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7. Mai 2012

Angewandte Menschenbilder

Eine kleine völlig unzusammenhängende Bemerkung vorneweg. Ich habe mich in den letzten Tagen unter anderem auch mit den Unzulänglichkeiten des MC68000 herumgeschlagen. Warum um alles in der Welt ist der dämliche Chip nicht in der Lage, das Naheliegende zu tun, wenn er auf folgende Sequenz stößt?

move.l  #$100000,d0
moveq   #10,d1
divu    d1,d0
clr.w   d0
swap    d0

d0 sollte nun eigentlich 6 enthalten, aber leider ist das nicht der Fall, d0 enthält 16. Das Problem ist divu, falls Sie sich fragen.

Nun, bei Licht betrachtet hat dieser Mißstand doch etwas mit dem Thema dieses Beitrags zu tun.

Ich habe angenommen, daß Chipdesigner ein Maximum an Funktionalität in einen Chip stecken würden und bin also zu der Überzeugung gelangt, daß divu in der obigen Zwickmühle den Rest korrekt liefern würde, weil divs ja das abgerundete Ergebnis der Division liefern könnte. Es wäre nicht optimal, aber weit besser, als selbst eine Schleife zu diesem Zweck schreiben zu müssen.

Mein Menschenbild von Chipdesignern war verzerrt, ich habe auf es gebaut und mußte anschließend eine halbe Stunde nach dem Fehler suchen.

Darin ist, könnte man sagen, auch schon alles enthalten, jedenfalls soweit es die Problematik der Anwendung von Menschenbildern betrifft.

Rassismus ist (und sei es positiver Rassismus Chipdesigner betreffend) in sofern problematisch, als er verzerrte Menschenbilder beinhaltet. Alles, was man gegen Rassismus sagen kann, läßt sich genau so auch gegen jedes andere Menschenbild sagen.

Heißt das, daß wir kein Menschenbild besitzen sollten?

Nun, wenn es das hieße, so gäbe es nur eine Anwendung eines Menschenbildes, nämlich die bereits beschriebene problematische, gewisse Dinge als erwiesen zu betrachten, weil sie dem Menschenbild entsprechen.

Wenn wir aber darauf verzichten, aus dem Menschenbild Schlüsse auf Fakten zu ziehen, wozu kann es uns dann überhaupt noch dienen?

Doch einzig dazu, auf seiner Grundlage die Untersuchung von Fakten in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Wenn ich also auch, um beim eingangs beschriebenen Beispiel zu bleiben, mit Recht von Chipdesignern annehmen kann, daß sie möglichst umfangreiche Funktionalitäten in ihre Chips stopfen, so wird mir diese Annahme doch nur dann nur nützen und nie schaden, wenn ich mich darauf beschränke, nach Funktionen, welche mir sinnvoll erscheinen, Ausschau zu halten.

Menschenbilder sind Verständnishilfen in dem Sinne, daß sie bestimmte Untersuchungen anregen, welche, wenn durchgeführt, Aufschluß über wesentliche Aspekte der Handlungen eines Menschen geben, im Beispiel die Antwort auf die Frage, wo die sinnvollen Funktionen versteckt wurden.

Es ist schwer, sich immer daran zu halten, der Mensch ist ein Gewohnheitstier, doch was man mit Bedacht unternimmt, läßt sich auf das Kriterium der rechten Anwendung eines Menschenbildes prüfen.

Zwei Dinge möchte ich noch anfügen. Erstems. daß ein Menschenbild, wie jedes Modell, nur durch ein Gegenmodell, welches Antworten auf dieselben Fragen gibt und hinreichend gut mit den Beobachtungen übereinstimmt, ersetzt werden kann, andernfalls es höchstens unterdrückt wird. Das betrifft Rassismus ebenso, wie die Frage nach unserem Platz in der Welt.

Und zweitens, daß das wahre Menschenbild, welches schon alleine deshalb unzweifelhaft wahr ist, weil es seit Jahrtausenden wiedergefunden wird, gar keine Schlüsse auf Fakten zuläßt, sondern überall nur das Strömen nach Kräften sieht, welche außerhalb des Zwanges der Kausalität stehen.

Kausalität ist das Endprodukt geworfener Massen, gelenkt durch ihre Wechselwirkungen, entstanden als Verkörperungen der Ideen.

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