Bereitschaftsbeitrag

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10. November 2020

Ahnungsbefangenheit

Der Sinn des Lebens besteht recht eigentlich darin, Ideen zu erwägen. Doch bevor wir Ideen erfassen, das heißt die in ihnen verwobenen Begriffe erkennen, schweben sie uns als Ahnungen vor, welche wir verfolgen können.

Ausgelöst werden diese Ahnungen durch das, was uns in der Welt begegnet. So lange wir dabei die Idee, welche sich in etwas, und insbesondere jemandem, verbirgt, noch nicht erfaßt haben, empfindem wir diesem gegenüber eine spezifische Anhänglichkeit, welche Ausdruck unserer Ahnungsbefangenheit ist.

Dies ist der eigentliche Grund, aus welchem wir trauern: Auch wenn ihre Verkörperung verloren ist, lohnt es sich immernoch die Idee zu lieben, welche wir ahnten, und also spüren wir ihr trauernd nach.

Dies drückt sich auch darin aus, daß
Wenn eine vage Hoffnung platzt, sind wir enttäuscht, wenn sie konkret ist, verärgert.
(Wobei Ärger die Emotion ist, welche sich regt, wenn wir gestört werden.)

Ich betrachtete im vorigen Beitrag die Spezifizierung des Guten, und jetzt sehen wir, was ihr vorausgeht, nämlich die Ahnungsbefangenheit durch das, was wir für die sich vor unseren Augen vollziehende Weltgeschichte halten, welche uns oftmals traurig zu stimmen vermag, indem sie vielversprechende Ansätze beiseite schiebt.


Der richtige Weg, dem zu entkommen, besteht darin, beizeiten die Idee zu erfassen, welche sich in den Ansätzen ausdrückt. Dadurch werden sie reproduzierbar, gehen in den Fundus ein, aus welchem heraus wir die Welt gestalten und Gott sie segnet.


Ein paar Tage vor der letzten Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten regte sich in mir der Widerwille dagegen, Donald Trump als in Medienhaft gehaltene Geisel auslösen zu sollen. So sehr ich es begrüße, daß er wie kein anderer dazu beigetragen hat, die Manipulierbarkeit der amerikanischen Bevölkerung in ihren Grundfesten zu erschüttern, und der Wahlausgang beweist seinen Erfolg, so sehr bezweifle ich, daß in der Richtung noch relevante Ideen für mich liegen. Vor die Frage gestellt, wie sich die Weltgeschichte gegenwärtig zur weiteren Verfolgung erfassen ließe, kam ich zu der Einschätzung, daß eine kopflose Zeit anbricht. Im Moment weiß die Welt ja wirklich nicht, an wen sie sich halten soll. Biden hat mir nichts zu bieten, und bei Trump ist es fraglich, ob er, sollte er sich vor Gericht durchsetzen, den Zeitgeist noch länger für sich vereinnahmen können wird. (Vor dem Hintergrund der Offenbarung ist es quasi unmöglich.) Wenn man so will, bemächtigte sich meiner eine Ahnung der siebten Posaune, der Entthronung New York's.

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