Bereitschaftsbeitrag

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3. Juni 2011

Von der ehelichen Beziehung

Ich verwende ehelich hier nur der Prägnanz halber, um Ehen im engeren Sinne geht es nicht, wohl aber um eine der drei elementaren menschlichen Beziehungen, als da wären eben die eheliche, die elterliche und die geschwisterliche. Ein elementares Pendat zur elterlichen gibt es nicht, ansonsten müßte man auch niemandem die Achtung seiner Eltern gebieten, welche sich natürlicherweise daraus ergeben sollte, daß das Kind das Wesen der elterlichen Beziehung nachvollzieht.

Das Wesen der ehelichen Beziehung wird hinreichend klar, wenn man sie neben die geschwisterliche hält. Übernimmt man für das Leben seiner Geschwister Verantwortung? Nein, man bleibt ihnen zwar verbunden, aber diese Verbundenheit ist nicht mehr als ein Austausch von Erfahrungen auf Wegen, welcher jeder Teil für sich alleine bestimmt.

Genau dies ist bei einer ehelichen Beziehung anders, dort übernimmt man Verantwortung für den Weg des Partners. Wie viel Verantwortung man übernimmt, hängt von der Differenz der geistigen Horizonte der Partner ab. Der Partner mit dem höheren geistigen Horizont übernimmt die Verantwortung für die Gestalt der dem anderen unbewußten Bereiche seines Bewußtseins. Jener freilich nur, derer er sich selbst bewußt ist. Daneben, oder, wenn man so will, allgemeiner, übernimmt jeder Partner auch die Verantwortung für das Gelingen des Lebens des anderen auf allen Ebenen, welche ihm bewußt sind. Auf der Vertrauensebene wären das, je nach Gesinnung, Wohlergehen, Frieden und Glück, oder objektiv gesprochen das Heil.

Nun ist es allerdings so, daß es einem Mann wohl vorübergehend gefallen kann, viel Verantwortung für eine Frau zu übernehmen, auf längere Sicht hingegen gefällt es keinem. Deshalb, auch wenn das Wesen der Liebe darin besteht, dem anderen zu seinem Heil zu helfen, muß man die Übernahme leitender Verantwortung auf Gebieten, auf welchen der andere blind ist, für den männlichen Partner davon ausnehmen. Sein Dienst kann nur in der einmaligen Wegräumung eines Hindernisses bestehen, wobei es von seiner Geduld abhängt, wie lange er bereit ist, sich daran zu versuchen.

Der Grund für diesen Mangel besteht natürlich darin, daß kein Mann glaubt, daß seine Frau mehr wert ist als er selbst, weshalb er die Übernahme von Verantwortung für seine Frau früher oder später als tendentiell sinnlose Last empfindet, wobei der Grad ihrer Akzeptanz gerade durch die Bereitschaft, das gemeinsame Leben gelingen zu lassen, gegeben ist. Freilich nur innerhalb jener Bereiche, welche dem Manne bewußt sind.

Eine Frau muß also entweder den gleichen oder einen höheren geistigen Horizont haben als ihr Mann, wenn die Beziehung von Dauer sein soll. Wenn man annimmt, daß die Mutter mehr Einfluß auf die intellektuelle Entwicklung des Kindes hat als der Vater, ist dies so auch sehr zweckmäßig eingerichtet.

Es stellt sich indes die Frage, ob die eheliche Beziehung, abgesehen von ihrem Nutzen durch gegenseitige Hilfe zum Heil und als vorzüglicher Rahmen der elterlichen, noch einen persönlichen psychologischen Vorzug hat, ob man sie um ihrer selbst willen ersehnen kann.

Ich denke schon, daß es so ist. Der Grund dafür besteht darin, daß das Heil des anderen viel deutlicher wahrgenommen wird als das eigene, welches die Sturheit mal hierhin und mal dorthin verschiebt. Interessanterweise macht man sich über das Glück des anderen viel weniger Illusionen als über das eigene. Und durch die eheliche Beziehung verschmilzt dieses Heil mit dem eigenen oder, anders ausgedrückt, gewinnt das eigene Glück weltliche Gestalt.

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