Verfolgung und Beachtung in der Vernunft
Unser Verstand entspinnt sich über unserer Anschauung, und unsere Vernunft besteht darin, daß die Begriffe, aus welchen unser Verstand besteht, selbst wieder zu Gegenständen unserer Anschauung werden, über welchen sich die logischen Begriffe entspinnen, also daß Gegenstand A zu Gegenstand B im Verhältnis C steht und derlei mehr, wobei in diesem Beispiel A, B und C allesamt logische Gegenstände sind.
Mit anderen Worten ist unsere Vernunft keine dritte Schicht über den Schichten der Anschauung und des Verstandes, sondern vielmehr die Anwendung dieser Schichten auf sich selbst zuzüglich des dazu nötigen Begriffsinventars.
Dies hindert indes nicht, die Seele in drei Teile zu zerlegen, Lust-Anschauung, Achtung-Verstand und Sorge-Vernunft, da der Grad der Reflexion psychisch gesehen irrelevant ist und sich Sorge-Vernunft hinsichtlich der Ich-Trinität aus Wahrnehmung, Handlung und Willen als den anderen beiden Seelenteilen analog erweist, das heißt wie sie über ein eigenes derartig gegliedertes Ich verfügt.
Andererseits müssen wir die Sorge aber bei genaueren technischen Untersuchungen unseres Geistes als das betrachten, was sie technisch gesehen ist, nämlich als die höheren Iterationsstufen von Anschauung und Verstand, und genau das tun wir an dieser Stelle.
Genauer gesagt geht es um die Frage, wie wir uns besinnen können.
Üblicherweise beruht Besinnung auf der Einlösung eines Begriffs, beispielsweise des gestern Mittag Gegessenen oder dreier äquidistanter Punkte in einer Ebene, wobei die Augen bei ersterer für einen Augenblick nach links und bei letzterer für einen ebensolchen nach rechts huschen, also dabei sich zu entsinnen oder sich etwas vorzustellen, und bei der Besinnung auf ein Gegenwärtiges, etwa die nächste Steckdose, zucken sie selbstverständlich im Raum herum bis sie schließlich auf dieses gerichtet sind, aber dieses Beachten der begrifflichen Vorgabe ist nicht die einzige Art sich zu besinnen.
Etwas zu erwarten bedeutet in seiner einfachsten Form zu glauben, daß da etwas ist.
Das da ist dabei ein beliebiger Gegenstand, zu welchem sich der Eindruck der Erwartung gesellt hat, und die erste Frage lautet, welcher Eindruck sich in ihm anbahnt, denn so ist es mit den Eindrücken der Erwartung, daß sie zerfallen in das Erwarten und das Erwartete, diese Teile indes zunächst unerkannt bleiben.
Wir fragen uns da also, was etwas sei, nicht vom Begriff, sondern von seinem Gegenstand ausgehend, bei der Erwartung konkret vom Teileindruck eines Begriffs, nach dessen Namen wir suchen, so wie wir es auch tun, wenn uns etwas auf der Zunge liegt.
Ein anderes Beispiel wird durch das I Ching gegeben. Da erwartete ich auch, daß da etwas ist. Ich schob es wiederholt auf, mich ihm zu nähern, aber schließlich ergriff ich die einzelnen Hexagramme und sah sie darauf an, was sie seien, denn nachdem ich unverhofft in einem etwas gefunden hatte, was ich dort nicht vermutete, nämlich eine korrekte Beschreibung der Stationen meines Lebens, ergriff mich die Erwartung, daß sich alle Hexagramme so verstehen ließen, und indem ich mich fragte, welche Stationen es jeweils seien, dabei sukzessive Rahmenbedingungen hinzufügend, gelangte ich schließlich zur vorliegenden Auffassung.
Entscheidend war bei dieser Entschlüsselungsarbeit aber nie der Text, sondern das Gefühl nach den ersten drei Zeilen etwas verstanden zu haben, denn in ihm lag der Eindruck, dessen Namen es zu erraten galt, und indem ich dies 64 Mal wiederholte, die ersten drei Zeilen lesen, hoffen, etwas zu verstehen, und mir dann darüber klar zu werden, was ich verstanden hatte, legte ich die empirische Grundlage für die Eindrücke des intellektuell Erreichbaren, also zu wissen, daß man etwas weiß, aber einstweilen noch nicht zu wissen, was man weiß.
Und indem wir uns also auf Nam' und Art besinnen, oder nach Platon, siebter Brief, auf Namen, Erklärung, Abbildung und Einsichten, welche sich mit dem Eindruck des vorliegenden Begriffs verbinden (wie Schleiermacher darauf kommt, daß das Umgrenzende allerwärts von der Mitte gleichweit absteht ein Begriff sei* und nicht etwa eine Erklärung oder Definition ist mir schleierhaft), wobei sich freilich nicht alle Begriffe abbilden lassen, verfolgen wir das, dessen Erreichbarkeit unsere Anschauung vor unsere Vernunft gestellt hat, in technisch gesehen lüsterner Sorge.
*im Original freilich λόγος, was auch ich als Begriff zu übersetzen pflege, doch im Neuen Testament und nicht bei Platon. Es spricht nichts dagegen, daß sich der Gebrauch des Wortes in ca. 400 Jahren leicht verschoben hat, und es ist eine leichte Verschiebung von der formalen Erfassung eines Begriffs durch seine Definition hin zu seinem Eindruck, ja, eine so leichte Verschiebung, daß sie unter Zeitgenossen wahrscheinlich ist.
Mit anderen Worten ist unsere Vernunft keine dritte Schicht über den Schichten der Anschauung und des Verstandes, sondern vielmehr die Anwendung dieser Schichten auf sich selbst zuzüglich des dazu nötigen Begriffsinventars.
Dies hindert indes nicht, die Seele in drei Teile zu zerlegen, Lust-Anschauung, Achtung-Verstand und Sorge-Vernunft, da der Grad der Reflexion psychisch gesehen irrelevant ist und sich Sorge-Vernunft hinsichtlich der Ich-Trinität aus Wahrnehmung, Handlung und Willen als den anderen beiden Seelenteilen analog erweist, das heißt wie sie über ein eigenes derartig gegliedertes Ich verfügt.
Andererseits müssen wir die Sorge aber bei genaueren technischen Untersuchungen unseres Geistes als das betrachten, was sie technisch gesehen ist, nämlich als die höheren Iterationsstufen von Anschauung und Verstand, und genau das tun wir an dieser Stelle.
Genauer gesagt geht es um die Frage, wie wir uns besinnen können.
Üblicherweise beruht Besinnung auf der Einlösung eines Begriffs, beispielsweise des gestern Mittag Gegessenen oder dreier äquidistanter Punkte in einer Ebene, wobei die Augen bei ersterer für einen Augenblick nach links und bei letzterer für einen ebensolchen nach rechts huschen, also dabei sich zu entsinnen oder sich etwas vorzustellen, und bei der Besinnung auf ein Gegenwärtiges, etwa die nächste Steckdose, zucken sie selbstverständlich im Raum herum bis sie schließlich auf dieses gerichtet sind, aber dieses Beachten der begrifflichen Vorgabe ist nicht die einzige Art sich zu besinnen.
Etwas zu erwarten bedeutet in seiner einfachsten Form zu glauben, daß da etwas ist.
Das da ist dabei ein beliebiger Gegenstand, zu welchem sich der Eindruck der Erwartung gesellt hat, und die erste Frage lautet, welcher Eindruck sich in ihm anbahnt, denn so ist es mit den Eindrücken der Erwartung, daß sie zerfallen in das Erwarten und das Erwartete, diese Teile indes zunächst unerkannt bleiben.
Wir fragen uns da also, was etwas sei, nicht vom Begriff, sondern von seinem Gegenstand ausgehend, bei der Erwartung konkret vom Teileindruck eines Begriffs, nach dessen Namen wir suchen, so wie wir es auch tun, wenn uns etwas auf der Zunge liegt.
Ein anderes Beispiel wird durch das I Ching gegeben. Da erwartete ich auch, daß da etwas ist. Ich schob es wiederholt auf, mich ihm zu nähern, aber schließlich ergriff ich die einzelnen Hexagramme und sah sie darauf an, was sie seien, denn nachdem ich unverhofft in einem etwas gefunden hatte, was ich dort nicht vermutete, nämlich eine korrekte Beschreibung der Stationen meines Lebens, ergriff mich die Erwartung, daß sich alle Hexagramme so verstehen ließen, und indem ich mich fragte, welche Stationen es jeweils seien, dabei sukzessive Rahmenbedingungen hinzufügend, gelangte ich schließlich zur vorliegenden Auffassung.
Entscheidend war bei dieser Entschlüsselungsarbeit aber nie der Text, sondern das Gefühl nach den ersten drei Zeilen etwas verstanden zu haben, denn in ihm lag der Eindruck, dessen Namen es zu erraten galt, und indem ich dies 64 Mal wiederholte, die ersten drei Zeilen lesen, hoffen, etwas zu verstehen, und mir dann darüber klar zu werden, was ich verstanden hatte, legte ich die empirische Grundlage für die Eindrücke des intellektuell Erreichbaren, also zu wissen, daß man etwas weiß, aber einstweilen noch nicht zu wissen, was man weiß.
Und indem wir uns also auf Nam' und Art besinnen, oder nach Platon, siebter Brief, auf Namen, Erklärung, Abbildung und Einsichten, welche sich mit dem Eindruck des vorliegenden Begriffs verbinden (wie Schleiermacher darauf kommt, daß das Umgrenzende allerwärts von der Mitte gleichweit absteht ein Begriff sei* und nicht etwa eine Erklärung oder Definition ist mir schleierhaft), wobei sich freilich nicht alle Begriffe abbilden lassen, verfolgen wir das, dessen Erreichbarkeit unsere Anschauung vor unsere Vernunft gestellt hat, in technisch gesehen lüsterner Sorge.
*im Original freilich λόγος, was auch ich als Begriff zu übersetzen pflege, doch im Neuen Testament und nicht bei Platon. Es spricht nichts dagegen, daß sich der Gebrauch des Wortes in ca. 400 Jahren leicht verschoben hat, und es ist eine leichte Verschiebung von der formalen Erfassung eines Begriffs durch seine Definition hin zu seinem Eindruck, ja, eine so leichte Verschiebung, daß sie unter Zeitgenossen wahrscheinlich ist.
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