächlichen und Kontemplation bei den Losgelösten, das sind die Zeichen der letzten Tage der Werke.

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