Organisation und Gegenorganisation
Im Gegensatz zur derjenigen Irans habe ich die Abfolge der funktionalen Zykeln in der europäischen Geschichte bisher noch nicht verstanden, aber ich arbeite daran.
Und da ist mir nun, nach einiger Beschäftigung mit Renaissance, Reformation und Gegenreformation ein Gedanke gekommen. Während im Iran die gesellschaftliche Anerkennung der herrschenden Personen im Mittelpunkt steht, welche zunächst verdient wird, anschließend verliehen und schließlich verspielt, so könnte es im Falle Europas die gesellschaftliche Anerkennung der herrschenden Institutionen sein.
Fakt ist, daß die Stabilität europäischer Imperien auf der gesellschaftlichen Anerkennung ihrer Institutionen beruhte und beruht, und Fakt ist auch, daß es einen grundsätzlichen Gegensatz zwischen der Anerkennung von Institutionen und der Anerkennung gesellschaftlicher Kapazität gibt, in sofern nämlich erstere aktual sind und letztere potential ist.
Wenn nun imperiale Institutionen im Laufe eines funktionalen Zykels schwach werden, so scheint es in der europäischen Geschichte regelmäßig zu einem spontanen Zusammenschluß aller kapazitätsorientierten Kräfte gegen die institutionsorientierten zu kommen.
Ein Beispiel dafür sind die spontanen Allianzen zwischen den unterschiedlichen germanischen Völkern zur Zeit der Völkerwanderung, ausschließlich der Franken, welche sich in die römischen Institutionen eingliederten. Ein anderes ist durch die spontanen Allianzen der protestantischen Länder in der Zeit nach der Reformation gegeben.
Es sind dies Ereignisse, welche das Imperium zur Reformation seiner Institutionen zwingen. Durch die Völkerwanderung wurde das Christentum eingeführt und durch die Reformation die säkulare Republik, welche vielleicht nicht mehr an Gott glauben mag, aber - und das scheint wichtiger zu sein - weiterhin institutionsorientiert ist.
Und in dieser neuen Gestalt greifen die imperialen Institutionen dann nach ihren kapazitätsorientierten Widersachern.
Der Zykel, welcher sich in Europa, oder sagen wir vielleicht in Rom, bei der Abfolge der funktionalen Zykeln wiederholt, ist also ein steter Wechsel zwischen institutionellem und kapazitärem Wachstum, wobei die erste Phase kapazitären Wachstums 800 n. Chr. endete und die zweite Phase kapazitären Wachstums heute im Rahmen der Globalisierung beendet werden soll.
Um die nötige formale Strenge walten zu lassen, sei erwähnt, daß auch im Falle Irans zwei funktionale Zykeln einander abwechseln, welche ich im entsprechenden Beitrag noch jeweils nach ihrer Zu- und Abnahme unterteilt habe, nämlich Beschwörung und Verwaltung, welche sich auf die naheliegende Weise überlappen.
Der Unterschied zu Rom ist ein doppelter. Erstens siegt im Iran ein Zykel vollständig über den anderen, was fortschrittshemmend ist, während in Rom der institutionelle Zykel bisher immer nur teilweise verdrängt wurde, und zweitens kommt es in Rom nicht zu einer moralischen Erhebung der Massen, womit jedesmal ein neuer Glaubenszykel begänne, sondern zu einer freiheitlichen, wodurch der alte Glaubenszykel lediglich weitergetrieben wird.
Nun, die beiden Unterschiede hängen allerdings unmittelbar miteinander zusammen, die moralische Erhebung ist Folge des vollständigen Siegs der Verwaltung über die Beschwörung, zu welcher es in Europa nicht kommen kann, solange die Regierenden institutional gebunden sind, stattdessen kommt es eben zur freiheitlichen Erhebung.
Man kann es also auch so ausdrücken, daß im Iran die Rücksetzung des Glaubenszykels kulturell angelegt ist und in Europa sein Fortschritt. Aber das schafft den Glaubenszykel nicht aus der Welt. Es streckt ihn nur.
Es gibt heute mehrere Probleme. Zuvörderst die Konzentration der Macht durch den technischen Fortschritt. Dann die versuchte Anwendung des europäischen Zykels auf die ganze Welt. Beides erschwert oder sagen wir lieber verbietet die institutionale Bindung der Herrschaftsakte, erkennbar etwa an den ausufernden Befugnissen zur Terrorbekämpfung, welche einerseits wohl nur dazu gedacht sind, die kapazitätsorientierte Phase zu beenden, aber in welchen sich zugleich eine rationale Furcht vor immer größer werdenden Möglichkeiten asymmetrischer Kriegsführung widerspiegelt. Die kommende Herrschaft wäre also schon keine europäische mehr, aber ich denke nicht, daß sie überhaupt kommt. Mit dem jetzigen kapazitätsorientierten funktionalen Zykel endet der jetzige Glaubenszykel.
Und da ist mir nun, nach einiger Beschäftigung mit Renaissance, Reformation und Gegenreformation ein Gedanke gekommen. Während im Iran die gesellschaftliche Anerkennung der herrschenden Personen im Mittelpunkt steht, welche zunächst verdient wird, anschließend verliehen und schließlich verspielt, so könnte es im Falle Europas die gesellschaftliche Anerkennung der herrschenden Institutionen sein.
Fakt ist, daß die Stabilität europäischer Imperien auf der gesellschaftlichen Anerkennung ihrer Institutionen beruhte und beruht, und Fakt ist auch, daß es einen grundsätzlichen Gegensatz zwischen der Anerkennung von Institutionen und der Anerkennung gesellschaftlicher Kapazität gibt, in sofern nämlich erstere aktual sind und letztere potential ist.
Wenn nun imperiale Institutionen im Laufe eines funktionalen Zykels schwach werden, so scheint es in der europäischen Geschichte regelmäßig zu einem spontanen Zusammenschluß aller kapazitätsorientierten Kräfte gegen die institutionsorientierten zu kommen.
Ein Beispiel dafür sind die spontanen Allianzen zwischen den unterschiedlichen germanischen Völkern zur Zeit der Völkerwanderung, ausschließlich der Franken, welche sich in die römischen Institutionen eingliederten. Ein anderes ist durch die spontanen Allianzen der protestantischen Länder in der Zeit nach der Reformation gegeben.
Es sind dies Ereignisse, welche das Imperium zur Reformation seiner Institutionen zwingen. Durch die Völkerwanderung wurde das Christentum eingeführt und durch die Reformation die säkulare Republik, welche vielleicht nicht mehr an Gott glauben mag, aber - und das scheint wichtiger zu sein - weiterhin institutionsorientiert ist.
Und in dieser neuen Gestalt greifen die imperialen Institutionen dann nach ihren kapazitätsorientierten Widersachern.
Der Zykel, welcher sich in Europa, oder sagen wir vielleicht in Rom, bei der Abfolge der funktionalen Zykeln wiederholt, ist also ein steter Wechsel zwischen institutionellem und kapazitärem Wachstum, wobei die erste Phase kapazitären Wachstums 800 n. Chr. endete und die zweite Phase kapazitären Wachstums heute im Rahmen der Globalisierung beendet werden soll.
Um die nötige formale Strenge walten zu lassen, sei erwähnt, daß auch im Falle Irans zwei funktionale Zykeln einander abwechseln, welche ich im entsprechenden Beitrag noch jeweils nach ihrer Zu- und Abnahme unterteilt habe, nämlich Beschwörung und Verwaltung, welche sich auf die naheliegende Weise überlappen.
Der Unterschied zu Rom ist ein doppelter. Erstens siegt im Iran ein Zykel vollständig über den anderen, was fortschrittshemmend ist, während in Rom der institutionelle Zykel bisher immer nur teilweise verdrängt wurde, und zweitens kommt es in Rom nicht zu einer moralischen Erhebung der Massen, womit jedesmal ein neuer Glaubenszykel begänne, sondern zu einer freiheitlichen, wodurch der alte Glaubenszykel lediglich weitergetrieben wird.
Nun, die beiden Unterschiede hängen allerdings unmittelbar miteinander zusammen, die moralische Erhebung ist Folge des vollständigen Siegs der Verwaltung über die Beschwörung, zu welcher es in Europa nicht kommen kann, solange die Regierenden institutional gebunden sind, stattdessen kommt es eben zur freiheitlichen Erhebung.
Man kann es also auch so ausdrücken, daß im Iran die Rücksetzung des Glaubenszykels kulturell angelegt ist und in Europa sein Fortschritt. Aber das schafft den Glaubenszykel nicht aus der Welt. Es streckt ihn nur.
Es gibt heute mehrere Probleme. Zuvörderst die Konzentration der Macht durch den technischen Fortschritt. Dann die versuchte Anwendung des europäischen Zykels auf die ganze Welt. Beides erschwert oder sagen wir lieber verbietet die institutionale Bindung der Herrschaftsakte, erkennbar etwa an den ausufernden Befugnissen zur Terrorbekämpfung, welche einerseits wohl nur dazu gedacht sind, die kapazitätsorientierte Phase zu beenden, aber in welchen sich zugleich eine rationale Furcht vor immer größer werdenden Möglichkeiten asymmetrischer Kriegsführung widerspiegelt. Die kommende Herrschaft wäre also schon keine europäische mehr, aber ich denke nicht, daß sie überhaupt kommt. Mit dem jetzigen kapazitätsorientierten funktionalen Zykel endet der jetzige Glaubenszykel.
Labels: 08, formalisierung, geschichte, zeitgeschichte, ἰδέα, φιλοσοφία