Bereitschaftsbeitrag

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14. August 2014

Ausdrucksloser Funktionalismus

Auch wenn dieses Phänomen gänzlich banal ist und sich nichts an ihm einsehen läßt, möchte ich doch einmal den Blick eines künftigen Kunsthistorikers einnehmen und den Geist der gegenwärtigen Ästhetik, insbesondere der gegenwärtigen deutschen Ästhetik, benennen.

Denn die gegenwärtige Ästhetik ist ein Beispiel deutschen Erfolges, getragen vor allem von der deutschen Automobilindustrie.

Während französische, britische und amerikanische Autobauer ihren Modellen einen erkennbar nationalen Anstrich verpaßten, und amerikanische es auch immer noch eingeschränkt tun, erkannten die deutschen, daß es gesellschaftlich angemessener ist, seine eigene Meinung für sich zu behalten, wie ja auch von Slogan-T-Shirts eine enervierende Wirkung ausgeht.

Die deutschen Autobauer begriffen Autos also als erste als alltäglichen Gebrauchsgegenstand, anstatt sie als Extravaganzen anzusehen, und das ist nicht nur grundlegend für ihren Erfolg, sondern bildete zugleich auch die Keimzelle eines neuen deutschen ästhetischen Bewußtseins, welches sich seitdem in allen künsterischen Bereichen durchsetzt.

Wenn man etwa die Beatles mit Frank Farian oder Dieter Bohlen vergleicht. Oder auch David Lynch mit Tom Tykwer.

Wie gesagt, das Phänomen ist banal, die Deutschen haben sich nach zwei verlorenen Kriegen schlicht ins Unverbindliche geflüchtet und erzielen damit seitdem große Marketingerfolge, welche bis zur Beherrschung des ästhetischen Zeitgeistes geführt haben.

Sie haben sich zum Handlanger eines anonymen Weltmarktes gemacht, welcher keinen einheitlichen kulturellen Hintergrund hat und dementsprechend auch keine kulturellen Subtilitäten versteht.

Dies mit einer gewissen Würde, einem gewissen Sinn für das unverbindlich Schöne zu tun, fällt allen, welche sich etwas Speziellem verbunden fühlen, ungleich schwerer, und so ist der deutsche Erfolg auch kein Zufall: Aus der Abnabelung vom Eigenen erwuchs das Gespür für das Allgemeine.

Das ist vielleicht der einzige Punkt, an welchem man innehalten kann und die Ironie des moralischen Gesetzes beschauen:
Wenn du eines and'ren Eigenart für unsinnig hälst,
pass' auf, daß er dich nicht den Unsinn deiner lehrt.
Aber das betrifft die anderen, der Deutsche kann aus all dem nichts lernen.

Einstige Kunsthistoriker werden hingegen sagen, daß die Deutschen vom Klassizismus über die Wirren der Romantik zum ausdruckslosen Funktionalismus fanden, womit die Deutschen ganz wesentlich für die fühlbare Uneigentlichkeit des postmodernen Lebens verantwortlich geworden sind.

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