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27. Januar 2023

Weltgeist und Jagdrevier

Die Unterscheidung von iterativem und rekursivem Vorgehen führt auf die Frage, ob die Welt iterativ oder rekursiv vorgeht, also ob das Gegebene sich gegenseitig hindernd sich seinem jeweiligen Ziel verhindert bestmöglich annähert, formal etwa in Form seiner Beschleunigung nach dem potentiellen Energiegradienten, oder ob sich das Erforderliche ergibt, um das Ziel der Existenz zu erreichen.

Ersteres wird auch Kausalität genannt und letzteres Teleologie, und die wissenschaftliche Überzeugung unserer Zeit ist, daß sich die Natur kausal entfaltet und die Handlungen des Menschen zwar scheinbar teleologisch, aber tatsächlich auch kausal, während die wissenschaftliche Überzeugung der alten Griechen darin bestand, daß sich die Natur teleologisch entfaltet und der Mensch in seinem eigenen rekursiven Vorgehen ein Abbild des sie formenden Weltgeists sieht, nämlich wie durch die Erkenntnis des Erforderlichen das Mittel entsteht, welches es bewirkt, namentlich der Plan und dessen Umsetzung zu seiner Bewirkung.

Letzteres geschieht tatsächlich in unserem Geist, soweit wir seiner gewahr sind, und es geschieht auch mit der Geschichte als ganzer, sofern sie von Menschen bestimmt wird, welche bereit sind, das Erforderliche zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zu tun.

Solche Menschen geben sich dadurch zu erkennen, daß sie daran glauben, daß alle Menschen nach dem Guten streben, womit sie zusagen, eine rekursive Absicht des Guten anzuhören und am zugehörigen Vorgehen teilzunehmen.

Bisher war die Geschichte jedenfalls von solchen Menschen bestimmt und hat sich dementsprechend auch teleologisch entfaltet, Menschen, welche die unbewußten Glieder des Weltgeists sind, in den Augen jener, welche an ihn glauben.

Nun ist es natürlich möglich, daß jemand von der teleologischen Bestimmtheit der Handlungen der Menschen und ihrer Geschichte insgesamt nicht auf die teleologische Bestimmtheit der Natur schließen mag, sich aber dennoch im Klaren darüber ist, daß die teleologische Bestimmtheit der Geschichte hochgradig wünschenswert ist und auf welchen Voraussetzungen sie beruht, so daß er sich nach Kräften müht, das chaotische Einbrechen der Natur in die Leben der Menschen aus ihren Gedanken zu verbannen, so daß sie sich damit beschäftigen, daß zum Guten Erforderliche hervorzubringen, anstatt sich auf die Ausnutzung der Gunst der Stunde und das Umgehen einer ungünstigeren zu verlegen.

Es ist aber auch möglich, daß der Glaube an die Kausalität der Natur dazu führt, der teleologischen Natur der Taten der Menschen zu mißtrauen und stattdessen anzunehmen, daß sie die Folge bestimmter Faktoren sind, welche es zu kontrollieren gilt, derart die Menschen Jäger in den Augen jener sind, welche die Welt als Jagdrevier betrachten.

Die Kontrolle erfolgt durch Fremdbestimmung der Sorge durch Verwirrung, der Achtung durch Reinreiten und der Lust durch Aufhetzung und durch Selbstentzweiung der Sorge durch Perversion, der Achtung durch falsche Freiheit und der Lust durch falsche Schuld und weist den Jägern damit ihre Beute und ihr Jagdrevier aus.

Wenn nun eine Krise eintritt, so beten jene, welche an den Weltgeist glauben, um das Erforderliche, während jene, welche an die Kausalität der Natur glauben, versuchen, sich zu wappnen, was sich konkret natürlich weitgehend überschneidet, doch erstere zeigen sich auch in dieser Lage weitsichtiger, und wenn es eine systemische Krise ist, so werden die Herren des Jagdreviers die Zügel zur Ausweisung eines neuen und neuer Beute anziehen.

Ich möchte meinen, das legt die in unserer Zeit wirkenden Kräfte offen, ohne daß ich im einzelnen ausführen müßte, wer was ist, nur, daß ich es als eine wahrhaftige Gnade empfinde, an den Weltgeist zu glauben, möchte ich noch gesagt haben in dieser von der Jagdrevierauffassung vergifteten Zeit.

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