Bereitschaftsbeitrag

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7. April 2012

Motivation und Existenzebenen

Nach meiner bisherigen Sicht drückt sich Motivation immer in einem Gefallen an etwas aus, und freilich läßt es sich auch immer so auffassen.

Nur natürlich und unmittelbar ist diese Auffassung nicht.

Ich habe mich zuletzt mit der Frage beschäftigt, wie Widerwille, Stimmung und Ermahnung auf uns wirken. Und dabei bin ich darauf gekommen, daß wir den Eindrücken unseres Gemüts unterworfen sind und versuchen uns aus dieser Unterwerfung zu befreien, wohingegen es eben unser Wunsch ist, den angemahnten Erwartungen nachzukommen. Und dann gibt es natürlich noch die Dinge, welche wir wahrnehmen und erhoffen zu genießen.

Unsere Motivation zerfällt also in Genuß, Nachkommen und Befreiung. Aber was geschieht, wenn wir auf diese Weisen motiviert handeln?

Nun, Genuß können wir nur in unseren Geschäften finden, darin zu operieren. Und wie ich im letzten Beitrag gezeigt habe, sind es unsere Mitmenschen (oder gleich das Eine, welches alles ist), welche den Grund dafür liefern, daß wir etwas nachkommen, sofern die Ermahnungen durch transzendente Akte des Interesses in uns auftreten. Aber wenn das in diesem Fall so ist, warum sollte es nicht im allgemeinen so sein? Worin besteht denn der Sinn etwas nachzukommen, was als Erwartung unveränderbar vor uns steht, wenn nicht die Quelle der Erwartung ebenso unverändert vor uns steht? Und was steht unverändert vor uns? Eben die Welt, unsere Mitmenschen, das Eine, welches alles ist.

Bleibt die Befreiung. Indem wir uns von den dunkleren Stimmungen langsam zu den helleren aufschwingen, betreiben wir doch nichts anderes, als Ideen in uns zu verbinden oder auch erdrückende Verbindungen zu zerschlagen.

Es ist damit natürlich klar, daß wir durch den Genuß auf der kausalen Ebene motiviert werden (im Zykel der Ordnung und Mischung), durch das Nachkommen auf der funktionalen Ebene (im Zykel der Achtsamkeit und Willkür) und durch die Befreiung auf der intentionalen Ebene (im Zykel der Verbindung und Auflösung).

Angesichts der letzten Betrachtungen mag man die funktionale Ebene auch koexistentielle Ebene nennen, aber an systemischer Einsicht ist damit nichts gewonnen, Koexistenz bedeutet Umgang und Umgang bedeutet Funktionalität.

Die Art der Motivation ist natürlich für meine gesamte Begrifflichkeit von entscheidendem Belang. Sanguiniker oder Materialisten (oder Ringende) sind genußmotiviert und Choleriker oder Helden und Melancholiker oder Philosophen durch die Befreiung. Ersteres ist trivial, letzteres die Folge davon, daß sowohl Choleriker als auch Philosophen durch ihre Stimmung motiviert sind, jedenfalls meinen letzten Äußerungen zu diesem Thema nach.

An dieser Stelle ist es natürlich verlockend, die Choleriker statt dessen als nachkommensmotiviert zu definieren, aber das ist ein Irrweg, denn darin werden sie sich nicht von den Melancholikern unterscheiden. Vielmehr sind Choleriker und Melancholiker beide als nachkommens- und befreiungsmotiviert zu bezeichnen, wobei die genaue Gewichtung keine sonderlich große Rolle spielt. Was sich allerdings sagen läßt ist, daß es Suchende nicht so mit dem Nachkommen haben werden wie Achtende und Versuchende, also stimmungshöriger sind.

Letzteres beinhaltet natürlich auch eine Aussage zu meinem Konzept des geistigen Alters. So, wie es sich jetzt darstellt, besteht geistiges Alter lediglich in funktionalem geistigen Alter, also darin, im Zykel der Achtsamkeit und Willkür vorangeschritten zu sein.

Das ist natürlich, wenn man es mit dem geistigen Alter und der Entwicklung der Seelen im Laufe der Generationen ernst meint, nicht befriedigend. Der Fortschritt wäre in allen Zykeln zu erwarten. Und soweit es den Zykel der Ordnung und Mischung betrifft, ist es auch kein großes Problem, weil der dortige Fortschritt schlicht in der Verbesserung unserer Fähigkeiten bestehen sollte. Aber was den Zykel der Verbindung und Auflösung betrifft, dort wäre der Fortschritt so etwas wie Erhabenheit. Und in dem Sinne könnten Suchende durchaus alt sein, was auf allerlei undankbare Fragen führt, deren aufdringlichste wohl die ist, warum es so sein sollte, daß ein Menschenschlag auf eine und ein anderer Menschenschlag auf eine andere Weise geistig altert, der eine von immer erhabenerer Haltung und der andere von immer mehr angemahnten Erwartungen.

Nun denn, weder will ich diese Fragen an dieser Stelle weiterverfolgen, noch sagen, daß sie nicht weiterzuverfolgen sind.

Abschließend möchte ich mich mit den kulturellen Verkörperungen dieser drei Motivationen als solcher befassen, also nicht mit ihren kulturellen Auswirkungen, sondern mit kulturellen Artefakten des Genusses, des Nachkommens und der Befreiung.

Soweit es den Genuß betrifft, ist es natürlich nicht weiter schwierig auf sein Artefakt, das Genußmittel, zu kommen. Beim Nachkommen ist es nicht ganz so offensichtlich, aber andererseits führt auch kein Weg am Monument vorbei. Das Artefakt der Befreiung schließlich ist das Kunstwerk, so es diesen Namen verdient.

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