Bereitschaftsbeitrag

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14. Mai 2012

Über das Gleichgewicht der Kräfte

Wenn es wahr wäre, daß ein Reich um desto leichter wächst, je größer es bereits ist, so wäre die Weltherrschaft leicht zu erreichen und stabil.

Danach sieht es aber nun wirklich nicht aus.

Bevor wir diese Angelegenheit aber analysieren können, müssen wir zunächst bestimmen, was wir unter einem Reich verstehen wollen.

Ist es bereits ein Reich, wenn verschiedene Staaten Verträge mit einander schließen?

Meinetwegen, aber wenn ein Reich auf diese Weise wächst, so wächst zugleich die Zahl der Vertragspartner, und je größer diese wird, desto schwieriger wird es, sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen, und nur solange eine solche Einigung stattfindet, kann man den Zusammenschluß füglich ein Reich nennen.

In diesem Fall sehen wir also, daß ein Reich in der Tat desto schwerer wächst, um so größer es wird.

Andernfalls wächst ein Reich durch Unterwerfung anderer Staaten, und da ist nun zu fragen, in wiefern eine solche Unterwerfung vorteilhaft und in wiefern sie nachteilhaft ist.

Auch hier müssen wir allerdings wieder verschiedene Fälle betrachten.

Betrachten wir zunächst den Fall, daß die ursprüngliche Bevölkerung des unterworfenen Staates von der eigenen im Laufe der Zeit verdrängt wird.

Ein solches Vorgehen führt einerseits dazu, daß sich sämtliche anderen Staaten gegen einen verbünden und vermeidet andererseits auch so nicht, daß die neue Bevölkerung des eroberten Gebietes wiederum Partikularinteressen ausprägt, in welchem Falle sich erneut die Frage nach Verträgen oder ihrer Unterwerfung stellt.

Besteht hingegen keine Absicht die Bevölkerung auszutauschen, so ist das natürliche Verhalten dieser Bevölkerung dadurch gegeben, sich umgänglich dem stärkeren Nachbarn gegenüber zu zeigen, solange er ihr ihre Unabhängigkeit läßt, im Falle der Unterwerfung aber Gegenleistungen zu fordern, um sich nicht subversiv zu betätigen.

Wenn Staaten sehr klein sind, so kann diese Gegenleistung schlicht darin bestehen, sich fortan gemeinsam gegen Dritte währen zu können. Ab einer bestimmten Größe fällt das aber weg, das Reich ist bereits eine lokale Macht und die kleineren Staaten liegen als strategisch irrelevante Flecken im Spannungsfeld der Großreiche. So hatte beispielsweise weder das Deutsche Reich noch Großbritannien ein Interesse daran, Dänemark zu erobern.

Wenn ein Reich also ab einer bestimmten Größe weiterwachsen will, ohne dadurch in einem Sumpf aus inneren Spannungen zu versinken, so braucht es Gegenleistungen anderer Art, und wenige andere kann es geben, als die Beute weiterer Expansion unter den schon unterworfenen Völkern aufzuteilen.

Das setzt aber voraus, daß es immer noch weitere Beute gibt, und das ist nicht so. Ab einem bestimmten Punkt bricht das Pyramidensystem zusammen.

Ringenden sind diese Dinge allerdings ziemlich egal, sie verfolgen ihre Möglichkeiten grundsätzlich bis zum bitteren Ende. Achtende wiederum haben Schwierigkeiten damit, umgänglich zu sein, wenn sie schwächer sind, wodurch sie andere dazu ermutigen, sie zu unterwerfen. Auch neigt ein Reich Achtender dazu, wenn es sich nicht stark genug fühlt, vorsichtshalber alles zu unterwerfen, was ihm in die Quere kommt.

Letzteres war auch für das Vorgehen des Römischen Reiches verantwortlich, bis es konsequenterweise an seinen inneren Spannungen, für welche es keine Abhilfen mehr fand, zerbrach.

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