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26. März 2014

Zur Charakterisierung des Menschen

Es entspricht der menschlichen Erfassungsweise, das eigene Dasein als einen Zustand in einem Raum möglicher Daseinszustände zu erfassen, und in sofern der Mensch sich als frei betrachtet, wird er in diesen Zuständen Bedingtheiten seiner Freiheit sehen.

Darum also ist der Begriff der Bedingtheit fundamental für die Erfassung des eigenen Daseins.

Unser Dasein besteht, wenn man es zeitlich betrachtet, aus der steten Wiederholung von Erwägung und Entscheidung, und die Aspekte unserer Bedingtheit sind die Aspekte dieses stets wiederholten Vorgangs.

Die erste Form der Bedingtheit ist also durch den Inhalt des Erwogenen und Entschiedenen gegeben, genauer gesagt durch die Menge all dessen, was sich überhaupt erwägen und entscheiden läßt, also die uns möglichen Wahrnehmungen. Wir beschreiben unser Dasein hier also durch jene Wahrnehmungen, zu welchen wir fähig sind, in einem Raum, in welchem sich Wahrnehmungen allgemein formalisieren lassen - als was auch immer - und unser Daseinszustand ist damit ein Element der Menge der Teilmengen jenes Raumes. Wir sind unter diesem Aspekt die Zeugen einer bestimmten Menge von Eindrücken, und das charakterisiert uns.

Um es einfach zu sagen, sind wir durch den möglichen Stoff unseres Daseins bedingt, oder, was dasselbe ist, durch die uns eigenen Erfassungsweisen.

Es bedarf keiner großartigen Rechtfertigung, warum wir diesen Aspekt festhalten sollten, es genügt darauf hinzuweisen, daß jede Beschreibung unserer selbst auf unsere Erfassungsweisen Bezug nehmen muß, und daß unser Denken sehr davon profitiert, einen Überblick über sie zu gewinnen, denn dieser Überblick bildet den Raum, in welchem wir uns mögliche Gegebenheiten denken.

In gewisser Weise ist nun schon alles unter diesem Aspekt festgehalten, allerdings regt unser Denken selbst weitere Formen, die Bedingtheit unseres Erwägens und Entscheidens zu erfassen, an, denn neben dem prinzipiell Möglichen interessiert es sich für seine inneren Abhängigkeiten und äußeren Einschränkungen.

Die inneren Abhängigkeiten sind durch Lernprozesse gegeben, welche unser Erwägen und Entscheiden bedingen. Wir werden also nicht nur durch unsere Erfassungsweisen bedingt, sondern auch durch unsere Lernprozesse, oder, um es bündiger zu sagen, durch unsere Gewöhnung, und zwar in zweifacher Hinsicht,
  1. durch den Grad unserer Anpassung,
  2. durch die Weise unserer Anpassung.
Der Grad unserer Anpassung besteht im Umfang
  1. der Absicht von Ursache und Wirkung,
  2. vorgefaßter Verhaltensweisen,
  3. präziser Begriffe und
  4. von angenommenem Glauben,
und die Weise unserer Anpassung unterscheidet sich danach, ob sie dem geistigen Horizont entsprechend bewußt oder unbewußt erfolgt.

Verbleiben also noch die äußeren Einschränkungen unseres Erwägens und Entscheidens. Diese sind sinnhafter Natur. Wir werden also nicht nur durch Erfassung und Gewöhnung bedingt, sondern auch durch Sinn, wobei dieser Begriff auf geeignete Weise zu verstehen ist, nämlich wie folgt.

Sinn entsteht durch den Bezug auf Willen. Letztlich ist aller Wille eins und verkörpert fortwährend die Welt, aber für uns stellt es sich so dar, als ob unser Erwägen und Entscheiden unserem Willen im Spannungsfeld anderer Willen folgt, um zum göttlichen Willen aufzuschließen, derart, daß wir das, was uns treibt, im Allgemeinen aufgehoben zu sehen wünschen. In Wirklichkeit aber ist aller Wille fügender Teil Gottes, und wir brauchen uns nicht um ihn zu sorgen, sondern müssen lediglich unseren Platz bestimmen in diesem Konzert, indem wir glauben. Das heißt aber, daß uns nur dies sinnvoll erscheinen kann und unser Erwägen und Entscheiden also durch diese Bestimmung menschlichen Daseins bedingt ist.

Erfassung, Anpassung und Bestimmung sind die grundlegenden Bedingtheiten unserer Existenz.

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